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Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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haben.«
    »Ja, genau.«
    Sie sahen einander an, dann nickte sie und ließ den Blick Richtung
Dorf wandern.
    »Na ja, ich muss dann mal weiter, ich muss etwas besorgen.«
    »Ich auch«, log er. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie
begleite?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Nein, wieso sollte ich?«
    Er wusste nicht recht, warum er sie begleiten wollte, und genauso
wenig wusste er, warum er sich eigentlich so für sie interessierte. Sie hatte
irgendetwas an sich, so viel wusste er, etwas … Er kam noch nicht drauf, aber
es faszinierte ihn. Es war ihr Blick, der ihm gefiel. Wie sie ihn ansah. Oder
vielmehr, wie sie ihn nicht ansah.
    Er war nicht eitel, aber er wusste sehr wohl, dass die meisten
Frauen ihn attraktiv fanden, und die meisten ließen sich so von seinem Aussehen
ablenken, dass quasi kein vernünftiges Gespräch mehr möglich war. Entweder
gerieten sie ins Stottern, oder sie flirteten ganz offensiv. Das konnte hin und
wieder ganz nett sein, aber im Prinzip hatte er – dafür hatte seine Mutter
gesorgt – großen Respekt vor den Frauen, er mochte diese wundersamen Wesen
wirklich, und manchmal wollte er sich einfach nur gut mit ihnen unterhalten.
    Lily, so schien es, übersah vollkommen, dass er ein attraktiver Mann
war. In ihren Augen war er einfach nur ein Mensch, und das gefiel ihm.
    »Wo haben Sie denn heute Ihren Hund gelassen?«
    »Ach, das ist gar nicht meiner, der gehört« – Lily stockte und
überlegte, welche Bezeichnung für Dylan wohl angemessen war und am wenigsten
erklärungsbedürftig – »einem Freund«, sagte sie schließlich etwas lahm.
    Zu ihrer Erleichterung fragte er nicht weiter nach.
    »Sind Sie oft hier?«, erkundigte sie sich, und er freute sich über
ihre Redseligkeit.
    »So oft es geht. Die Gegend hier hat irgendetwas an sich, was mich
früher oder später immer wieder magisch anzieht.«
    »Und wie lange sind Sie dieses Mal hier?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Weiß ich noch nicht genau.«
    »Abi hat mir erzählt, dass Sie viele Fernreisen unternehmen.«
    Er lächelte.
    Witzig, wie gewählt sie sich ausdrückte.
    »Ich unternehme viele Fernreisen«, wiederholte er und staunte, als
sie sofort begriff, was er meinte, und anfing zu lachen.
    »Klingt doch besser als ›Sie kommen ganz schön rum‹, oder?«
    Jetzt war er es, der lachte.
    Während Lily Brot, Milch, Eier und etwas von dem dicken
Hinterschinken zusammensuchte, von dem sie wusste, dass Liam und Dylan ihn so
gern mochten, stöberte er in den Zeitschriften und informierte sich darüber,
was seine Kollegen und Konkurrenten so trieben. Als sie sich auf die Kasse
zubewegte, entschloss er sich, eine wahllos gegriffene Illustrierte und eine
große Tafel Schokolade für Abi zu kaufen.
    Lily machte große Augen, als sie das Heft in seiner Hand sah.
    »Ist da was von Ihnen drin?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nicht in dieser Ausgabe.«
    »Es war aber schon mal was von Ihnen drin?«
    Er nickte.
    »Schon öfter?«
    Wieder nickte er und lächelte bescheiden.
    »Ich bin beeindruckt.«
    »Ach was.«
    Sie drehte sich um, und er folgte ihr aus dem Laden. Sie blieben
kurz blinzelnd stehen, bis ihre Augen sich an das helle Tageslicht gewöhnt
hatten. Seufzend sog Nathan die frische Meeresluft ein, die Erinnerungen an
eine glückliche Kindheit in ihm weckten.
    »Leben Sie gerne hier?«, fragte er sie, als sie wieder den Wanderweg
ansteuerten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es jemandem hier nicht
gefallen könnte.
    Er sah ihr an, dass sie sich irgendwie verpflichtet fühlte, ja zu
sagen, in Wirklichkeit aber lieber etwas ganz anderes antworten wollte.
    »Mir können Sie es ruhig sagen. Wir werden Sie nicht von hier
verbannen, bloß weil Sie zugeben, dass es Ihnen hier nicht gefällt.«
    »Es geht so.«
    »Sie meinen, das hier geht so?«
    Er machte eine ausladende Armbewegung zum Horizont, wo sich der
eisblaue Himmel mit den zarten grauen Wolken über das aufgewühlte Meer wölbte.
    »Nein, das ist spektakulär. Aber ich rede nicht nur von der Landschaft.«
    Und da verstand er.
    »Nur weil man eine gute Aussicht hat, muss man sich in einem leeren
Zimmer noch lange nicht wohlfühlen, richtig?«
    Sie antwortete mit dem wehmütigsten Lächeln, das er je gesehen
hatte. Doch dann war es, als schlösse sich eine Tür, und sie legten den Rest
des Weges schweigend zurück.
    Als sie Rose Cottage erreichten, setzte Lily ein förmliches Lächeln
auf und sagte nur noch knapp: »So, da wäre ich«, bevor sie das

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