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Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Titel: Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Balzter
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Hans?“
    „Es ist schon gleich acht. Sie sollten längst angefangen haben.“
    „Dann wird es eben ein paar Minuten später, na und?“
    „Ich sagte doch, dass ich mich um neun mit den Leuten aus Prag treffen muss.“
    „Die werden es schon verstehen, wenn du mit akademischem Viertelstündchen auftauchst.“
    „Les, du kapierst das nicht. Das ist absolut wahnsinnig unglaublich wichtig. Ein Mega-Auftrag. Das, wovon wir all die Jahre geträumt haben.“
    Valeska schürzte die Lippen. Früher hatte sie es gemocht, wenn er sie so nannte. Es hatte sehr liebevoll, sehr zärtlich geklungen. In letzter Zeit schien er den Kosenamen nur noch einzusetzen, wenn er sie zu irgendetwas überreden wollte oder nicht mochte, dass sie ihm widersprach. „Wenn sie extra aus Prag hierher kommen, nur um ausgerechnet bei dir eine Alarmanlage zu bestellen, dann werden sie schon nicht gleich wieder abreisen, weil du nicht auf die Sekunde genau da bist. Neun Uhr abends ist ohnehin ein unmöglicher Termin. Hat man denn überhaupt kein Privatleben mehr?“
    „Man muss eben Prioritäten setzen. Es kommt ja auch nicht allzu häufig vor.“
    „Nein, nur an dem Abend, der deiner Tochter außerordentlich wichtig ist. Ich beschwöre dich, bleib wenigstens bis zu ihrem Auftritt.“
    „Wenn die nicht diese vermaledeite Verspätung hätten, dann würde ich es locker schaffen. Die Prager sind im Deutschen Haus abgestiegen in der Bahnhofstraße. Das ist keine zehn Minuten von hier.“
    Sie schüttelte traurig den Kopf und sah ihm in die Augen. „Ich hoffe nur, dass du die richtigen Prioritäten setzt, Hans.“
    Sie verstummten, als Gerhard Neebel die Bühne betrat. Er stolperte über ein Kabel, das zu den neben der Bühne aufgebauten Lautsprecherboxen führte, konnte sich gerade noch abfangen und versuchte den unwürdigen Augenblick durch möglichst souveränes Zurechtrücken seiner Krawatte wieder ungeschehen zu machen.
    „Ich wünsche allen Anwesenden einen schönen Abend“, schrie er lauthals ins Publikum.
    Hans Leonardt stöhnte entnervt. „Können die nicht mal das Mikro einschalten?“
    „Leider“, fuhr Neebel mit ebenso kräftiger Stimme fort, „muss ich Ihnen die Mitteilung machen, dass unsere Tonanlage durch das Unwetter letzte Nacht offenbar Schaden genommen hat. In diesem Moment versuchen wir gerade, Ersatz bei einem Verleih zu bekommen. Der Austausch der defekten Teile wird voraussichtlich nicht lange dauern.“
    Hans seufzte tief. Er erinnerte sich an den Sturm der letzten Nacht. Sämtliche Wettervorhersagen hatten ihn nicht kommen sehen. Er war unter völliger Missachtung der üblichen Windverhältnisse aus südöstlicher Richtung nach Deutschland gekommen. Fast, als ob ihn die beiden Prager aus ihrer Heimatstadt mit eingeschleppt hätten. Vielleicht eine gute Möglichkeit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen: Was haben Sie denn für Wetter mitgebracht? Gemeinsames Lachen. Gute Stimmung. Schneller Vertragsabschluss.
    Ein erneuter Blick auf die Uhr zeigte 20:15. Wenn sie innerhalb der nächsten zehn Minuten anfingen, hatte er noch eine Chance.
     
    Lea spähte hinter der Bühne durch den Vorhang. Ihre Eltern saßen in der dritten Reihe. Daneben erkannte sie die unauffälligen Gestalten des Ehepaars Winckelmann, die diese Unauffälligkeit offenbar voll und ganz auf ihren schüchternen Sohn vererbt hatten. Timm Winckelmann jedenfalls war die absolute Negation von „cool“, und er war so gewesen, seit sie ihn kennengelernt hatte. Nett, ja, aber alles andere als cool.
    Als hätten sie sich bewusst als Kontrast dorthin gesetzt, machten sich neben den Winckelmanns die steinreichen Sertküks breit, die Eltern des schrecklichen Bülent, dieses übergewichtigen, kindischen Waffennarren. Herr Sertkük war im maßgeschneiderten Nadelstreifen-Dreiteiler erschienen, das Glänzen der mit einem Edelstein verzierten Krawattennadel konnte Lea bis hierher erkennen. Seine Frau trug ein farblich dezentes, aber sicher noch viel kostspieligeres Kleid. Sie wirkte wie immer ein wenig besorgt und nervös, während er als personifizierte Selbstzufriedenheit daherkam.
    „Jetzt gehen die Lichter aus“, rief sie nach hinten zu Lucy, die es sich – obwohl sie selbst nicht auftrat – nicht nehmen lassen wollte, den Abend von dem Ort aus zu genießen, den sie lässig als Backstage Area bezeichnete. Sie mochte das Wort, es ließ ihren Standort irgendwie bedeutend erscheinen, auch wenn Assoziationen mit großen Hallen oder großen Künstlern in diesem

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