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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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ich Dich liebe?
    – Sprich ein solches Wort nicht aus, unterbrach ihn Alice heftig. Nein, ich habe nie etwas von dem bemerkt, was Du da sagst. Bei Gott, wenn ich etwas davon bemerkt hätte, glaubst Du, ich wäre so töricht gewesen, Dich uns auf dieser Reise begleiten zu lassen?
    – Du bist hart gegen mich, Alice, sagte Jack. Womit habe ich denn Deinen Unwillen verdient? Wenn Dich mein Antrag so sehr überrascht, so nimm Dir Zeit, mich zu prüfen, raube mir aber nicht jede Hoffnung.«
    Mrs. Lindsay sah ihrem Schwager gerade ins Gesicht.
    »Im Gegenteil, es ist besser, Dir jetzt jede Hoffnung zu rauben,« erwiderte sie fest.
    Mit allen Anzeichen tiefsten Schmerzes ließ Jack den Kopf in die Hände sinken. Alice fühlte sich ergriffen.
    »Ich bitte Dich, Jack, fuhr sie milder fort, hier liegt wohl ein Mißverständnis zugrunde. Vielleicht täuschest Du Dich, ohne es zu wollen. Vielleicht, setzte sie zögernd hinzu, ist unsre gegenseitige Stellung die Ursache dieses Irrtums.
    – Was soll das heißen? fragte Jack, den Kopf erhebend.
    – Ich bin nur so kurze Zeit die Frau Deines Bruders gewesen, fuhr Alice unter sorgsamer Wahl ihrer Worte fort, daß Du Dich vielleicht verletzt gefühlt hast, sein ganzes Vermögen auf mich übergehen zu sehen. Vielleicht hast Du Dich dadurch geschädigt… beraubt geglaubt…«
    Jack Lindsay machte eine abwehrende Bewegung.
    »Ich stehe hier auf einem heißen Boden, nahm Alice weiter das Wort. Sieh, ich bemühe mich nach Kräften, jedes Wort zu vermeiden, das Dich peinlich berühren könnte. Du mußt schon verzeihen, wenn mir das nicht immer gelingt. Anderseits bist Du vielleicht in Verlegenheit… oder gar dem Ruin nahe. Da ist es ja natürlich, daß Du an eine Heirat gedacht hast, die Deine Verhältnisse ordnen und gleichzeitig wieder gut machen würde, was Du für eine Ungerechtigkeit ansehen magst. Wenn Du so dachtest, nimmst Du vielleicht für Liebe, was nur eine reine Familienanhänglichkeit war.
    – Fahre nur fort, sagte Jack trocken.
    – Nun, Jack, wenn es so ist, kann ja noch alles geordnet werden. Da ich das Glück habe, nicht nur reich, sondern sogar sehr reich zu sein, warum sollte ich Dir da nicht schwesterlich entgegenkommen? Könnte ich nicht Deine Schulden, wenn solche vorhanden sind, tilgen, Dir dann im Leben weiterhelfen und Dir schließlich eine Art Mitgift aussetzen, die es Dir ermöglichte, eine andre Frau als Deine Schwägerin zu finden?
    – Du wirfst mir einen Knochen zum Abnagen vor, knurrte Jack und schlug die Augen nieder.
    – Was sagst Du? rief Alice. Ich muß doch in der Wahl meiner Worte sehr unglücklich gewesen sein, um eine solche Antwort zu bekommen. Du kannst Dir nicht vorstellen, welcher Kummer…«
    Mrs. Lindsay konnte nicht ausreden. Jack hatte sich, seinen Stuhl kräftig zurückstoßend, erhoben.
    »Ach was, schöne Redensarten, stieß er mit bösem Blick und harter Stimme hervor. Du brauchst Deine Weigerung nicht mit solchen Redensarten zu schmücken. Du weisest mich zurück. Sprechen wir nicht mehr darüber. Es wird jetzt meine Sache sein, zu überlegen, was ich zu tun habe.«
    Damit verließ er seine Schwägerin, die sich, durch diesen Auftritt und den Ausgang, den er genommen hatte, tief erregt, in die beruhigende Einsamkeit ihrer Kabine zurückzog. Jack entfernte sich, vor Zorn zitternd. Nach und nach legte sich sein Zorn aber wieder, und er konnte dann seine Lage kühl übersehen.
    Mußte er denn unbedingt auf das ersehnte Vermögen verzichten? sagte er sich entschieden. Nein, es galt nur, das Mittel, sich seiner zu bemächtigen, zu finden, da Alice sich weigerte, seine Frau zu werden.
    Beim Essen erschien diese nicht. Vergebens klopfte ihre Schwester an die Türe. Sie beharrte dabei, allein zu bleiben.
    Erst am nächsten Tage nahm sie das gewohnte Leben an Bord wieder auf. Da schien aber alles vergessen zwischen Schwager und Schwägerin. Beide hatten ohne Zweifel ihre Entschließungen als unverletztliches Geheimnis des Herzens vergraben.
    Im Laufe dieses Tages, des 27. Mai, wurde das Meer merkbar ruhiger und damit wuchs auch die Zahl der gesunden Passagiere. Am Abend waren die Gebrüder da Veiga und die Familie Blockhead die einzigen, die das Spardeck nicht mit ihrer Gegenwart verschönten.
    Während aber das Leben an Bord der »Seamew« wieder seinen gewohnten Lauf nahm, schien deren Kapitän über recht schwarze Pläne zu brüten. Zerstreut und in Gedanken versunken, wandelte er seit zwei Tagen auf der Kommandobrücke hin und her und

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