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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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allem bereiten Burschen, und er hatte beschlossen, ihn streng zu beobachten, um gleich eingreifen zu können, wenn eine Handlung des zeitweilig angeworbnen Dieners im Verlaufe des Ausflugs seine Vermutungen rechtfertigen sollte.
    Im übrigen mißbrauchte er in keiner Weise die Lage, in die der Zufall ihn versetzt hatte. Ohne kalt zu erscheinen, sprach er nur das Notwendigste. Eben jetzt hatte er, nach einigen Bemerkungen über das herrliche Wetter, stillgeschwiegen, und Alice unterbrach auch nicht das Schweigen, das nach ihrem Geschmack zu sein schien. Freilich: Morgans Augen, die sich nicht so gebunden fühlten wie seine Zunge, sprachen für diese destomehr und wandten sich immer und immer wieder dem seinen Profile seiner Begleiterin zu.
     

    Jack trottete allein dem kleinen Reiterzuge nach. (S. 288.)
     
    Trotz dieses Schweigens wuchs die Vertraulichkeit im Grunde ihrer Seelen doch gleichmäßig weiter. In der lauen Morgenluft so Seite an Seite zu reiten und dabei wie unwillkürlich flüchtige Blicke auszutauschen, das empfanden die beiden jungen Leute als ein wohligsüßes Glück. Ein unkörperlicher Magnet zog ihre Herzen einander näher. Sie erlernten die wunderbare Sprache des Schweigens, und bei jedem Schritte vernahmen und verstanden sie immer besser die Worte, die sie nicht ausgesprochen hatten.
    Schnell durchzog die Gesellschaft den Nordwesten von Las Palmas, das zurzeit noch kaum aufgewacht war. Kaum eine Stunde nach dem Aufbruche trabten die Pferde auf einer der vorzüglichen, von der Stadt ausstrahlenden Straßen hin. Die der man folgte begann wie eine Allee mit zwei Reihen im Grün versteckter Villen. Alle Arten von Pflanzen prangten in üppigem Gedeihen in deren Gärten, wo schlanke Palmen ihr wedelgeschmücktes Haupt hin-und herwiegten.
    Auf dem recht belebten Wege kreuzten viele Bauern den Zug der Reisenden. Auf Kamelen hockend, deren Zucht auf den Kanarien überraschend gut geglückt ist, brachten sie die Erzeugnisse ihres Landes in die Stadt. Trotz auffallender Hagerkeit und geringer Größe, aber mit großen dunkeln Augen, die aus einem Gesicht mit regelmäßigen Zügen leuchteten, fehlte es den Leuten nicht an einer gewissen angebornen Vornehmheit.
    Je weiter der Ritt führte, desto mehr zog sich die Kavalkade auseinander. Zwischen den einzelnen Gliedern entstanden verschiedengroße Lücken. Bald trennten wohl zweihundert Meter Alicen und Morgan von Jack Lindsay, der sich noch immer am Ende des Zuges hielt.
    Von seinem Platze aus beobachtete dieser das vorderste Paar, und allmählich erfüllte sich da sein Herz mit zunehmendem Grolle. Der Haß hat ja scharfe Augen, und Jack Lindsay haßte gründlich. Nicht eine der kleinen Aufmerksamkeiten Morgans gegen seine Nachbarin entging dem eifrigen Spione. Er faßte im Nu den geringsten Blick auf und verdeutlichte sich dessen instinktive Süßigkeit, ja er erriet fast die Worte der beiden, und nach und nach ging ihm über deren Verhältnisse ein klares Licht auf.
    Um seiner selbst willen widmete dieser erbärmliche Dolmetscher also seiner Schwägerin diese zärtliche Fürsorge, und diese schien auch auf den plumpen Köder anzubeißen. Sollte die, die ihm schon fern stand, als ihr Herz noch frei war, jetzt, wo sie einen andern liebte, nicht geradezu zu seiner Feindin werden?
    Als er diese Gedanken erwog, wollte er vor Wut fast ersticken. Hatte er durch seine Torheit nicht für den Intriganten, der an seine Stelle getreten war, erst die Kastanien aus dem Feuer geholt? Würde der ebenso leichtes Spiel gehabt haben, wenn er, als er seiner gefährdeten Schwägerin die Hand entgegenstreckte, das Eingreifen eines andern, der eigne Interessen verfolgte, verhindert hätte?
    Ja, diesen Rivalen hatte er sich selbst erschaffen, und welchen Rivalen! Unterrichtet von allem, was sich im Curral das Freias zugetragen hatte, war sich Robert Morgan, der sich ihm gegenüber bis zur Drohung hatte hinreißen lassen, seiner Macht über ihn selbstverständlich bewußt.
    Daß er diese Drohungen schon wahr gemacht hätte, war jedoch sehr zweifelhaft. Bisher berechtigte Jack in Alice Lindsays Benehmen nichts zu dem Glauben, daß sie jetzt weiter unterrichtet wäre als an dem Tage, wo sich der bewußte Vorgang an jenem Bergstrome abspielte. Was freilich jetzt noch nicht der Fall war, konnte ja später zutreffen, und vielleicht erfuhr Alice in diesem Augenblicke die von ihm so gefürchtete Wahrheit.
    Das war eine Gefahr, die wie das Schwert am Faden Jack über dem Kopfe hing, und

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