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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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aßen. Sie haßte es, das Zeug aus der Tube zu quetschen – allerdings hatte sie sich einmal in einem Video-Interview eine ganze Tube Nährpaste mit Fleischgeschmack reingezogen.
    »Dann tauschen wir sozusagen Sauerstoffflaschen gegen Zeit ein.«
    »Viktor wird aber stinkig werden, wenn wir uns nicht rechtzeitig zurückmelden.«
    »Soll er doch.« Sie wünschte sich, sie hätten eine Antenne an der Öffnung der Fumarole aufgestellt. Aber das hätte noch mehr Zeit gekostet.
    Tick tick tick.
    »Ich habe aber auch keine Lust, mich todmüde aus dem Loch zu ziehen.«
    »Wenn es dämmert, sind wir wieder draußen.«
    »So schnell sind wir nicht wieder oben.«
    Die im Einsatz gewonnenen Erfahrungen hatten sämtliche optimistischen Theorien über Leistungssteigerungen in niedriger Schwerkraft widerlegt. Der Mars war ermüdend. Ob das nun an der klirrenden Kälte lag, an der ungewohnten und starken Sonneneinstrahlung (obwohl die UV-Strahlen durchs Helmvisier gefiltert wurden), an der schlichten Tatsache, daß menschliche Reflexe nicht für 0,38 Ge ausgelegt waren oder an einem anderen subtilen Umstand – niemand wußte es genau. Dafür wußten sie, daß ein schneller Aufstieg am Ende eines anstrengenden Tags illusorisch war.
    »Du willst geologische Proben, ich will biologische. Meine sind federleicht, deine sauschwer. Ich werde dir ein paar meiner persönlichen Gewichtsanteile gegen Zeit hier unten abtreten.«
    Er hob die Augenbrauen und sah sie verschmitzt durchs verschmierte Helmvisier an. »Wie viele?«, fragte er nach langer Musterung.
    »Ein Kilogramm pro Stunde.«
    »Hmmm. Nicht schlecht. Gut, der Handel gilt.«
    »Gut.« Feierlich schüttelten sie die behandschuhten Hände. Ein verbindlicher Kuhhandel, sagte sie sich mit einem leichten Schwindelgefühl.
    »Viktor rechnet ohnehin damit, daß du ihm ein paar Anteile abtrittst, damit er noch mehr ›Nuggets‹ und ›Juwelen‹ mitnehmen kann.«
    »Es sind meine Anteile.«
    »He, so war das nicht gemeint. Ich will doch keinen Keil zwischen euch treiben.«
    »Danke für den Hinweis, aber ich werde das schon mit Viktor klären. Bist du soweit? Das geht alles von meiner teuer eingekauften Zeit ab.«
    * * *
    Sie kehrten zur Sohle in zweihundert Metern Tiefe zurück, wo Julia den Unfall gehabt hatte. Auf der anderen Seite des Überhangs stießen sie auf ein mit Schleim überzogenes Becken. Die schwarzbraune Schicht war verkrustet und gab unter dem Druck ihres Fingers etwas nach.
    »Schutz vor Austrocknung«, mutmaßte sie.
    Mark leuchtete mit dem Handscheinwerfer den Schlot aus. Die Matte hing wie ein Wandteppich an der rauhen Felswand. »Flüssiges Wasser auf dem Mars. Toll.«
    »Stimmt nicht ganz. Die Matte hängt herunter, siehst du, und bedeckt dieses Becken. Schützt es vor dem Austrocknen. Ob es auch Ressourcen speichert?«
    Sie schöpfte etwas von dem trüben Wasser aus dem Becken und tröpfelte es auf den Objektträger des Handmikroskops.
    »Es sind nur Algen, stimmt’s?«, fragte Marc.
    Sie antwortete nicht. Unter dem Mikroskop sah sie kleine Lebewesen – jedweder Zweifel ausgeschlossen.
    »Mein Gott. In dem Wassertropfen schwimmt etwas herum. Marc, schau dir das an und sag mir, daß ich nicht verrückt bin.«
    Er spähte durchs Mikroskop und blinzelte. »Mars-Garnelen?«
    Sie seufzte. »Klarer Fall, daß du an etwas Eßbares denkst. In einem vergleichbar großen Teich auf der Erde könnten Garnelen existieren, aber diese Lebewesen sind doch viel zu klein. Zumal ich nicht einmal weiß, ob das überhaupt Tiere sind.«
    Eilig nahm sie ein paar Analysen der Probe vor. Sie träufelte etwas Flüssigkeit in ein Fläschchen und steckte es in den Tornister. Sie befand sich im Glückstaumel, und der Anblick der winzigen schwimmenden Lebewesen raubte ihr den Atem.
    So schön und fremdartig, und sie mußte sie durch einen verschmierten Helm betrachten. Das wurmte sie.
    Sie hatten knubbelige Strukturen an einem Ende: Köpfe? Vielleicht, und jeder dieser Knubbel wies einen noch kleineren hellen Fleck auf. Was das wohl war?
    War es möglich, daß das Mars-Leben den Sprung zum Tier vollbracht und damit einen großen evolutionären Graben überwunden hatte? Auf der anderen Seite war es auch möglich, daß es sich nur um mobile Algen-Kolonien handelte – wie Volvox und ähnliche Lebensformen auf der Erde. Doch was auch immer diese Wesen darstellten, sie wußte, daß sie höherstehend waren als Mikroben. Sie beugte sich noch einmal über das Becken und strahlte es mit der

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