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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Herzstärkung verlangen hörte. Während nun Johnson so triumphierte, erfuhr Thompson eine ihm recht unangenehme Überraschung.
    Er war kaum auf dem Schiffe angelangt, als ein großes Boot an der »Seamew« anlegte. Gleich darauf betraten etwa zwanzig Polizisten, von einem höhern Offizier geführt, das Deck des Schiffes.
    »Mein Herr, erklärte der Offizier trocknen Tones in leidlichem Englisch, der Dampfaviso »Camoens« ist eben in unserm Hafen eingetroffen. Er bringt Nachricht von den unqualifizierbaren Vorgängen, deren Schauplatz die Reede von Angra gewesen ist. Mit dieser Sache wird sich jedoch unsre Diplomatie zu beschäftigen haben. Mich geht nur ein einziger Punkt an, das ist die Auffindung des Diebes. Ihr Verhalten legt uns die Vermutung nahe, daß Sie ihm Zuflucht gewähren. Betrachten Sie sich also im Hafen von Ponta-Delgada zurückgehalten. Ihren Passagieren und auch Ihnen selbst wird hiermit strengstens untersagt, das Schiff zu verlassen oder irgendwie mit dem Lande in Verbindung zu treten, ehe Ihr Schiff nicht eingehend untersucht worden ist.«
    Das wurde in einem so entschiedenen Tone gesprochen, daß es jeden Widerspruch ausschloß. Ein Engländer ist ja nicht selten arrogant; daran war hier nicht zu denken. Thompson gab klein nach.
    »Wann wird diese Durchsuchung stattfinden? fragte er nur.
    – Morgen, lautete die Anwort.
    – Und wie lange wird mein Schiff hier zurückgehalten bleiben?
    – Das weiß ich nicht, schloß der Polizeioffizier. Jedenfalls so lange, wie es nötig sein wird, den Schuldigen zu finden und hinter Schloß und Riegel zu bringen. Ihr Diener, meine Herren.«
    Bei diesen Worten legte der Offizier zwei Finger an den Rand seiner Mütze und stieg wieder in sein Boot, während Thompson voller Verzweiflung zurückblieb.

Elftes Kapitel.
Eine Hochzeit auf San Miguel.
    Am Morgen des 25. Mai erwachten alle Passagiere der »Seamew« in recht verdrießlicher Stimmung. Schon am Tage vorher hätte die Weiterreise erfolgt sein können, ja schon vorgestern, wenn man nicht vor der Landung an Fayal bereits mit einem Tage im Rückstande gewesen wäre.
    Niemand hatte die Folgen der Vorgänge in Terceira geahnt. Als die »Seamew« die Reede von Angra verlassen hatte, hatte kein andrer Dampfer auf dieser verankert gelegen. Konnte nun jemand voraussetzen, daß der »Camoens« hier gerade rechtzeitig eintreffen würde, um die Flüchtlinge vor San Miguel noch einzuholen?
    Unter den Passagieren nahmen nur wenige dieses neue Hindernis der Reise mit Ruhe auf. Die meisten genierten sich nicht, ihren Unmut laut kundzugeben und die Verantwortlichkeit für die ärgerliche Verzögerung Thompson aufzubürden, der durch sie ja doch am meisten litt. Wie kam er auch dazu, den Behörden von Terceira zu trotzen? Wenn er umsichtiger gehandelt hätte, würde die Geschichte wahrscheinlich eine ganz andre Wendung genommen haben.
    Noch mehr! Wenn man der Sache weiter auf den Grund ging, lag es auf der Hand, daß die Agentur entschieden einen Fehler begangen hatte. Wäre das Schiff vor Fayal statt am 17. entgegen der ursprünglichen Bestimmung nicht erst am 18. eingetroffen, so würde es Terceira schon am Abend des 20. Mai wieder verlassen haben, die Reisenden wären dann in keiner Weise in die absurde Diebstahlsangelegenheit verwickelt worden, deren Ausgang auch jetzt noch keiner voraussagen konnte.
    Saunders und Hamilton, die beiden stets Unzufriedenen, erörterten – wer hätte wohl etwas andres erwarten können? – am eifrigsten dieses Thema. Was sonst hätte sich auch so vorzüglich dazu eignen können, ihre wahrhaft tückische Pünktlichkeit hervorzuheben? Mit lauter Stimme predigten sie inmitten eines ihnen zustimmenden Kreises, in dem in erster Reihe Van Piperboom aus Rotterdam, seine Pfeife schmauchend, figurierte.
    Ob der Holländer die unangenehme Lage, in der er sich befand, wohl ebenso wie alle seine Gefährten begriffen hatte? Jedenfalls war er nicht knauserig mit Zeichen der Zustimmung, als er den Reden der Führer der Opposition gewissenhaft zuhörte, ohne doch ein Wort davon zu verstehen.
    Auch Don Hygino zeigte sich als einer der hitzigsten Widersacher und Ankläger. Er konnte sich in heftigen Worten gar nicht genug tun. Er, der Portugiese, drohte seinem Vaterlande mit schweren Repressalien seitens des Kabinetts von Saint-James. Wie kam aber gerade dieser portugiesische Herr dazu, sich über die Verzögerung so zu ereifern? Welche Bedeutung konnte es für einen Mann haben, der seiner eignen Rede nach

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