Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
und woher der Name die »Sieben Städte« gekommen sein mag?
    – Du lieber Gott, Herr Thompson, die Entstehung ist immer dieselbe. Es handelt sich dabei stets um erloschene Vulkane, in deren Krater sich der Regen angesammelt hat. Der hier ist größer als die andern alle, das ist der ganze Unterschied. Was den Namen »Sieben Städte« angeht, so ist der wahrscheinlich ein Andenken an sieben Städte, die auf der sagenhaften Insel Antilia angeblich von sieben Bischöfen gegründet worden waren, welche beim Einfalle der Mauren aus Portugal freiwillig ins Exil gingen. Dem Volksglauben nach sollten die sieben von den Bischöfen gegründeten Städte samt der fabelhaften Insel, die sie trug, ins Meer versunken sein. Ohne Zweifel hat dann das Volk die Legende nicht wollen der Vergessenheit anheimfallen lassen und hat deshalb den Namen auf diesen Krater übertragen, der bei dem starken Ausbruch des Jahres 1445 durch ein ähnliches Einsinken des Erdbodens entstanden war.
    – Und so in unsrer Nähe! rief Thompson mit einer Art Furcht, die an die Angst Johnsons erinnerte. Ich hoffe doch, daß derartige Vorkommnisse seit langer Zeit aufgehört haben?
    – Ja und nein, antwortete Morgan. Andre, sehr heftige Ausbrüche haben 1522 und 1652 stattgefunden. Gerade die Insel San Miguel, und von dieser besonders der westliche Teil, wo wir uns augenblicklich befinden, ist vulkanischen Erschütterungen häufiger ausgesetzt. Die letzte ernsthafte Störung hat sich hier im Jahre 1811 ereignet. Das ist ja nicht gerade lang her.
    – Genau neunundneunzig Jahre, wahrhaftig nicht mehr! rief Thompson, der nach kurzem Schweigen, das er einer schnellen – übrigens fehlerhaften – Berechnung widmete, jetzt ernstlich beunruhigt erschien.
    – Ja ja, das stimmt,« antwortete Morgan mit philosophischer Ruhe.
    Thompson gab sich damit aber noch nicht zufrieden.
    »Glauben Sie denn, Herr Professor, fuhr er fort, daß sich ähnliche Katastrophen auch jetzt noch wiederholen könnten?
    – Meiner Treu, Herr Thompson, das kann ich doch nicht wissen, erklärte Morgan lächelnd. Es steht zwar fest, daß die vulkanische Tätigkeit auf den Azoren und anderwärts Neigung zeigt, schwächer zu werden, indessen…«
    Morgan hatte nicht mehr Zeit, den Satz zu vollenden. Als wenn ihnen der Boden unter den Füßen gefehlt hätte, wurden Menschen und Tiere plötzlich wirr durcheinandergeworfen, glücklicherweise, ohne daß einer dabei Schaden erlitt. In einer Minute waren sie wieder auf den Beinen.
    »Da – da haben Sie ja die Antwort,« sagte Morgan zu Thompson.
     

    Ein Stück des Berges spaltete sich ab und stürzte herunter. (S. 163.)
     
    Gleich darauf stieß aber einer der Treiber einen schrecklichen Schrei aus, indem er die Arme nach dem Bergkamme hinausstreckte. Dann entfloh der Mann, was er nur laufen konnte, wie wahnsinnig vor Schrecken, nach dem Tale zu.
    In der Tat bedrohte die Touristen eine höchst ernste Gefahr. Kaum hundert Meter von und unmittelbar unter ihnen wurde der Erdboden wie in Krämpfen hin-und hergeworfen. Unter Dröhnen und Brüllen, wie in hundert Menagerien mit Raubtieren, erhob er sich gleich dem Meere und wälzte schwere Sandwolken durcheinander. Schon verschwand die Sonne hinter einer dichten Staubwolke.
    Die unglücklichen Reisenden befanden sich eben zwischen zwei ungeheuern Felsen, deren lotrechte Wände einen ungefähr fünfhundert Meter breiten und ebenso langen Gang bildeten. Den Treibern nachfolgend, stürmten sie auf den Felsen zur Rechten zu, dessen vorspringende Wand ihnen vielleicht Rettung bieten konnte.
    Es war die höchste Zeit.
    Unter fürchterlichem Krachen begann das zerrissene Erdreich sich den Abhang hinunterzuwälzen. Ein Stück des Berges spaltete sich ab und stürzte herunter. Anfänglich schwach, steigerte sich die Geschwindigkeit der Lawine von Meter zu Meter und wurde endlich schwindelerregend. Das Getöse war jetzt zum Taubwerden.
    Mit Angst im Herzen, festgeschlossenen Lippen und gefalteten Händen starrten die Touristen auf das grausige Schauspiel.
    Die Naturerscheinung spielte sich weiter ab.
    Vom ersten Stoße wurde jetzt der schützende Felsen weggerissen. In dem riesigen Strudel verloren, wurde er zu einem der Geschosse, womit der Berg das Tal bombardierte. Jetzt schützte die Reisenden nichts mehr, und die abgesprengten Felsstücke flogen, wie vom Sturm gepeitscht, ganz dicht vor ihnen vorüber.
    Nach zwanzig Sekunden war alles zu Ende. Die Natur hatte aber längst ihre frühere Ruhe wiedergefunden,

Weitere Kostenlose Bücher