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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist weit.«
    »So? Meinst du? – Okay, das weißt du viel besser als ich.«
    »Ich?« lächelte Descartes. »Ich werde mich hüten, etwas besser zu wissen!«
    Er griff in die Tasche seiner Jeans und warf zwei tongaische Dollar auf die Theke. Hans wollte rausgeben, aber Descartes schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Du wolltest doch noch den Wetterbericht …«
    »Das würde auch nichts ändern«, meinte Descartes. »Oder?«
    Sie sahen ihm nach, wie er an den Tischen vorbei zum Ausgang humpelte. Ein komischer Heiliger? Vielleicht. Aber auch ein verdammt netter Bursche.
    Draußen war Wind aufgekommen und blies Papierschnitzel und Sand über die Zementeinfassung des Hafenbeckens. Das weiße Warner-Pazifik-Schiff stieß gerade einen Dampfstrahl aus. Er wurde sofort erfaßt und in Richtung Osten umgeknickt.
    Gilbert Descartes humpelte seiner ›Ecole‹ entgegen …
    ***
    Der Pai hob das Zielfernrohr erneut vor die Augen und blickte durch die Optik. In dem bläulichen Kreis konnte er klar erkennen, was er suchte: Das graue Zementband der Mole, die Yachten an den Anlegestellen und das Schiff, diesen sonderbaren, unförmigen, schwarzgrünen Koprakahn, der den ganzen Tag hindurch beladen worden war.
    Wenn er das Glas ruhig hielt und ein wenig nach rechts schwenkte, sah er auch den Mann wieder: den Dicken mit seinem glatzköpfigen Schädel. Eines stand nun fest: Er ging auf das Schiff zu! Ja, jetzt hatte er es erreicht!
    Was macht er nun? fragte sich der Pai. Verschwindet er im Steuerstand? Ob er die Maschine anwirft? Doch, ja, er wirft die Bugleine los …
    Na also! Endlich! Aber laß ihn ruhig fahren. Bis der Glatzkopf mit dem alten Diesel den Hafen durchquert und den Leuchtturm von Ululei erreicht hat, dauert es sowieso noch eine halbe Stunde. Und auch dann ist noch nichts zu machen. Erst mal zusehen, wo er überhaupt hin will. Richtung Hunga und Tongatapu oder nördlich nach Vava'U … Aber ganz egal, wohin er fährt – den holen wir ein!
    Zufrieden steckte der Pai das Zielfernrohr zurück in die Lederhalterung, sprang von seinem Felsen herab, um zu seinen Leuten zu gehen.
    Doch abrupt blieb er stehen.
    Sein Gesicht wirkte nun noch flacher, noch starrer als sonst.
    Und dann schrie er.
    Die vier Männer fuhren hoch. Was der Pai schrie, verstanden sie nicht, das war wahrscheinlich malaiisch, aber sie brauchten ja nicht zu verstehen, sie wußten sowieso, was jetzt kommen würde. Dabei hatten sie nur ein kleines Feuer gemacht, ein ganz kleines, und das hinter dem Schutz der Steine, weil es, bei dem blödsinnigen Wind, der da aufgekommen war, gar nicht anders ging. Die beiden Suwa-Vettern hatten ein Huhn im Proviantsack, ein Fertighuhn aus dem General-Store, und das wollten sie nun braten, aber das gefiel dem Pai wohl nicht.
    Da stand er und starrte sie an.
    Sie waren alle aufgestanden. Tanoa, der kleinere der Suwa-Vettern, begriff als erster, um was es ging, und stieß mit den nackten Zehen das Feuer auseinander. Aber auch das änderte nichts. Der Pai stand noch immer da und schrie. Er war klein, der kleinste der Männer, die alle muskulös gebaut waren, wie die meisten Fidschis. Und er war nicht nur klein, schmal war er wie ein Fisch. Mit seinem glatten, kaum behaarten Malaien-Gesicht wirkte er noch jünger als Lavuka, der gerade erst achtzehn geworden war.
    Aber die Augen, diese schrägen Augen – sie schienen wie die Augen der Geister keine Jahre zu kennen.
    »Hier sieht uns doch keiner.« Ma'afu, der Älteste, ein Fischer aus Lautoka, wagte wenigstens etwas zu sagen. »Wir haben Hunger.« Doch da war der Pai schon heran. Sie hatten gar nicht richtig gesehen, wie er zum Sprung ansetzte, da hing er bereits in der Luft. Nein, sie begriffen nicht, was und wie es passierte. Das linke Bein des Pai schnellte zum Kinnkick hoch, Lavuka schrie auf und flog in einen Busch, und während desselben Herzschlages mußte es geschehen sein, als die Handkante des Pai aus der Drehung Ma'afu traf. Ohne einen Ton sackte der große Mann zusammen.
    Sie sahen sich an. Ma'afu rieb sich schweratmend die Stelle, wo der Pai ihn getroffen hatte.
    »Ihr hirnlosen Affen«, schimpfte der Pai, »nur Gott mag wissen, warum ich mich mit euch überhaupt abgebe.«
    Und das nun sagte er in fließendem Polynesisch. Der richtige Name des Pai war Ramusa. Ramusa stammte aus einem kleinen Fischernest, das etwa sechzig Kilometer westlich der malaysischen Provinzstadt Muar lag. Schon sein Vater und sein Großvater waren Fischer gewesen. Fischer waren sie alle im

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