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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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gewöhnlich. Nicht allein hatte der noch immer etwas grobe Seegang die Zahl der Promenierenden verringert, es schien auch noch die Unzufriedenheit von gestern auf den noch gesunden Passagieren zu lasten. Meist gingen diese einzeln hin und her. Ohne von den überall aufgestellten bequemen Armstühlen Gebrauch zu machen, blieben andre sogar ganz still stehen und lehnten sich an die Bordwandstützen, um sich besser im Gleichgewicht zu halten.
    Mit seinem verwundeten Herzen bot Hamilton dem Winde die von der erlittenen Schmach gerötete Stirn. Um nichts in der Welt hätte er an irgend jemand ein Wort gerichtet. Mit all seiner Würde umgürtet, wiederholte er sich bis zum Überdruß den Auftritt von heute Morgen, während seine von Lady Hamilton behütete Tochter mit Tigg plauderte, der infolge der Erkrankung der Misses Blockhead zeitweilig seine Freiheit wiedererlangt hatte.
    Hamilton bemerkte das vertrauliche Gespräch. Er, nur er stand hier allein. Wenn nur wenigstens sein Freund Don Hygino dagewesen wäre! Don Hygino lag aber, ein Opfer der Seekrankheit, in seiner Kabine, und Hamilton fühlte es bitter, so von Gott und aller Welt verlassen zu sein.
    Wenn man die mürrischen Gesichter der Seinigen sah, hätte man darauf geschworen, daß sie von dem Mißmute des Baronets angesteckt wären.
    Da Dolly in ihrer Kabine noch mit Aufräumen beschäftigt war, hatte sich Alice Lindsay, die augenblicklich allein war, ganz hinten auf dem Deck auf einen Platz gesetzt, den sie besonders liebte. An die Reling gelehnt, ließ sie einen irrenden Blick übers Meer schweifen, in dem die ganze Traurigkeit lag, die eben ihre Seele bedrückte.
    Zehn Schritt von ihr schien der unbeweglich dastehende Jack sich innerlich mit einer schwierigen und komplizierten Arbeit abzumühen.
    Als er darüber genug nachgesonnen zu haben glaubte, ging Jack langsam auf seine Schwägerin zu und setzte sich neben sie.
    In ihre Träumereien verloren, bemerkte diese gar nicht die Anwesenheit der finstern, meist schweigsamen Persönlichkeit.
    »Alice!« murmelte Jack.
    Mrs. Lindsay erzitterte ein wenig und richtete auf ihren Schwager einen Blick, der noch von den Nachbildern des eben Gesehenen verschleiert erschien.
    »Alice, wiederholte Jack, ich möchte mit Dir etwas sehr wichtiges besprechen. Dieser Augenblick eignet sich dazu besonders, da das Spardeck so gut wie leer ist. Bist Du erbötig, mich anzuhören, Alice?
    – So sprich, Jack, ich höre, antwortete Alice gutmütig, doch etwas erstaunt über die feierliche Vorrede.
    – Ich werde, wie Du weißt, fuhr Jack nach kurzem Zögern fort, nun bald einunddreißig Jahre alt. Das ist ja am Ende noch kein hohes Alter, ich habe aber doch keine Zeit mehr zu verlieren, wenn ich mein Leben anders gestalten will. Das, was ich bisher geführt habe, ist mir schrecklich genug gewesen, ich sehne mich nach einem andern, einem nützlichern, fruchtbarern Leben. Kurz, Alice, ich gedenke zu heiraten.
    – Das ist recht, Jack, stimmte ihm Alice bei, die nur erstaunt war, daß ihr Schwager diesen Augenblick für sein Geständnis gewählt hatte. Da wirst Du Dir nur eine Frau suchen müssen, und das dürfte Dir nicht schwer fallen…
    – Das ist schon geschehen, Alice, unterbrach sie Jack Lindsay, oder mein Herz hat vielmehr schon eine dazu ersehen. Ich kenne, achte und liebe sie schon lange. Doch ob sie mich wohl liebt, Alice, oder ob ich hoffen darf, daß das jemals der Fall sein wird?«
    Ein wunderbarer Instinkt ist den Frauen eigen und verrät ihnen jede drohende Gefahr. Bei den ersten Worten Jacks hatte Alice herausgefühlt, was sie bedrohte. Den Kampf abwehrend und mit kurzer, kalter Stimme antwortete sie:
    »Ja, da wirst Du sie fragen müssen, mein Lieber.«
    Jack bemerkte die Veränderung, die im Tone seiner Schwägerin lag. In seinen Augen leuchtete ein Blitz auf.
    Mit großer Anstrengung gelang es ihm jedoch noch, sich zu bemeistern.
    »Nun, das tue ich hiermit, Alice, antwortete er, und ich erwarte ängstlich die Entscheidung… Alice, fuhr er fort, als diese hartnäckig schwieg, möchtest Du nicht denselben Namen behalten und nur einen neuen Gatten an Deiner Seite sehen?«
    Da zerknitterte Alice ihr Taschentuch zwischen den Fingern und wandte sich tränenden Auges von ihrem Schwager ab.
    »Da verrätst Du ja eine sehr plötzliche und unerwartete Leidenschaft, sagte sie halb scherzend.
    – Eine plötzliche Leidenschaft! rief Jack. Kannst Du das wirklich sagen, Alice? Wäre es wahr, daß Du niemals bemerkt hättest, wie

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