Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
den Tee vorbereitete und
Kekse bereitstellte, setzte er sich an den Küchentisch und redete. Dabei
kraulte er Reefer mit seiner großen, gepflegten Hand liebevoll den Kopf, und
als sie den Tee servierte, seufzte er so glücklich, als habe er sich gerade in
ein bequemes, vorgewärmtes Bett gekuschelt.
    »Bei der Arbeit kriege ich immer nur dieses Baustellengebräu in
beschädigten Bechern vorgesetzt. Es ist wirklich schön, mal mit jemandem
zusammenzusitzen, der weiß, dass eine gute Tasse Tee durchaus mit einem guten
Glas Wein vergleichbar ist.«
    Er hob die Tasse und schnupperte genießerisch an dem aufsteigenden,
aromatischen Dampf.
    »Wunderbar. Und auch eine ganz wunderbare Küche …« Anerkennend sah
er sich in Lilys Domäne um.
    »Im Vergleich zu Ihrer?«, platzte es aus ihr hervor.
    »Sie haben eine richtige Küche, Lily, eine warme und einladende
Küche, mit einem Kamin, vor dem ein Hund schläft und einer Hintertür in den
Garten, neben der diverse Stiefel stehen. Nicht irgend so eine hochtechnisierte
Vorzeigeküche, in der man nicht mal die freie Sitzplatzwahl hat, weil sonst das
Feng Shui gestört werden könnte …«
    »Aber Ihre Küche ist wunderschön.«
    »Ja, ästhetisch gesehen ist sie das natürlich, aber erst eine
funktionale und gemütliche Küche ist für mich wahrhaftig schön. Mir gefällt
Ihre Küche hier viel besser als unsere. Ich würde lieber einen ganzen Nachmittag
hier an Ihrem Küchentisch verbringen und Tee trinken, als mich mit angelegten
Ellbogen kerzengerade auf einen der Designerhocker zu setzen, die meine Frau
vor unserem Frühstückstresen arrangiert hat. Alles, was ich bisher vom Haus
gesehen habe, ist wirklich toll, Lily, und wie ich höre, haben Sie das meiste
davon selbst gemacht, richtig? Glauben Sie mir, ich weiß genau, wie viel hier
zu tun war, Liam hat mir das Haus ein paar Mal gezeigt, bevor Sie hierherzogen.
Eigentlich schade, dass wir Sie da noch nicht kannten, Lily, Weihnachten
herrscht immer ziemlich viel Trubel bei den Cordays, sie hätten so viele nette
Menschen kennenlernen können. Glauben Sie mir, wenn man uns erst mal etwas
besser kennt, sind wir gar nicht so schrecklich … Ich hoffe, die Gelegenheit
wird sich ergeben, wenn es Liam wieder besser geht.«
    Eigentlich war seine kleine Ansprache ja richtig nett, sie war auch
gar nicht gekünstelt, herablassend oder irgendwie peinlich. Wenn Lily ganz
ehrlich war, freute sie sich beinahe über seine Gesellschaft.
    Beinahe.
    Aber gut, vielleicht hatte sie sich wirklich in ihm getäuscht.
    Schließlich war sie ihm gegenüber nicht gerade unvoreingenommen. Er
hatte ihren Mann extrem vereinnahmt und ihn ihr gewissermaßen weggenommen.
    Liam hatte immer nur in den höchsten Tönen von Corday gesprochen,
und das hatte sie wiederum geärgert, weil sie sich nun mal entschlossen hatte,
einen schlechten Eindruck von ihm zu haben.
    Liam war eigentlich ein guter Menschenkenner.
    Und das war Reefer auch. Er lehnte jetzt vertrauensvoll an Cordays
Bein.
    »Toller Hund«, sagte er, als er ihren unbewussten Blick Richtung
Hund bemerkte.
    Warum überraschte es sie, dass er Hunde mochte?
    Wahrscheinlich, weil sie davon ausgegangen war, dass er kein Mann
war, der viel für Tiere übrig hatte.
    »Er gehört Dylan …«, hob sie an.
    »Dylan?«
    Lily hatte vollkommen vergessen, dass Dylan durch Cordays
Vermittlung zu ihnen gekommen war. Und dass Duncan Corday und Dylan sogar
entfernt miteinander verwandt waren. Für sie hatte der junge Mann mit dem
sonnigen Gemüt überhaupt nichts mit diesem vermeintlich bärbeißigen Herrn
mittleren Alters zu tun.
    Sie nickte. Gott, war ihr das peinlich.
    »Und wie klappt es mit Dylan?«
    »Ach, er ist ein Geschenk des Himmels«, antwortete sie aus tiefster
Seele. »Ich weiß gar nicht, wie wir vorher ohne ihn zurechtgekommen sind. Das
heißt … wir sind überhaupt nicht zurechtgekommen, also vielen, vielen Dank noch
mal …« Sie brach ab, als ihr peinlich bewusst wurde, dass sie bisher nie darauf
gekommen war, sich mal bei ihm für seine Hilfe zu bedanken.
    Sie war so darauf fixiert gewesen, ihm die Schuld an allen möglichen
Entwicklungen zu geben, dass in ihren Augen alles, was er für sie tat, quasi
das Mindeste gewesen war. Sie hatte unterstellt, dass seine Hilfsbereitschaft
lediglich ein Ausdruck seines schlechten Gewissens war und er darum kein
besonderes Lob oder gar Dank verdiente. Wenn sie jetzt aber endlich mit den
Schuldzuweisungen aufhörte und nüchtern darüber nachdachte, ging

Weitere Kostenlose Bücher