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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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könnte. Thompson aber, der vor keiner Schwierigkeit zurückschreckte, kam ihm zu Hilfe. Er nahm seine Zuflucht zur Pantomime, lüftete den Hut und kratzte sich, mit einem fragenden Blicke auf Don Hygino, tüchtig auf dem Kopfe.
    »Ja ja, ganz richtig!« rief dieser lachend, während die Damen, die den Zwischenfall höchst »
shocking
« fanden, sich entsetzt umdrehten.
    Unter der Führung Don Hyginos ging die Gesellschaft darauf durch Nebenstraßen und fast ganz verlassene Gäßchen, während sich die Volksmenge in den Hauptstraßen angestaut hatte, durch die die Prozession kommen sollte. Einzelne Menschen zeigten sich jedoch auch in den kleinen Gassen, zerlumpte Gestalten von schmutzigem, düsterm Aussehen, die die Bemerkungen reichlich bestätigten, welche viele der Touristen über sie fallen ließen.
    »Die reinen Straßenräuber! sagte Alice Lindsay.
    – Ja… wahrhaftig! bestätigte Thompson. Wissen Sie vielleicht, was für Leute das sind? fragte er Don Hygino.
    – Nicht mehr als Sie.
    – Sollten das nicht etwa verkleidete Polizisten sein? meinte Thompson.
    – Dann müßte man zugeben, daß die Verkleidung gelungen ist!« rief Dolly lustig.
    Bald war man am Ziele. Die Kolonne lenkte auf einen großen Platz ein, wo es von Neugierigen unter brennender Sonne wimmelte. Dem vornehmen Portugiesen gelang es durch ein geschicktes Manöver die Reisegesellschaft nach einer kleinen Anhöhe am Fuße eines sehr umfänglichen Gebäudes zu geleiten. Einige Polizisten sperrten den Raum ab, der die Fremden von der Volksmenge trennte.
    »Hier ist Ihr Platz, meine Damen und Herren, sagte Hygino. Durch meine Beziehungen zu dem Gouverneur von Terceira ist es mir gelungen, Ihnen diesen Raum vor seinem Palais reservieren zu lassen.«
    Alle erschöpften sich in Danksagungen für diese liebenswürdige Vorsorge.
    »Jetzt aber, fuhr Don Hygino fort, müssen Sie entschuldigen, wenn ich Sie verlasse. Vor der Abreise habe ich noch verschiedenes abzumachen; Sie brauchen mich ja auch weiter nicht. Beschützt von diesen zuverlässigen Polizisten, können Sie alles vorzüglich sehen, und ich denke, Sie werden einem unvergeßlichen Schauspiele beiwohnen.«
    Gleich nach diesen Worten grüßte Don Hygino noch mit vornehmem Anstand und verlor sich schnell unter der Menge. Er fürchtete sich offenbar vor einer Ansteckung nicht. Die Touristen hatten ihn bald vergessen. Die Prozession erschien unter Entfaltung des glänzendsten kirchlichen Prunkes.
    Am Ausgang der an dem Platze ausmündenden Straße sah man in dem Raume, den ein Polizeiaufgebot vor dem Zuge frei hielt, Banner aus Gold und Seide, auf den Schultern getragne Statuen, Oriflammen, Kronen und Baldachine, die sich in süßlichen Weihrauchwolken dahinbewegten. In der Sonne glänzten Uniformen mitten unter Gruppen weißgekleideter Mädchen.
    Dazu ertönten, unterstützt von einem Orchester von Blechinstrumenten, recht gute Stimmen, die das Gebet von zehntausend Erdenwesen gen Himmel trugen, während von allen Kirchen, den Ruhm des Höchsten verkündend, der Glocken metallner Ton herabdrang.
    Plötzlich ergriff die Menge eine mächtige Bewegung. Einstimmig riefen alle:
    »
O Christo!

O Christo!
«
     

    Sich aneinander haltend… (S. 123.)
     
    Das Schauspiel hatte etwas Feierliches an sich. In violettem Ornate, das von seinem goldstrotzenden Baldachin scharf abstach, wurde der Bischof sichtbar. Er ging langsam, wobei er mit beiden Händen die verehrungswürdige, prachtvolle Monstranz in die Höhe hielt. Und vor ihm schimmerte ein Kruzifix, in dessen Edelsteinen sich die Sonnenstrahlen in unzähligen Blitzen brachen. Geblendet von dem Glanze, sank die Volksmenge davor andächtig in die Knie.
    Da störte plötzlich eine ungewöhnliche Bewegung den Aufzug in unmittelbarer Nähe des Bischofs. Ohne zu wissen, worum es sich handelte, nur von lebhafter Neugier getrieben, sprang die Volksmenge wieder auf die Füße.
    Übrigens sah man nichts. Selbst die Engländer, die einen so vorzüglichen Platz inne hatten, konnten nicht erkennen, was da vorging. Ein furchtbares Hin-und Herwogen, ein Wanken und Schwanken des Baldachins, wie das eines Schiffes, dann dessen Verschwinden samt dem prächtigen Kruzifixe in der Volksmenge, wie in einem Meere, darauf ein Schreien, mehr ein Geheul, das ganze Volk wie irrsinnig entfliehend, die Polizeimannschaft vergeblich bemüht, die Woge der Flüchtigen aufzuhalten, das war alles, was sie sahen, ohne sich die Veranlassung dazu erklären zu können.
    In einem

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