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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zerschmetterte.
    Gilbert hatte die Blutung sofort mit einer Staubinde zum Stillstand gebracht. Daß dies so leicht gelang, hatte Ron wohl dazu gebracht, den beiden zu verbieten, den Notarzt-Hubschrauber des ›King Topoi Hospitals‹ in Pangai in Marsch zu setzen. Nein, er wollte keinen Hubschrauber mehr auf der Insel sehen. Nach allem, was mit Jack Willmore geschehen war, nach allem, was heute wieder passiert war – keinen Hubschrauber!
    Langsam erschien es ihm wirklich so, als bleibe die Anonymität von Tonu'Ata ihr einziger Schutz.
    »Hör zu, Gil«, hatte er gesagt, »es sind nur anderthalb Tage auf der ›Paradies‹. Das ist doch nichts. Das schaff' ich doch mit links.«
    »Natürlich … Du hast einen Schußbruch. Zwei Schußbrüche sogar.«
    »Ich hab' aber jede Menge Schmerzmittel …«
    »Du bist ein Idiot!«
    Und Tama betete es erregt nach: »Du bist ein Idiot.«
    »Und wie …«
    »Du kannst Komplikationen bekommen. Eine Embolie … Fieber …«
    »Nehm' ich in Kauf. Ich will niemand mehr hier auf der Insel sehen. – Und du doch auch nicht.«
    Er hatte die Augen geschlossen gehabt und sich wirklich fertig gefühlt. Fertig und zerstört. Es waren nicht die Schmerzen gewesen, es war eine Müdigkeit, die keinen anderen Gedanken zuließ als diesen: Sie dürfen nicht wiederkommen! Keiner darf wissen, daß es Tonu'Ata gibt! Natürlich, es würde sich als Illusion herausstellen, es war unvernünftig und irrational zu glauben, daß sich die Insel-Abgeschiedenheit auf die Dauer aufrechthalten ließe, aber er klammerte sich daran.
    In sein benommenes, von Medikamenten, den Schmerzmitteln und all dem Penicillin getrübtes Bewußtsein waren die Stimmen und die Totengesänge vom Dorf gedrungen. – Drei Kinder! hatte Ron gedacht. Und dazu noch Alatu und Vanaia, Alatus Schwester … Und weder du noch Gilbert konnte es verhindern … Versucht haben wir es, das ja, und wäre Gilbert nicht neben mir gewesen, wäre alles viel, viel schlimmer gekommen. Aber was nützt das den Toten …
    Doch trotz seiner Schwäche blieb in ihm die felsenfeste Überzeugung, daß er keinen Hubschrauber brauchen würde und daß es besser sei, wenn Gilbert ihn mit der ›Paradies‹ nach Pangai ins Hospital brächte. Dann aber waren sechsunddreißig lange Stunden gekommen, in denen er sich und diesen Entschluß verflucht hatte.
    Tama war in Tonu'Ata geblieben, dies nicht nur, weil die Trauer um die Toten es gebot, auch die Sorge um Lanei'ta zwang sie dazu. Lanei'ta hatte einen Zusammenbruch erlitten. Am Fest hatte sie nicht teilgenommen, doch als dann die Schüsse fielen, war Lanei'ta zum Dorfplatz gerannt und hatte das grausige Geschehen aus einem Versteck heraus beobachtet – und sie hatte all das Furchtbare ein zweites Mal erlebt, das den Tod Jack Willmores begleitete.
    Von da an war sie unansprechbar. Von krampfartigem Zittern geschüttelt, lag sie auf dem Bett in ihrem Fale.
    Es würde vorübergehen, das ja, sicher sogar – aber wie konnte Tama sie in diesem Zustand alleine lassen? Und wer sollte sich um Jacky kümmern? Kaum war Tonu'Ata außer Sicht geraten, hatte es begonnen: Das Fieber griff nach Ron. Es trocknete seine Haut aus, trieb sein Herz an, ließ ihn zittern – vor Kälte zittern, und all seine Versuche, sich nichts anmerken zu lassen, nützten nichts.
    Die ganze Zeit über hatte er auf dem Klappstuhl im Cockpit gesessen, um Gilbert Gesellschaft zu leisten und ihm – so gut er es in seinem Zustand konnte – die Technik zu erklären.
    Denn Gilbert hatte sich geweigert, die Steuerautomatik einzustellen: »Einen solchen Unsinn kannst du mir nicht zumuten. Automatisches Ruder, automatische Peilung, ja, was denn sonst noch? Du, du hockst unten im Salon oder liegst auf deinem Hollywoodbett, und das Ding da kracht in die nächste Fähre? Fürze sind das doch. Einer von diesen vielen technologischen Fürzen, mit denen die Menschheit nicht nur die Welt, sondern auch noch sich selbst umbringt.«
    Und so war Gilbert hinterm Steuer und er in seinem Klappstuhl geblieben. Doch dann fror er, so sehr, daß seine Zähne klapperten und es Gilbert den Kopf herumriß.
    »Mensch, ich sag' dir doch schon die ganze Zeit … Laß mal sehen.«
    Er griff nach seinem Handgelenk. »Los, los! Runter in dein Bett. Kannst du gehen?«
    »Klar kann ich es.« Descartes hatte ihn gestützt, die Schulter schmerzte höllisch, aber er landete im Bett, und Gilbert riß eine neue Antibiotika-Pulle auf und machte eine Spritze fertig.
    »Gilbert … Hast du

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