Das Rennen zum Mars
Anblick.
Zunächst sagte niemand ein Wort. Dann brach Chen das Schweigen: »Dumm gelaufen. Die Brennstofftanks sind noch intakt?«
»Jawohl«, sagte Viktor. Die beiden Kommandanten standen beisammen. »Ich hatte die Kiste fast schon unten, als der Druck in Leitung Zwei abfiel. Die Haupttanks sind aber nicht beschädigt worden.«
Chen nickte und wandte sich ab. »Sie haben eine sehr schöne Unterkunft.«
Die Airbus-Drillinge, wie die Medien sie getauft hatten, unternahmen eine kurze Besichtigung des Habitats, wobei Raoul die Führung übernahm. Mit fachmännischem Blick nahmen sie die konstruktiven Merkmale und Modifikationen zur Kenntnis, welche die vierköpfige Besatzung an der Grundkonstruktion vorgenommen hatte, die vor einer halben Ewigkeit von Cape Canaveral gestartet war. Am meisten beeindruckt waren die Besucher jedoch von den großzügigen Räumlichkeiten. Die Wohnfläche des Habitats war nach ›irdischen Kriterien‹ allenfalls mittelgroß, doch übertraf die Ausdehnung die der Airbus-Quartiere noch immer um das Anderthalbfache.
Diese lichte Weite schienen die Gäste auch zu genießen. Die Astronauten versammelten sich um den großen Tisch im Gemeinschaftsraum, wobei den Besuchern Plätze neben Viktor zugewiesen wurden.
»Wir bedauern, daß Ihr Test fehlgeschlagen ist«, sagte Gerda.
»Wenigstens wurde niemand verletzt«, bemerkte Claudine.
»Verhungern ist auf jeden Fall ein langsamerer Tod«, sagte Viktor.
Für einen Moment herrschte angespanntes Schweigen. »Dazu wird es bestimmt nicht kommen«, sagte Claudine.
»Wir sind imstande, ein zusätzliches Besatzungsmitglied aufzunehmen«, sagte Chen feierlich.
»Mehr nicht?« Viktor blinzelte erstaunt.
»Es ist keine Frage der Nutzlast, müssen Sie wissen.«
»Wir haben eine ordentliche Lebensmittelreserve …«
»Wir haben nicht genug Platz«, sagte Chen und deutete mit einem Nicken in Marcs Richtung. »Er wird es Ihnen bestätigen.«
»Ja, die Räumlichkeiten sind ziemlich beengt«, knurrte Marc. »Wir alle haben es gesehen. Das eigentliche Problem betrifft aber die Systeme. Das System, an dem ich ausgebildet wurde, war für eine vierköpfige Besatzung ausgelegt. Die Luft- und Wasser-Filtersysteme, einfach alles.«
»Und wir brauchen viel Energie für die Abschirmung des Reaktors«, sagte Chen.
»Was sich wiederum auf die Nutzlast auswirkt«, sagte Gerda.
Viktor nickte. »Ich weiß, daß Ihre Ressourcen begrenzt sind«, sagte Viktor. »Wir alle haben unsere Möglichkeiten voll ausgereizt.«
»Zudem unterliegt unsre Mission strengen Vorschriften«, sagte Gerda. Sie versuchte anscheinend, um Verständnis zu werben.
»Management?« fragte Viktor.
Chen lächelte wieder. »Es ist schon kurios, daß wir, die einzigen Repräsentanten der Menschheit auf einer fremden Welt, uns dem Diktat von Leuten unterwerfen, die sich auf der anderen Seite des Sonnensystems befinden.«
»Wir haben hier das Kommando«, sagte Viktor. »Sie und ich.«
»Wir werden Rechenschaft ablegen müssen, nachdem wir zurückgekehrt sind«, sagte Chen.
Viktor schnitt eine Grimasse. »Zumindest diejenigen, die zurückkehren.«
»Ich biete einen Platz auf unserem Schiff an«, sagte Chen dezidiert.
Julia sah, daß er sich wegen Viktors Impertinenz echauffierte; obwohl das nur an den leicht gehobenen Mundwinkeln zu erkennen war.
»Und wer wird entscheiden, wer diesen Platz ausfüllt?«, fragte Viktor gereizt.
»Ich glaube, das steht in unsrem Ermessen«, sagte Chen.
»Ich bin der Kommandant dieses Schiffs und werde darüber befinden, welcher von meinen Leuten zurückgeschickt wird«, sagte Viktor steif.
»Es ist unser Schiff; also haben wir zu entscheiden, wer bei uns mitfliegt«, sagte Gerda.
Die Blicke beider Männer richteten sich auf sie. Chen sagte nichts.
Gerda wurde sich bewußt, daß sie ihre Kompetenzen überschritten hatte und schluckte sichtbar. Für eine Weile sagte niemand etwas.
Julia hatte keine Ahnung, wohin das führen sollte und war sich ziemlich sicher, daß Viktor es auch nicht wußte.
»Ich setze voraus, daß das, was wir hier besprechen, vertraulich behandelt wird«, sagte Chen. »Das gilt für beide Seiten.«
Marc grinste. »Dafür ist’s nun zu spät. Ich nehme das alles mit der Innenkamera auf. Bild und Ton.«
Chen riß die Augenbrauen hoch. Sein Entsetzen war echt. »Ich hatte angenommen …«
»Wir haben nichts versprochen«, sagte Viktor. »Axelrod will wissen, was hier oben läuft.«
Chen war damit nicht einverstanden. »Ich bin an
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