Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
ehe nur eine schwache Bewegung die Erstarrung der entsetzten Zuschauer der Katastrophe brach. Die einen lagen noch am übriggebliebenen Fuß der Felsenwand, die andern standen aufrecht, die Arme gekreuzt und mit dem Rücken darangelehnt… Doch aus allen schien das Leben entflohen zu sein.
    Die erste, die wieder einigermaßen zum Bewußtsein kam, war Alice Lindsay, die sich plötzlich in einem Felsenwinkel wiederfand. Wie war sie dahin gekommen? Wer hatte sie hierher getragen?… Vielleicht ihr Schwager?… Oder war es nicht Morgan gewesen, der, ohne sich dessen selbst bewußt zu sein, sie noch jetzt mit dem eignen Körper schützte?
    »Das ist nun, wenn ich den Auflauf in Terceira rechne, das zweite Mal, daß ich Ihnen Dank schuldig geworden bin,« sagte sie hervortretend.
    Robert Morgan sah aus, als ob er sie nicht verstünde.
    »O, ich bitte, Madame, mir schulden Sie gewiß nicht mehr als jedem andern, den der Zufall unter solchen Verhältnissen in Ihre Nähe gebracht hätte.«
    Alices Bewegung hatte den Bann gebrochen, der ihre Gefährten bisher lähmte. Alle schüttelten sich, niesten wiederholt, und allmählich begannen ihre Herzen wieder regelmäßig zu schlagen.
    Für die Rückkehr nach Ponta-Delgada war an die Benützung des frühern Pfades gar nicht zu denken. Durch die abgestürzten Erdmassen und Felsblöcke mehr nivelliert, fiel der Berg jetzt weit sanfter und gleichmäßiger ab, nur überall übersät mit Blöcken und Steinen, die im Sturze aufgehalten worden waren. Von ernsterer Bedeutung war es noch, daß die meisten Maultiere den Tod gefunden hatten. Was von ihnen übrig war, wurde den Frauen überlassen, und dann machte man sich vorsichtig auf den Weg über das zerwühlte Erdreich.
    Nach dem Aufbruch hatten sechs oder sieben Treiber, die ihre Stimmen vereinigten, nach ihrem verschwundenen Kameraden gerufen… leider vergeblich. Bei seiner unsinnigen Flucht mochte der Unglückliche jedenfalls von der Erdlawine eingeholt worden sein und schlief nun schon unter dem schweren Leichentuche von zwanzig Meter Erde.
    Man zog also, ohne Zeit zu verlieren, weiter; es galt ja, sich zu beeilen, da niemand wissen konnte, was sich hier noch ereignen könnte. In dem aufgewühlten Boden ging es natürlich nur langsam vorwärts, so daß die Straße erst mit Anbruch der Nacht erreicht wurde. Von da aus waren es noch zehn Kilometer bis Ponta-Delgada. Binnen zwei Stunden wurde diese Strecke zurückgelegt, und zwanzig Minuten vor neun Uhr stiegen die Touristen, zum Tode ermüdet, aber heil und gesund, auf die »Seamew« an Bord.
    Ihre Reisegefährten, die auf der Straße von Ribeira-Grande zurückgekehrt waren, befanden sich schon lange Zeit hier. Sie beglückwünschten sich nicht wenig wegen ihrer Trägheit, als sie hörten, was sich an diesem Tage ereignet hatte.
    Einer war es aber, der noch mehr als sie triumphierte, und das war natürlich Johnson, dessen Entschluß am Ende noch nicht einmal dumm zu nennen war.
    »Mir scheint, sagte er ohne jede Bescheidenheit zu Morgan, daß Sie da heute alle hätten umkommen können.
    – Ja freilich, so ist es, lieber Herr.
    – He! fuhr Johnson fort, und mir wäre es auch nicht besser ergangen, wenn ich die Torheit begangen hätte, Ihnen zu folgen.
    – Wohl möglich, Herr Johnson, antwortete Morgan, wollen Sie aber gefälligst bemerken, daß wir alle gesund zurückgekommen sind.
    – Nun, bis auf einen Maultiertreiber, wie mir zu Ohren gekommen ist, entgegnete Johnson ruhig. Die andern, na, die kommen ein andermal dran. Nun sagen Sie mir, bitte, Herr Professor, wir gehen doch hier von San Miguel aus nach Madeira, nicht wahr?
    – Ja wohl, nach Madeira, antwortete Morgan! ohne zu ahnen, wohin das Original hinaus wollte.
    – Und gibt es auf Madeira auch Erdbeben?
    – Ich glaube nicht, antwortete Morgan.
    – Schön, sagte Johnson. Wir nehmen also an, daß auf jener herrlichen Insel ganz und gar nichts zu fürchten ist.
    – Du lieber Gott, antwortete Morgan, ich sehe davon nichts… höchstens vielleicht dann und wann Uberschwemmungen…
    – Wie?… Überschwemmungen! unterbrach ihn Johnson. Sie sagen, Überschwemmungen? Solche kommen also doch vor?
    – Na ja, zuweilen.
    – Sehr gut, schloß Johnson kalt. Dann, Herr Professor, wollen Sie in Ihren Papieren bemerken, fuhr er fort: Ich, ich werde keinen Fuß auf Ihre verdammte Insel Madeira setzen!«
    Der unverbesserliche Feigling drehte sich auf den Absätzen herum und verschwand im Kaffeesalon, wo man ihn gleich eine ordentliche

Weitere Kostenlose Bücher