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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und holte jede Kontur, jede Farbe aus der Tiefe.
    Der Eingang der Bucht war auch unter Wasser deutlich zu erkennen. Eine Helligkeit herrschte dort, die sich bis in die Tiefe des Meeres zog. Nach den ersten vierzig Minuten im Wasser glaubte er die spitze Lanzenform eines Raubfisches zu erkennen. Jetzt wieder. Ja, es war ein Barrakuda. Nun folgte ein zweiter. Die beiden schlanken Schatten hielten sich dicht beieinander, und wo es Barrakudas gab, waren auch die Haie nicht weit.
    Aber Tama schüttelte nur den Kopf. Keine Gefahr.
    Na, hoffentlich! – Ihm war nicht wohl.
    Ron machte weiter, griff nach der nächsten Auster, die Hände hatte er mit Lappen umwickelt, um sie einigermaßen vor Seeigeln, scharfkantigen Korallen und Muschelschalen zu schützen. Tama aber griff mit ihren schlankgliedrigen Fingern zu, als pflücke sie Blumen vom Feld.
    Er hatte kaum zu Ende gedacht, da passierte es: Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn. Er hatte sich die linke Handkante zerschnitten.
    Auch das noch!
    Und dann dachte er, was man in solchen Situationen jedesmal denkt: Haie! Blut wittern sie auf Hunderte von Metern. Sie brauchen nur ein einziges Blutmolekül zu schmecken, das die Dünung heranträgt, und schon sind sie da.
    Hastig tauchte er auf. Tama folgte.
    »Schau her. So eine Scheiße!« Er zeigte ihr die Wunde. Sie war etwa vier Zentimeter lang, ziemlich tief und blutete schwach.
    »Tu Wunderwasser darauf.«
    Wunderwasser? – Sie meinte das kleine Fläschchen Merkurium, das Ron zusammen mit Pater Richards Tongeschirr und seinen von der Feuchtigkeit schon grünverfärbten Kleidern gefunden hatte und das sie seither immer mit dabeihatten, wenn sie die Bucht besuchten. Sie paddelte das Kanu ans Ufer. »Hurry up! Los schon.«
    Ein dünnes, dunkelrotes Rinnsal rann aus dem Schnitt die erhobene Hand entlang bis zum Unterarm.
    »Und du?«
    »Ich tauchen.«
    »Und falls hier Haie …«
    »Don't worry.« Es machte ihr sichtlich Spaß, all die neuen englischen Wörter anzuwenden, die er ihr beigebracht hatte.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß! – Und Onaha weiß.«
    Wieder mal Onaha also, die Schutzpatronin des Meeres und der Schildkröten. Die mußte es wohl wissen …
    Er brachte das Boot an Land, lud aus, versorgte die Wunde und blickte über den Wasserspiegel.
    Dort, wo sich die Muschelbänke entlangzogen, hatte die Bucht mit dem Fortschreiten des Tages ein tiefes, dunkles Kobaltblau angenommen. Sein Blick suchte Tama. Er sah sie nicht. Sie war bereits wieder abgetaucht.
    Diese Schildkröten-Patronin Onaha mochte ja zu vielem taugen, aber schließlich war sie für Schildkröten zuständig. Wenn trotzdem ein Hai … Himmelarsch!
    Von plötzlicher Panik gepackt, kletterte Ron über die Felsen, blieb immer wieder stehen, um dort, wo er die Austernbank vermutete, die trägen, flachen Wellen nach der Form abzusuchen, die er mehr als alles andere fürchtete: Das schwarze, schräge, Unheil verheißende Dreieck einer Haiflosse. Und dabei wurde ihm klar, an was ihn all die spitzen Felsen dort und die ganze zerklüftete Ostküste der Bucht erinnerte: An Zähne! An das brutale Bild eines zum Biß aufgerissenen Hairachens.
    »Tama!« Er flüsterte, dachte, brüllte es plötzlich. Der Wind trug seine Stimme zur Wand und warf sie zurück.
    Jetzt! Da drüben! Schon ziemlich nahe, an der rechten Seite der Bucht, war da nicht ein Schatten? Doch! Ja! Und er hielt direkt auf ihn zu.
    Sein Herz setzte aus.
    Da sprang Gischt hoch, und aus der Gischt zwei Hände, und nun tanzte noch keine vierzig Meter von ihm ihr lachendes Gesicht auf den Wellen. Tama!
    Den rechten Arm hatte sie erhoben, die Hand war zur Faust geballt. Und so winkte sie ihm zu.
    »Tama!«
    Ron schrie es vor Erleichterung.
    Am liebsten wäre er losgerannt, hätte sich ins Wasser geworfen, um ihr entgegenzuschwimmen, aber, verflucht noch mal, was brauchte er dieser arroganten Südsee-Göre zu zeigen, welche Sorgen er sich um sie gemacht hatte? Sie würde ja doch nur wieder den Finger an die Stirn legen und ihn für verrückt erklären.
    So hockte er sich auf die Fersen und sah der weißen Kraulspur zu, die ihm entgegenkam.
    Jetzt erhob sich Tama. Sie stand, eine braune, feuchtschimmernde Säule, vom Wasser überperlt, vor ihm. Wassertropfen in den dunklen Haaren, deren Flechten um ihre Schultern klebten, auf den beiden hoch aufgerichteten festen Brüsten glitzerndes Wasser, das ihr die Hüften entlangrann, blitzende Perlen auch in dem dunklen Dreieck zwischen den langen

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