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Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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war, purzelten ihr auch jetzt ganz einfach die Worte aus dem Mund, die der
Anstand gebot.
    »Möchten Sie auf ihn warten?«
    »Gerne.«
    Duncan Corday folgte Lily in die Küche, wo er seine schwere
Barbourjacke über einen Stuhl hängte. Dabei fiel ihm das Handy aus der Tasche,
und Lily ging in die Knie, um es aufzuheben.
    Durch den Aufprall war das Display aktiviert worden, es zeigte ein
Foto als Hintergrund. Eine junge Frau mit langen blonden Haaren und einem
strahlenden Lächeln. Ihre Gesichtszüge ähnelten denen Duncan Cordays, waren
aber etwas weicher und feiner.
    »Das ist meine Tochter Isabella«, erklärte er.
    »Sie ist wunderschön.«
    »Ja, nicht?« Er nickte und betrachtete das Bild. »Und intelligent
noch dazu. Sie hat in Cambridge Kunstgeschichte studiert.«
    Irgendwie kam Lily die Frau bekannt vor.
    »Kunstgeschichte?«, fragte Lily, als sie ihm das Handy reichte.
    Vielleicht waren sie sich schon einmal irgendwo begegnet.
    »Hat mit Bestnote abgeschlossen«, erzählte er. »Sie arbeitet jetzt
in einem privaten Museum in Paris.«
    »Wie alt ist sie denn?«
    »Siebenundzwanzig. Lebt jetzt seit sechs Jahren in Paris und ist
immer noch restlos begeistert. Spricht inzwischen fließend Französisch. Ich
weiß nicht, wie wir sie zurück nach England locken sollen.«
    »Kann ich verstehen. Liam und ich kennen Paris recht gut.« Lily
lächelte bei der Erinnerung an die alten Zeiten. »Da haben wir uns nämlich
seinerzeit kennengelernt, und darum fahren wir oft zu unseren Jahrestagen
wieder hin … Sie wissen schon.«
    »Ja, richtig, das hat Liam Isabella auch schon erzählt.«
    Lily runzelte die Stirn.
    »Die beiden kennen sich?«
    Corday nickte.
    »Letztes Jahr, bevor Sie hierhergezogen sind. Isabella hatte sich
eine längere Pause gegönnt, um zu Hause Zeit mit ihrer Mutter zu verbringen.
Sie hatte in den letzten Jahren einfach so viel um die Ohren … Zum ersten Mal
seit ihrem Umzug nach Paris haben wir Weihnachten zusammen gefeiert …« Während
er so von seiner Tochter sprach, entspannten sich seine harten Gesichtszüge
etwas, und er wirkte viel menschlicher und weniger skrupellos.
    Reefer, der vor dem Kamin lag und sich von der Türklingel nicht
weiter hatte stören lassen, öffnete nun, da er eine fremde Stimme in der Küche
hörte, immerhin das eine Auge. Nach einer kurzen Beobachtungszeit erhob er
sich, streckte sich ausgiebig, trottete zu Duncan Corday und stupste dessen
Hand mit der Schnauze an.
    Das Gespräch verstummte, doch Corday machte noch immer keine
Anstalten, zu gehen. Dass Reefer den ungebetenen Gast offenkundig akzeptierte,
beruhigte Lily, und sie besann sich darauf, nicht weiter zu überlegen, wie sie
den Mann schnellstmöglich loswerden könnte. Selbst in der Einöde galten gute
Manieren ja etwas.
    »Möchten Sie etwas trinken?«
    »Ja, gerne.«
    Lily sah auf die Uhr. Sollte sie ihm jetzt Kaffee oder etwas
Stärkeres anbieten? Er kam ihr zuvor, indem er sagte: »Eine Tasse Tee könnte
ich jetzt gut vertragen.«
    Tee? Sie war überrascht.
    Tee kam ihr für einen Mann wie Corday irgendwie zu … zivilisiert
vor.
    Sie hätte erwartet, dass er einen Kaffee trinken wollte oder sogar
einen Whisky mit Eis.
    »Haben Sie bestimmte Vorlieben?«
    »Was Tee angeht? Was haben Sie denn anzubieten?«
    »Ceylon, Earl Grey,
Assam Lady Grey, English Breakfast … Um nur ein paar zu nennen. Ich habe
einen kleinen Tee-Tick …« Sie öffnete den Küchenschrank und zeigte auf die
vielen verschiedenen Schachteln und Dosen.
    »Na, da haben wir ja was gemeinsam.« Er musste lachen, als er ihr
Gesicht sah. »Ja, ich bin nun mal in Indien geboren und aufgewachsen, bis ich
dreizehn war. Daher auch mein dunkler Teint. Auch wenn viele etwas anderes
behaupten, er ist das Ergebnis einer unter der Sonne von Orissa verbrachten Kindheit.«
    Er freute sich, sie lachen zu sehen.
    Und sie ertappte sich dabei, dass dieses Lachen auf seine Kosten
ging.
    »Ich hätte gerne einen Darjeeling.« Er streckte sich über sie hinweg
und holte die Schachtel aus dem Schrank.
    Sie konnte sein Aftershave riechen, so nah war er ihr. Der Duft war
irgendwie berauschend, aber auch sauber und frisch. Dazu mischte sich ein Hauch
von Lanolingeruch, der in seinem Lammwollpullover hing.
    Er roch gut.
    Auch das überraschte sie. Aber was in aller Welt hatte sie denn auch
erwartet? Dass er nach Höllenfeuer und Schwefel roch?
    Sie rief sich in Erinnerung, dass sie diesen Mann doch eigentlich
gar nicht kannte. Und während sie Wasser aufsetzte,

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