Das Reisebureau Thompson und Comp.
Augenblicke wurde die Kette der Polizisten, die sie beschützte, gesprengt, und nun selbst ein integrierender Teil des wahnwitzigen Haufens, wurden sie von dem furchtbaren Strome wie Strohhalme mit fortgerissen.
Sich aneinander haltend, war es Roger, Jack und Morgan wenigstens gelungen, Alice und Dolly vor dem Schlimmsten zu schützen. Ein einspringender Mauerwinkel diente ihnen als rettende Zufluchtsstätte.
Urplötzlich nahm das erstaunliche Schauspiel ein Ende. Fast ohne Übergang lag der Platz still und öde da.
Nahe an der Straßenmündung, an der Stelle, wo, wie in einen brausenden Wirbel, der Baldachin des Bischofs und das Kruzifix verschwunden waren, drängte sich noch ein Hause Menschen, darunter fast in der Mehrzahl die Polizisten, die vorher an der Spitze der Prozession marschiert und, wie das ja gewöhnlich der Fall ist, hierher zu spät gekommen waren. Die Leute bückten und erhoben sich wieder und trugen die Opfer dieser unerklärlichen Panik in benachbarte Häuser.
»Jetzt scheint mir jede Gefahr vorüber zu sein, sagte Morgan nach einiger Zeit. Ich glaube, wir dürften wohl gut tun, unsre Reisegefährten zu suchen.
– Wo denn? ließ sich Jack vernehmen.
– Auf jeden Fall an Bord der »Seamew«. Was hier vorgefallen ist, geht ja uns nichts an, und meiner Ansicht nach werden wir, was auch kommen möge, unter dem Schutze der englischen Flagge am besten in Sicherheit sein.«
Die andern mußten die Richtigkeit dieser Bemerkung anerkennen. Alle fünf eilten also nach dem Kai und sofort auf das Schiff, wo sich die meisten der Passagiere schon befanden, und hier besprachen alle mit großer Lebhaftigkeit die Vorgänge bei dem merkwürdigen Abenteuer. Mehrere ergingen sich in bittern Klagen. Einzelne sprachen davon, vom portugiesischen Kabinett eine entsprechende Schadloshaltung zu verlangen, und daß zu diesen in erster Reihe Sir Hamilton gehörte, das versteht sich ja von selbst.
»Es ist eine Schande… eine wahre Schande! wetterte er in allen Tonarten. Ja freilich… Portugiesen! Wenn England mir glauben wollte, müßte es die Azoren ›zivilisieren‹, dann würden derartige Skandale aufhören!«
Saunders sagte zwar nichts, sein Gesichtsausdruck sprach aber beredt genug. Und wenn er Thompson jemals unangenehme Zwischenfälle gewünscht hätte, einen bessern als den eben erlebten hätte er sich nicht wünschen können, denn das war ein solcher »erster Sorte«. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden von den Passagieren jetzt mindestens zehn ausbleiben, und das bedingte, nach einem solchen Erlebnis, die Sprengung der Karawane und eine klägliche Rückkehr nach England. Das Eintreffen der ersten Überlebenden tat der Befriedigung dieser scharmanten Natur noch keinen Abbruch; er hätte ja vernünftigerweise nicht annehmen können, daß die ganze Karawane bei dem unheilvollen Vorfalle zugrunde ging. Seine Stirn umdüsterte sich aber, als auch von einer Minute zur andern die letzten Passagiere an Bord eintrafen, was er diesen fast als einen recht schlechten Spaß anrechnete.
Beim Mittagsmahle zählte Thompson die Anwesenden und fand, daß von der ganzen Reisegesellschaft nur zwei fehlten. Fast sofort erschienen aber auch die beiden Nachzügler im Salon – natürlich war es das junge Ehepaar – und da Saunders sich nun überzeugt hatte, daß sich alle Insassen der »Seamew« wieder eingefunden hatten, nahm er unverzüglich sein wenig Gutes versprechendes Doggengesicht wieder an. Die Neuvermählten machten auch heute auf die andern den gewohnten Eindruck, d. h. sie legten für die übrige Welt eine ebenso amüsante, wie für alle belustigende Teilnahmslosigkeit an den Tag. Offenbar ahnte weder der Mann noch die Frau das Geringste von den ernsten Ereignissen des heutigen Nachmittags. Seite an Seite geschmiegt, beschränkten sie sich wie immer nur auf einander, ein leises Zwiegespräch, das weniger mit dem Munde, als mit den Augen geführt wurde, und die allgemeine Unterhaltung berührte die beiden nicht im geringsten.
Einer, der sich vielleicht ebenso glücklich fühlte wie dieses zärtliche Pärchen, war der durstige Johnson. Heute hatte er sich besonders gehen lassen: noch einige Schlucke mehr, und er wäre völlig berauscht gewesen. Soweit sein Zustand ihm erlaubte, die hinüber und herüber fliegenden Bemerkungen zu verstehen, schätzte er sich glücklich wegen seiner halsstarrigen Weigerung, den Boden der Azoren auch nur mit einem Fuße zu betreten, und schwebte hocherfreut in dem schwankenden
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