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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Perltauchen? Schon vor Jahrzehnten, Jahrhunderten, vielleicht schon vor tausend Jahren, immer hatte es Perltaucher auf den Inseln gegeben, an denen die schwarzlippigen Riesenaustern wuchsen. Und oft hatten diese Menschen in zwanzig, dreißig Meter Tiefe gearbeitet. Das Tauchen mußte nichts als eine lebensgefährliche Schinderei voll Abenteuer und Gefahren gewesen sein. Nur wahre Könner, wahre Tauchakrobaten schafften es ohne die heutigen Hilfsmittel.
    Doch das war vorbei. Was heute an Perlen aus der Südsee kam, das waren Zuchtperlen. Auch die wurden noch teuer genug verkauft, denn nur wenige Austern reagieren mit einer Perlmuttbildung auf das Sandkorn, dieses Kuckucksei, das man ihnen zwischen die Schalen schiebt.
    Ron wußte es. Er hatte oft genug darüber gelesen. Er hatte sich auch mit den Händlern in Papeete unterhalten.
    Und die hier sollten echt sein?
    Sie waren es! – Und weil sie es waren, bedeutete schon die kleine Kette um Tamas Hals ein Vermögen.
    »Wann zeigst du mir die Bucht der Perlen?«
    »Oh.« Tama lächelte schläfrig. In diesen Tagen hatte er ihr bereits Englisch beigebracht. So antwortete sie auch brav: »Tomorrow, darling, tomorrow …« Morgen – tomorrow …
    Doch dieses ›Morgen‹ schien nie zu kommen. »Wann gehen wir zur Bucht?« drängte er. Und sie lächelte, sah ihn an, und ihre Augen wirkten amüsiert und unergründlich.
    Eines Morgens aber warf sie ihn ganz früh aus dem Bett. Sie hatte Basttaschen gepackt. Darin befanden sich zu seinem Staunen zwei bleibeschwerte Tauchergürtel. Dazu hatte sie Brotfladen, Früchte und kaltes Huhn eingepackt.
    »Komm, Ovaku!«
    Sie nahmen den Weg hinter der Hütte hoch zum Berg, den sie auf der Insel Tu'u nannten. Sie ging voraus, anmutig und schnell wie immer, so schnell, daß er bald sein Herz spürte. Er wußte, wohin sie ihn führte, aber wollte nicht fragen, aus Furcht, Tama könne es sich alles nochmals anders überlegen.
    Sie kamen zu dem kleinen Paß, den er schon kannte.
    Hier standen die Götterbildnisse, roh behauene Steine, die ein Geschwisterpaar, die Götter des Meeres, darstellten. Nomuka'ta, der Medizinmann, hielt an dieser Stelle manchmal eine Zeremonie ab, bei der viel getanzt und noch mehr Kawa getrunken wurde. Nach zwanzig Minuten blieb Tama plötzlich stehen, schob mit beiden Armen die dichten, verfilzten Sträucher zur Seite, die auf dieser Stelle wuchsen, und der Blick aufs Meer wurde frei. Sie schlüpfte hindurch, hielt ihm die Zweige offen.
    »Look!«
    Und er sah!
    Steil stürzten die dunklen Felsen in die Tiefe. Ein Fregattvogel, den sie aufschreckten, löste sich von einem Sims, breitete die mächtigen Flügel aus und schwebte in einer langen Kurve über die Bucht zu ihren Füßen. Hier gab es kein Korallenriff, das den Anprall der Wellen mindern konnte. Das Meer hatte sich den Zugriff erhalten, hatte wie mit dem Beil zerschlagen, was hochwachsen wollte. Nein, da waren nur die Felsen, die die Bucht schützten. Sie öffnete sich in der Form eines Halbmonds. Die Klippen an der östlichen Seite waren nicht allzu hoch, aber sie hatten bizarre, gezackte Formen. Manche wirkten wie Säulen, andere hatte das Wasser zu sonderbaren Pilzen ausgewaschen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Buchtöffnung aber erhob sich eine schwarze Wand, um die Seevögel kreisten. Und dahinter erstreckte sich das Meer – endlos wie immer, blau und überall gegenwärtig.
    Und dann sah er vor der hohen Felswand, die direkt ins Meer abfiel, eine Kette dunkler Punkte. Sie bildeten einen Halbkreis. Sie wirkten wie die Köpfe von Schwimmern. Es waren Kokosnüsse, die dort draußen tanzten, eine ganze Kette von Kokosnuß-Bojen.
    Er nahm das alles in sich auf. Aber er dachte nur an eines: an die Perlen! Den steilen Hang hinab führte in wildem Zickzack ein Weg. Die letzten Meter rannte er.
    Tama sah ihm nach und schüttelte den Kopf.
    »Wo sind die Perlen, Tama? Wo ist die Austernbank?«
    »Nichts Perlen, Ovaku. Nichts Austern. Du jetzt lernen tauchen.«
    Und er, Idiot, hatte begeistert genickt. Damals wollte er ja nichts als lernen! Aber bald begann er sie zu verfluchen.
    Sie schwamm stets voraus, und er konnte nichts als Bewunderung empfinden. Bewunderung für die langgliedrige Geschmeidigkeit des nackten Frauenkörpers, der wie ein Fisch vor ihm herglitt, tiefer und tiefer, so tief bald, daß es in seinen Ohren zu stechen begann, und er glaubte, der Lufthunger müsse seinen Brustkorb zersprengen.
    Und dann tauchte ihr Kopf aus dem Wasser, und er

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