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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gleichzeitigkeit der Ereignisse, der Gleichzeitigkeit der Gefühle und des Handelns, der Gleichzeitigkeit dieses überwältigenden Hasses, der gar keine andere Möglichkeit ließ, als es zu tun, egal, was die Folgen sein mochten: Es gab keine andere Wahl!
    Der Ekrasitgestank der Salven stach in seine Nase, das grelle Geräusch der in rasendem Tempo aufeinanderfolgenden Detonationen von Gilberts Kalaschnikow drohte ihm die Trommelfelle zu zerreißen.
    Ja, draufhalten! Schon hatten sie das halbe Magazin verschossen, und es war gar nicht notwendig. Die Mörder lagen längst am Boden, das Fleisch zerrissen von den Einschlägen der Kugeln.
    Dann jedoch …
    Er hatte ihn vergessen! Der dritte dort, der den Eingang von Tápanas Haus bewachte … Da kam er heran, kam aus dem Blauschleier des Pulverdampfs heraus, rannte, die Waffe an die Hüfte gedrückt, den Abzug durchgezogen, in wildem, verrücktem Zick-zack über den Platz auf sie zu, schoß, ja, schoß noch immer … Ganz deutlich konnte Ron die winzigen Flämmchen erkennen, die die Mündung seines Sturmgewehrs ausspuckte, während in ihm nichts war als eine große Leere, als ein Gefühl, dies alles schon einmal erlebt zu haben – damals, als Pandelli in die Bucht kam und sich das gleiche abspielte, so verrückt, so unwahrscheinlich, damals wie heute. Unwahrscheinlich wie irgendeine brutale Szene aus einem dieser amerikanischen Vietnam-Thriller. Und wie ein Film war dies hier auch: ein Film, der sich zur Zeitlupe verlangsamte. Der Mann, der dort rannte und auf sie schoß, und dicht neben ihm Gilbert, der bereits wieder seine Waffe losbellen ließ – der Platz, die Menschen, die alle erneut auf dem Boden lagen … Die Angst, ihre Angst, seine Angst …
    Dann traf Ron ein Schlag.
    Da war kein Schmerz, auch schien der Schlag nicht heftig, nur so, als habe ihn jemand mit einem Stock gestoßen, zunächst an die Schulter, dann gegen den Arm. Und der Arm wurde schwach, so unbegreiflich schwach, daß Ron die Waffe nicht länger halten konnte. Auch sich selbst nicht. – Ja, er taumelte, fiel zu Boden, in den Sand. Vor ihm waren Blätter und Gras. Irgend jemand schrie: »Ron! – Ron!«
    Und er war froh, daß alles vorüber war. – So froh …

6
    Rons alter Freund Patrick Lanson war der erste, der am Pier von Pangai über die Gangway rannte. Es war gut, ihn zu sehen. Das vertraute Gesicht mit dem grauverstrubbelten Haar schien sich nicht viel verändert zu haben, obwohl Ron Mühe hatte, es wahrzunehmen. Denn die Dinge begannen vor seinen Augen undeutlich zu werden, die Stimmen auch …
    Aber was Patrick jetzt brüllte, das bekam Ron mit: »Zum Teufel«, schrie Pater Patrick Lanson. »Wieso kommst du in diesem dämlichen Kahn angeschaukelt, statt den Hubschrauber zu rufen?«
    »Ein Priester flucht nicht.« Ron versuchte zu grinsen, es wurde nichts daraus. Und er zweifelte auch, ob Patrick oder sonst jemand seine Worte überhaupt verstand. Das wiederum war ihm ziemlich egal.
    »Der Verband hier …«, trompetete Lanson, »was soll das? Du hast ja die ganze Schulter kaputt!«
    »Den Arm auch«, fügte Gilbert hinzu.
    »Aber wieso, zum Teufel noch mal …«, fing Patrick wieder an.
    »Du weißt doch …«
    »Ja, daß du nicht alle Tassen im Schrank hast, das weiß ich. Du mit deinem ›unbekannten Paradies‹ … Verrückt bist du doch.«
    Und dann kamen die weißen Kittel mit einer Trage und legten ihn darauf.
    »Total übergeschnappt ist er«, tobte Patrick Lanson weiter. »Ins Irrenhaus müßte er … Aber paßt auf, geht trotzdem vorsichtig mit ihm um.«
    Was schreit der so? Was tut Patrick überhaupt hier in Pangai? Ron dachte es, dachte es mit Mühe, dabei war es ihm ziemlich gleichgültig. Alles war ihm gleichgültig. Er hatte nur noch einen Wunsch: Auf irgendeine Weise in ein Bett zu kommen, nicht mehr die Schmerzen ertragen zu müssen, zu schlafen und zu vergessen. – Ja, zu vergessen …
    ***
    Vielleicht war es wirklich verrückt gewesen, die ›Paradies‹ zu nehmen, um ihn nach Pangai zu schaffen. Als sie sechsunddreißig Stunden, zuvor feststellen mußten, daß niemand auf Tonu'Ata die Wunden des Terrors überlebt hatte, waren sie losgefahren. Nur einen gab es, den man zusammenflicken konnte: Ron …
    Bei seiner Selbstmord-Aktion hatte der letzte der Piraten ihn gleich zweimal erwischt: Mit einem Schulterdurchschuß, der das Schlüsselbein brach, und einem zweiten Treffer, der seinen linken Arm durchbohrte, die Oberarmvene aufriß und den Knochen

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