Das Rennen zum Mars
450 Tagen sich öffnet.«
»O nein«, sagte Marc. »Gibt es wirklich kein weiteres Fenster?«
»Jedenfalls keins, das zu öffnen wir imstande wären. Erst im Juni 2020 werden die Planeten wieder die richtige Konstellation haben.
Dann können wir starten. Es ist eine Hohmann-Trajektorie, aber nicht einmal eine gute.« Er legte eine Pause ein, als ob er sich fragte, ob sie bereit wären für die nächste Hiobsbotschaft. »Trotzdem bräuchten wir eine zusätzliche Delta-Vau.«
»Wie hoch müßte die sein?«, fragte Raoul.
»Fast doppelt so hoch wie die«, sagte Viktor dezidiert, »die wir bei diesem Start gebraucht hätten.«
»Mein Gott!«, sagte Marc mit schreckgeweiteten Augen. »Dafür bräuchten wir das Vierfache unsrer Brennstoff-Reserven.«
»Auf der Erde ist das bekannt«, sagte Viktor ungerührt. »Sie müssen eben ein ERV bauen – und zwar hurtig –, das so viel Brennstoff zu transportieren vermag.«
»Du lieber …« Marc wurde blaß im Gesicht.
»Und dann muß es auf Anhieb funktionieren«, sagte Marc. »Das ERV muß den Flug unbeschadet überstehen, in unsrer Nähe landen…«
Er verstummte. Das enorme Arbeitspensum und der schiere Druck, der auf ihnen lastete, waren überwältigend. »Wir müssen in den südlichen Sommer ausweichen«, sagte Julia aus einem Zwang heraus.
Das war der Knackpunkt des ganzen Missions-Profils. In der warmen Jahreszeit tobten Staubstürme in der südlichen Hemisphäre.
Obwohl der Wind eine Spitzengeschwindigkeit von mehreren hundert Kilometern pro Stunde erreichte, transportierte er zumindest weniger Masse. Dennoch war niemand erpicht, sich für Monate dem stechenden Staub auszusetzen.
»Wird kein Vergnügen werden«, sagte Viktor. »Außerdem werden wir den Gürtel enger schnallen müssen.«
»Ich weiß nicht, was passiert ist «, platzte Raoul heraus.
»Ich weiß es auch nicht«, sagte Viktor ruhig und hob die Hand, um Raoul zu beruhigen. »Wir haben das Druckprofil angewandt, das wir für das beste hielten. Zumal die Erde auch einverstanden war.«
»Aber sie haben genauso wenig eine Erklärung dafür«, sagte Raoul bitter.
»Sie sagen, es würden neue Simulationen laufen«, sagte Viktor mit einem scharfen Unterton.
Julia runzelte die Stirn. Das sah Viktor gar nicht ähnlich, jemand anders die Schuld zu geben. Wohl goß er manchmal kübelweise Spott über einen Pechvogel aus, doch Vorwürfe hatte er bisher noch niemandem gemacht. »Darauf kommt es nun auch nicht an«, sagte sie leise.
»Da muß ich dir recht geben«, sagte Viktor, ohne sie jedoch anzusehen. »Wir haben unser Bestes getan.«
»Es wird für immer ein Rätsel bleiben, wieso das ganze System abgestürzt ist«, sagte Raoul. »Ich hatte gestern nachmittag noch einmal alles durchgecheckt. Ich weiß nicht, woran es gelegen hat.«
»Nachdem das ERV jahrelang im Freien gestanden hatte, war es von der Witterung zermürbt«, sagte Marc. Julia sah, daß Marc versuchte, Raoul und Viktor aufzumuntern, doch wußte sie auch, daß nur die Zeit Linderung brachte. Nun, davon haben wir jedenfalls genug…
Sie hatten eine schwere Zeit und einen langen Rückflug vor Augen – im günstigsten Fall. Weil sie das alle wußten, mußte das nicht eigens erwähnt werden.
Das düstere Schweigen wurde vom Piepen einer eingehenden Überrang-Nachricht unterbrochen. Viktor schaute auf den Bildschirm. »Axelrod.«
Der elegant gekleidete Modellathlet wirkte abgespannt und erschöpft. »Habe Ihre Berichte erhalten, Raoul und Viktor. Bin die Zeitlupenaufnahme des Absturzes mit den Experten durchgegangen. Sie vermuten – verdammt, was ist denn nun schon wieder los?«
Er sackte hinter dem Schreibtisch zusammen und schaute sie düster an. Julia verspürte einen Anflug von Besorgnis. John Axelrod war immer ein Bringertyp gewesen, auch wenn er in Schwierigkeiten steckte. Doch nun war aus dem Mann die Luft raus. Das ließ Schlimmes ahnen.
»Das interessiert mich so viel, wie wenn in China ein Sack Reis umkippt. Der Rückweg ist abgeschnitten, und ihr sitzt auf dem Mars fest. Ihr habt genug Proviant, um dort auszuharren, bis ich euch ein ERV schicke – dasjenige, das ich euch schon damals hätte schicken sollen, gleich nach dem Start. Nun weiß ich es besser.«
»Genau«, sagte Raoul mit Eiseskälte in der Stimme. »Sie Bastard.«
»Mehr kann ich euch im Moment nicht sagen. Ich muß den Abschlußbericht der Techniker abwarten. Ehrlich gesagt, verspreche ich mir nicht allzu viel davon. Jeder weiß, wie es um eure Vorräte
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