Das Rennen zum Mars
zeigen.«
»Zuerst wechselst du aber die Sauerstoffflasche.«
Sie seufzte. Er war ein Korinthenkacker. Suchte auf dem Gehweg nach Kleingeld und hatte kein Auge für den Regenbogen.
Nachdem sie Marc endlich dazu bewogen hatte, die Lampen auszuschalten, sah er es auch.
Zunächst war er geschockt. Er wußte wohl, daß er besser den Mund hielt.
Dann vernahm sie ein verdächtiges Geräusch. Das schwache Zischen überraschte sie. Doch nun kam wieder die Missions-Ausbildung zum Tragen.
»Was ist denn das? Hört sich nach einem Leck in einer Sauerstoffflasche an.« Reflexhaft überprüfte sie ihre Anschlüsse. Alles dicht.
»Marc? … kontrolliere mal deine Sauerstoffflasche.«
»Bei mir ist alles in Ordnung. Was ist überhaupt los?«
»Mir war, als hätte ich ein Zischen wie bei einem Leck gehört.«
»Ich höre gar nichts …«
»Sei still! Hör mal!«
Sie schloß die Augen, um die Richtung zu bestimmen, aus der das Geräusch gekommen war. Es kam von der Wand. Sie strahlte die Sauerstoffflasche mit dem Handscheinwerfer an, beugte sich dicht darüber und hörte nun ein leises Pfeifen. Sauerstoff strömte auf die Mars-Matte .
»Verdammt. Das Ventil ist nicht gesperrt.« Sie streckte die Hand aus, um es zu schließen. Plötzlich hielt sie inne … »Was?«
Die Mars-Matte in der Nähe der Sauerstoffflasche hatte sich verfärbt. Ein beigefarbener Fleck.
»Verdammt! Wir haben sie beschädigt.« Sie kniete sich hin, um die Stelle genauer in Augenschein zu nehmen. Dabei achtete sie darauf, sich nicht mit der Hand an der Wand abzustützen.
»Was ist passiert?« Marc kam mit einem großen Schritt herüber und erfaßte die Lage mit einem Blick. »Der Sauerstoff?«
»Au weia. Sieht so aus.«
»Was für eine Reaktion. Verdammt! Und so schnell!«
»Sauerstoff ist pures Gift für diese Lebensformen. Als ob man Schwefelsäure auf Moos schütten würde. Es bedeutet den sofortigen Tod.«
Er schaute sich nachdenklich um. »Wir vergiften sie schon die ganze Zeit mit dem Sauerstoff, der aus den Anzügen entweicht.«
Sie nickte. Was waren sie doch für Dumpfbacken, daß sie das nicht sofort erkannt hatten. Wie bei einem Tauchgerät stießen die Raumanzüge aus einem Nackenventil Abluft aus: hauptsächlich Sauerstoff, etwas Stickstoff und geringe Mengen Kohlendioxid. Ein ebenso simples wie zuverlässiges System, zumal die chemische Anlage des Retour-Schiffs für Sauerstoffnachschub sorgte.
Marc schüttelte ernüchtert den Kopf. »Typisch Mensch. Wohin auch immer wir kommen, wir müssen es verschmutzen.«
»Falls das Zeug wirklich so empfindlich ist, müssen wir von nun an gut aufpassen.« Julia richtete sich langsam auf und trat von der Läsion zurück.
Sie standen für einen Moment in tintiger Schwärze und warteten, bis das Nachglühen auf der Netzhaut erloschen war. »Woher kommt das Licht überhaupt?« fragte Marc schließlich.
»Die Mars-Matte glüht. Sie phosphoresziert, heißt das in der Fachsprache.«
»Und wie tut sie das?«
»Weiß nicht. Mich würde eher interessieren, wieso sie das tut.«
Eine lange Pause in der Dunkelheit, die sie von allen Seiten zu erdrücken schien.
»Hast du schon gehört?«, fragte Marc. »Airbus wird in ein paar Stunden landen.«
»Nein, das Rauschen war zu stark. Ich habe gerade einmal eure Stimmen identifiziert. Was hat Viktor denn gesagt?«
»Sie haben eine Nachricht über Satellit erhalten. Airbus wird heute abend reinkommen. Bis dahin sind wir zurück.«
»Verdammt. Ich hatte gehofft …« Sie seufzte. »Und was hast du ihm gesagt?«
»Nicht viel. Ich wollte ihm nicht sagen, daß du allein unten warst.
Also hab ich mich kurzgefaßt.«
»Gut gemacht.«
»Wie will Airbus Raoul das Werkzeug überhaupt liefern?«
»Das haben sie nicht gesagt. Vielleicht werden sie es abwerfen?«
»Wo ist ihre Landezone?«
»Viktor sagt, darauf hätten sie ihm auch keine Antwort gegeben.
Genauso wenig wie auf andere Fragen.«
»Klar, sie machen wieder ein großes Geheimnis daraus. Typische Airbus-Scheiße. Für uns wird das aber keine Konsequenzen haben.«
»Ich glaube nicht. Ist aber gut zu wissen, daß Raoul endlich sein Werkzeug bekommt.«
»Genau. Aber beschäftigen wir uns wieder mit dem Hier und Jetzt.«
Sie wußte nun, daß Zeit und Sauerstoff ihnen Grenzen zogen. Sie hatten diesen Tag zur Verfügung gehabt und mußten zur Basis zurückkehren. Eindeutige Befehle. Team-Loyalität.
* * *
»Reichlich O Zwei dort oben«, sagte Marc später, als sie sich ausruhten und zu Mittag
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