Das Reisebureau Thompson und Comp.
Dann atmete er erleichtert auf und beglückwünschte sich, die heikle Angelegenheit doch noch so gut erledigt zu haben.
Während aber Thompson bei der Verhandlung einen so günstigen Erfolg erzielt hatte, schwoll das Herz Hamiltons von furchtbarem Zorne an.
Nachdem er sich von der Verblüffung über die Unverschämtheit Thompsons einigermaßen erholt hatte, machte er sich zur Verfolgung des frechen Mannes auf. Da er diesen nicht finden konnte, wendete er sich an den Kapitän Pip, der von der Kommandobrücke heruntergekommen war und eben, seelenruhig seine Morgenzigarre rauchend, auf dem Deck umherspazierte.
»Können Sie mir sagen, Kapitän, redete er diesen mit mühsam verhaltner Stimme an, an wen ich hier auf dem Schiffe meine Klagen zu richten habe?«
Der Kapitän machte eine Geste mit der Bedeutung, daß er das nicht wisse.
»Vielleicht an meinen Artimon, murmelte er wie in Gedanken.
– Kapitän! fuhr ihn der Baronet rot vor Zorn an.
– Sir? Sie wünschen…? erwiderte der Seemann gelassen.
– Kapitän, ich finde, daß man hier mit mir mehr Narrenspossen treibt, als sich’s gebührt. Da Sie für die Fahrt des Schiffes verantwortlich sind, werden Sie mir wohl sagen, warum wir hinter uns immer noch die Ameisenklippen in Sicht haben, warum wir jetzt, Vormittag zehn Uhr, noch nicht vor Santa Maria eingetroffen sind, und warum die Insel San Miguel noch nach achtstündiger Fahrt von hier aus zu sehen ist.
– San Miguel? wiederholte der Kapitän ungläubig.
– Jawohl, mein Herr, San Miguel,« betonte der Baronet nachdrücklich, wobei er auf einen schwarzen Punkt hinzeigte, der zwischen den Ameisenklippen und Santa Maria die Linie des Horizontes unterbrach.
Der Kapitän hatte ein Fernrohr ergriffen.
»Wenn das San Miguel ist, sagte er endlich spöttischen Tones, dann muß San Miguel eine Dampfinsel sein, denn sie raucht deutlich sichtbar.«
Der Kapitän begab sich nach seiner Brücke zurück, und der wütende Baronet grübelte, wie er sich für die schmachvolle Behandlung rächen könnte.
So kavaliermäßig die Beobachtungen Hamiltons auch aufgenommen worden waren, waren sie doch nichtsdestoweniger richtig, nur hatte sie der Kapitän vorher schon selbst gemacht. Von Anbruch des Tages an hatte er am Kielwasser erkannt, daß die ursprüngliche Geschwindigkeit der »Seamew« von zwölf Knoten plötzlich ungefähr auf acht heruntergegangen war.
Bishop, den er darum fragte, konnte auch keine bestimmte Auskunft geben. Seit der Abfahrt unterhielt er ein heftiges Feuer, der Dampfdruck konnte aber trotzdem nicht gesteigert werden. Der Fehler läge gewiß in der schlechten, vor Horta eingenommenen Kohlensorte. Bisher hätte man nur englische Kohle gebrannt, wäre seit der Abfahrt von San Miguel aber genötigt gewesen, die neuerdings übergenommene Kohle zu benutzen, und die erwiese sich von Anfang an sehr unterwertig.
Bishop setzte nichts hinzu und der Kapitän fragte nicht weiter. Vernünftige Menschen lehnen sich gegen das Unmögliche nicht auf. Da man nicht mehr als acht Knoten laufen konnte, so blieb es eben dabei, wenn man da auch erst vierundzwanzig Stunden später in Madeira eintreffen konnte. Das Meer zeigte jetzt Neigung, ruhiger zu werden, das Barometer hielt sich ziemlich hoch, der Kapitän hatte keine Ursache, sich zu beunruhigen, und er beunruhigte sich auch nicht.
Das Mißgeschick hinterließ in ihm nur etwas schlechte Laune, die Hamilton ja schon recht deutlich zu kosten bekommen hatte.
Der Zusammenstoß mit dem Baronet genügte jedoch, so geringfügig er auch war, den wackern Kapitän von seinem Überschuß an Elektrizität zu entladen. Ein so ausgeglichener Charakter mußte ja sein Gleichgewicht bald wiederfinden. So saß er denn auch ganz heiter gegenüber Thompson an der Frühstückstafel, in die der Seegang viele Lücken gerissen hatte.
Seine gute Laune verdüsterte sich freilich wieder, als er, aufs Deck zurückgekehrt, noch immer den schwarzen Punkt sah, auf den ihn Hamilton hingewiesen hatte und der sich immer in der Kielwasserrichtung der »Seamew« hielt. Diese Hartnäckigkeit gab zu denken.
Sollte der Dampfer vom Gouverneur San Miguels etwa ausgeschickt sein, ihn zu verfolgen? Es konnte sich ja ebensogut nur um ein Paketboot handeln, das den regelmäßigen Dienst zwischen den Azoren und Madeira versah. Die Sache mußte sich übrigens in kurzer Zeit aufklären.
Von den Sorgen der Kommandobrücke wußte das Spardeck zwar nichts, trotzdem ging es da weniger lebhaft zu als
Weitere Kostenlose Bücher