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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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für diese Gefahr gab es keine andre Abwehr als… die Vernichtung des furchtbaren, einzigen Zeugen.
    Leider war Robert Morgan nicht der Mann, mit dem sich so leicht fertig werden läßt. Jack konnte nicht verkennen, daß er im offnen Kampfe mit ihm wenig Aussicht hätte, daraus als Sieger hervorzugehen. Nein, er mußte anders handeln, und sich mehr auf Hinterlist als auf Kühnheit und Mut verlassen. Doch selbst zu einer versteckten Untat entschlossen, wäre für ihn angesichts der fünfzehn Touristen schwerlich dazu Gelegenheit gewesen.
    Jack Lindsay suchte sich also nach und nach ein neues Opfer. Augenblicklich wenigstens sah er von Alice gänzlich ab und wendete seinen Haß ausschließlich Morgan zu. Der war der zweite Zahn in seinem Getriebe. Wohl fühlte er sich schon, wenn auch nur als untätigen Mörder seiner Schwägerin, jetzt aber fing er an, die überlegte Ermordung Morgans zu planen, obwohl er vorläufig den beiden von ihm tödlich gehaßten jungen Leuten gegenüber zur Ohnmacht verurteilt war.
    Inzwischen vergaßen diese, von ganz andern Gedanken und Gefühlen erfüllt, seiner gänzlich. Während in ihm die Wut immer mehr kochte, fing in ihren Herzen die Liebe an, immer wärmer zu werden.
    Wenn sich der Zug der Ausflügler außerhalb von Las Palmas im ganzen sehr gelockert hatte, so waren doch wenigstens drei Glieder als geschlossenes Peloton beisammen geblieben, und der von allen Seiten belagerte Tigg hätte kein Mittel sehen können, seinen aufmerksamen Wächterinnen zu entschlüpfen. Eine Beute ihres dumpfen Zornes, ließen ihn die Misses Blockhead sich nicht um eine Nasenlänge von sich entfernen. In ihrer Erregung trieb Miß Mary ihr Pferd einmal so an, daß es an das der Miß Margaret anstieß. Da regnete es freilich einige »Passen Sie doch besser auf!« und »Ich bin ja aufmerksam!« mit spitzer Zunge zwischen den beiden Damen, ohne daß dadurch eine Veränderung der gegenseitigen Stellung der Streitenden herbeigeführt wurde.
    Die Landschaft, durch die der Spazierritt führte, war recht fruchtbar und gut angebaut. Felder folgten auf Felder, bedeckt mit allen Bodenprodukten Europas und der Tropenzone, vor allem mit ausgedehnten Anpflanzungen der Nopalpflanze (der Cochenillekakteen).
    Wenn die Kanarier nicht gerade begeisterte Bewunderer des Minotaurus’ »Fortschritt« waren, so darf das doch nicht wundernehmen. Früher ausschließlich mit dem Anbau des Zuckerrohrs beschäftigt, hatte die Erfindung des Rübenzuckers sie um die Frucht ihrer Mühen betrogen. Unentmutigt bedeckten sie da ihr Land mit Weingärten, sofort überfiel sie aber die Phylloxera, die Geißel, gegen die alle gelehrten Fakultäten noch kein Arzneimittel gefunden haben. Zum dritten Male ruiniert, ersetzten sie die dem Bacchus heilige Rebe mit der Anpflanzung des Nopalkaktus und wurden in kurzer Zeit zu den wichtigsten Lieferanten der kostbaren Insektenfarbe. Die Wissenschaft aber, die ihnen ihr Zuckerrohr geraubt hatte, dieselbe Wissenschaft, die nicht verstanden hatte, sie gegen den mikroskopischen Feind des Weinstockes zu schützen, greift sie sofort bei ihrem neuen Unternehmen herzlos an. Sie wirft die aus dem Anilin abgeleiteten chemischen Farbstoffe auf den Markt und bedroht die unglücklichen Cochenillezüchter mit dem letzten, schon sehr nahen Unheile.
    Die Zahl der Wechsel, die ihre Kulturen erlitten haben, zeugen jedenfalls von dem unternehmungsfrohen Geiste der Bewohner. Sicherlich würde auch nichts ihrer geduldigen Arbeit unerreichbar sein, wenn sie nicht mit einer außerordentlichen Trockenheit des Klimas zu kämpfen hätten. In dem von der Sonne ausgedörrten Lande, dem der Himmel oft wochen-und monate-, zuweilen jahrelang keinen Tropfen Regen spendet, wird die Trockenheit zu einer wahren Kalamität. Welch sinnreiche Anstrengungen haben sie gemacht, sich dagegen zu schützen! Ihr gesamtes anbaufähiges Land bedeckt ein Netz von Wasserleitungen, die das ersehnte Naß den Tälern von den Bergeshöhen aus zuführen. Überall sind neben den Nopalpflanzen und den Aloes kleine Vertiefungen hergestellt, woraus deren breite, fleischige Blätter die Feuchtigkeit der Nacht in Form eines weißen Gelees aufsaugen, das von den ersten Sonnenstrahlen verflüssigt wird.
    Gegen acht Uhr gelangte die Kavalkade in ein großes Euphorbiengehölz. Die Straße verlief in gleichbleibender Steigung wie zwischen zwei Hecken dieser stachligen, vielfach verdrehten Gewächse von fremdartigem, unschönem Aussehen, deren Saft ein tödliches

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