Das Rennen zum Mars
anschneiden – mit einem Laser!
Julia scheut die Öffentlichkeit. Genauso wie damals unser Bill. Sie setzte also ihren professionellen Gesichtsausdruck auf und rang sich manchmal ein Grinsen ab. Doch ich wette, daß sie es im großen und ganzen doch genossen hat. Aber wie hätte es auch anders sein sollen, wenn man der Mittelpunkt des Universums ist?
Das war’s auch schon. Ich bin geschlaucht. Es gibt noch viel mehr Bilder – ich habe nur ein paar per E-Mail mitgeschickt, damit du eine Vorstellung von der ganzen Sache bekommst.
Hoffe, deine Dienstreise hat den gewünschten Erfolg. Deine letzte Nachricht über das Lager der Wilderer ist mir schon an die Nieren gegangen. Was für eine schreckliche Vorstellung, daß die letzten Tiere in freier Wildbahn abgeschlachtet werden – und nur des Fleischs wegen!
Ach, eins habe ich noch vergessen. Die Kinder verbringen hier die Flitterwochen. Raoul und Katherine bleiben auch noch da. Das dürfte der einzige Ort sein, an dem die vier ungestört sind. Und ich freue mich auch auf ein paar ruhige Tage an diesem lauschigen Plätzchen.
Ich werde am Wochenende zurückfliegen.
Du fehlst mir, du alter Knurrhahn! Paß auf dich auf!!
Alles Liebe,
Robbs
* * *
Mit Axelrod an der Seite stürzte Julia sich in die Hochzeit. In gewisser Hinsicht war das der schlimmste Teil der ganzen Mission.
Sie hatte sich noch immer nicht an den Medienrummel gewöhnt – Teleobjektive, Mikrofone, lautstark vorgetragene Fragen. Doch es hatte nichts mit ihrer Person zu tun. Sie war nur eine Astronautin, ein Objekt, das ins Fadenkreuz der Medien geraten war. Doch das hier war anders. Sie kannte nämlich einen Großteil der Gäste, die verzückt (so schien es zumindest) und mit großen Augen dem Schauspiel beiwohnten. Trotz des prächtigen Brautkleids kam sie sich nackt vor.
Axelrod beugte sich herüber und flüsterte ihr ins Ohr: »Mit einer kleinen Atombombe könnte man jetzt die gesamte Mars-Fraktion wegpusten.«
Diese Sprache verstand sie. Die Bemerkung aktivierte ihre professionellen Instinkte. Axelrod hatte recht. Sie erspähte Bob Zubrin, Axelrods Mars-Guru und viele der Mars-Forscher, die schon lange Jahre im Dienst der NASA standen – Chris McKay, Carol Stoker, Nathalie Cabrol, Geoff Briggs, John Connolly und andere. Ein paar waren schon pensioniert, und alle waren etwas älter geworden, doch der Begeisterung tat das keinen Abbruch.
Wieso sind sie alle gekommen? Die Träumer …
Und auch ein paar nüchterne Rechner. Sie waren aus einem Grund gekommen, den niemand von ihnen in Worte zu kleiden vermochte.
Hochzeit, Mars …
Und dann erkannte sie Viktor. Und alles andere fiel von ihr ab. Er grinste in schierem Entzücken und streckte – was im Protokoll nicht vorgesehen war – den Arm zu einer Begrüßungsgeste aus. Sie nahm seine Hand und wußte, daß sie genau das richtige tat.
Als sie später die Zeremonie Revue passieren ließ, war alles, woran sie sich erinnerte, der liebevolle Ausdruck in seinen Augen. Sie hatten sich gesucht und gefunden.
Kapitel 5
11. Januar 2018
Obwohl Marc sich redlich bemüht hatte, war das Abendessen keine Gaumenfreude.
Er war der Feinschmecker der Besatzung und versuchte, immer neue Variationen aus der schmalen Palette der Nahrungsmittelvorräte zu zaubern. Doch das beschränkte Potential der Vorräte für neue Geschmacksrichtungen war längst ausgereizt, und nun stopften sie den Mampf nur noch in sich hinein. Hauptsache, sie wurden satt.
Dennoch mußten sie dem Luxus nicht ganz entsagen. Marcs Ente in Burgunder-Sauce nach dem Rezept eines angesagten Restaurants in Los Angeles, Original-Borschtsch aus einer russischen Bäckerei in San Francisco, Enchiladas aus violettem Mais aus New Mexico, Känguruh-Steaks und andere exotische Gerichte. Die Liste war recht umfangreich. Doch schmeckten Tiefkühlgerichte lange nicht so gut wie frisch zubereitete Speisen.
Die Speisen an sich und der Akt der Nahrungsaufnahme waren Elemente eines ausgefeilten Konzepts, welches das psychische Wohlergehen der Besatzung im Blick hatte. In dieser Hinsicht hatte Axelrod keine Abstriche am Budget vorgenommen. Niemand auf der Erde wußte, welche Probleme sich vielleicht daraus ergaben, für so lange Zeit in einer Blechdose auf einem lebensfeindlichen Planeten eingesperrt zu sein. Deshalb hatten die Psychologen die Mahlzeiten zu ausgedehnten Ruhephasen aufgewertet. Das eröffnete der Besatzung die Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren, sich zu entspannen und schmackhafte,
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