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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Aufzeichnungen von Edgar Allen Poe vorlas. Dort denkt ein Anhänger der logischen Argumentation den unausgesprochenen Gedankenfaden seines Freundes mit. Sie haben die Sache einfach abgetan und sprachen von der >tour de force< des Autors. Ich erzählte Ihnen zwar, daß auch ich diese Gewohnheit praktiziere, da hielten Sie mich für unglaubwürdig.«
    »Aber nein, nein!«
    »Vielleicht nicht so sehr mit Worten, mein lieber Watson, aber in Ihrem Gesicht stand der Unglaube geschrieben. Ihre Augen brauen sprachen Bände. Als ich eben also beobachtete, wie Sie die Zeitung hinwar fen und sich zum Nachdenken zurechtsetzten, da hatte ich eine glückliche Gelegenheit, Ihre Gedanken zu lesen und schließlich in den Fluß Ihrer Gedankenketten einzubrechen, um damit zu beweisen, daß ich genau wußte, woran Sie gedacht haben.«
    Ich war noch nicht zufrieden. »In dem Beispiel, das Sie mir vorgelesen haben«, sagte ich, »bezog der Logiker sein Wissen aus der Tätigkeit dessen, was er beobachtete. Wenn ich mich richtig erinnere, stolperte er über Steine, als er hinauf in den Himmel sah. Aber ich habe nur still in meinem Sessel gesessen. Welche Schlüsse sollten Sie daraus ziehen können?«
    »Sie tun sich selber Unrecht, Watson, schließlich hat der Mensch doch Gesichtsausdrücke mitbekommen, um damit seine Emotionen auszudrücken. Das tun Sie, wie jeder andere Mensch auch.«
    »Wollen Sie nun behaupten, Sie könnten meine Gedanken aus meinen Gesichtszügen herauslesen?«
    »Aus Ihren Gesichtszügen, ja, aber ganz besonders aus Ihren Augen. Vielleicht wissen Sie selber nicht, auf welche Weise Sie Ihre Tagträumereien offenbart haben?«
    »Nein, ich habe keine Ahnung.«
    »Dann will ich es Ihnen erzählen. Erst als Sie Ihre Zeitung hingeworfen haben, bin ich auf Sie aufmerksam geworden. Eine Weile haben Sie mit einem ausdruckslosen Gesicht dagesessen.
    Dann haben Sie auf das erst neulich gerahmte Bild von General Gordon gestarrt, und ich beobachtete, wie sich der Ausdruck in Ihrem Gesicht veränderte. Ihre Tagträume hatten begonnen. Aber Sie kamen nicht weit. Ihre Augen wanderten zu dem ungerahmten Porträt von Henry Ward Beecher, das auf Ihrem Bücherregal steht. Dann wanderte der Blick die Wand auf und nieder. Natürlich ist klar, was das bedeutet. Sie haben sich gedacht, wenn dieses Bild gerahmt wäre, dann würde es gerade den freien Platz ausfüllen und ein gutes Gegenstück zu dem Bild von General Gordon sein.«
    »Sie sind mir wirklich bestens gefolgt«, rief ich.
    »Soweit war alles klar. Aber nun ging der Blick zurück zu Beecher. Sie haben das Bild sehr scharf angesehen, so als wollten Sie jeden einzelnen seiner Züge studieren. Die Augen blieben an dem Bild hängen, sie bewegten sich nicht mehr weiter, sie starrten weiter auf die gegenüberliegende Wand, und Ihr Gesicht war sehr gedankenvoll. Sie haben über Beechers Karriere nachgedacht. Nun war mir klar, daß Sie nicht an Beecher denken konnten, ohne daß Ihnen die Mission in den Sinn kam, die er in der Zeit des Bürgerkrieges für den Norden Amerikas unternahm. Ich erinnere mich nämlich noch sehr gut daran, wie ungehalten, ja zornig Sie waren über den Empfang, den unsere Leute ihm bereitet haben. Sie haben sich damals so leidenschaftlich mit ihm befaßt, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß Sie heute an Beecher denken können, ohne sich auch dieses ins Gedächtnis zu rufen. Dann wanderten einen Augenblick später Ihre Augen fort von dem Bild. Mir war klar, daß Sie Ihre Gedanken nun dem Bürgerkrieg im allgemeinen zugewandt hatten. Ich beobachtete, wie Sie die Lippen aufeinander preßten. Ihre Augen leuchteten auf, und die Hände ballten sich zu Fäusten. Sie dachten über die Galanterien nach, die beide Seiten in diesem verzweifelten Kampf gezeigt haben. Aber dann wurde Ihr Gesicht wieder traurig. Sie schüttelten den Kopf. Sie waren traurig über die vielen unnötig geopferten Menschenleben. Ihre Hand wanderte nach der eigenen alten Wunde. Dann huschte ein Lächeln über Ihr Gesicht. Sie dachten darüber nach, auf welche lächerliche Weise die internationale Ordnung hergestellt wird. In diesem Augenblick stimmte ich mit Ihnen überein. Es ist wirklich dumm und lächerlich, auf eine solche Weise mit solchen Problemen umzugehen. Ich freue mich, daß ich Ihnen richtig gefolgt bin. Meine Schlußfolgerung war richtig. «
    »Absolut! « rief ich. »Und nun, da Sie es mir erklären, muß ich sagen, daß ich noch genauso verwundert bin wie vorher.« »Es war

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