Das Rosenhaus
lag an den Umständen, Lily, dessen bin ich mir ganz
sicher. Mehr war das nicht.«
Sie sah zum Fenster hinaus. Die beiden standen ganz dicht
beieinander.
»Am besten tun Sie es Ihnen nach und vergessen, dass es je passiert
ist …«
Isabella legte die Hand auf Liams.
Eine ganz schlichte Geste, aber doch so intim, dass Lily das Gefühl
hatte, diese Hand würde sich um ihr Herz legen und zudrücken.
»Ach, Liam …«, wisperte sie unhörbar. Ihr Atem ließ die Scheibe
beschlagen. Als sie den Anblick nicht länger ertrug, wandte sie sich ab. »Sieht
wirklich so aus, als hätten sie vergessen, was passiert ist …«, murmelte sie
gefährlich tonlos.
Corday sah sie mitfühlend an.
»Es hatte nichts zu bedeuten, Lily, das hat Liam Ihnen ja sicher
schon klargemacht, sonst wären Sie ja nicht hier, stimmt’s? Und das da« – er
zeigte aus dem Fenster – »ist auch nichts. Bella muss jetzt vor allem
sichergehen, dass ihr Mann nichts davon erfährt. Er ist heute auch hier, und er
ist ein sehr stolzer Mann und könnte äußerst ungehalten reagieren …«
»Wogegen ich einfach so tun soll, als sei gar nichts passiert …«
»Lily, Sie sind doch eine kluge Frau. Sie wissen, dass eine gute Ehe
nicht an einem einzigen dummen Fehler scheitert …«
»Nein, aber vielleicht an einer ganzen Reihe von Demütigungen«,
murmelte Lily.
»Es hatte nichts zu bedeuten, Lily. Nichts.« Er betonte das so sehr,
als wolle er andeuten, sie sei dumm und unvernünftig, wenn sie ihm das nicht
glaubte.
»In Ihren Augen bedeutet es vielleicht nichts, wenn man jemanden
betrügt, der einen liebt und einem vertraut, Mister Corday, aber ich sehe das
leider etwas anders …«
»Wenn das so ist, können Sie jederzeit …« Er verstummte, sah sie an,
als würde er etwas überlegen, und erregte wie beabsichtigt mit den
unausgesprochenen Worten ihre Aufmerksamkeit.
»Was kann ich jederzeit?«
»Na ja, Rache ist ja bekanntlich herrlich süß.«
»Rache?«
»Wenn Sie etwas gegen das Wort haben, nennen Sie es von mir aus
Revanche, Genugtuung, Wiedergutmachung …«
Er überrumpelte sie vollkommen, als er sie plötzlich fest an sich
zog und ihr sein Duft nach teurem Aftershave und Whisky in die Nase stieg. Sie
war so perplex, dass sie sich nicht gegen seine Lippen auf ihren wehrte, bis
kreischendes Gelächter vom Fuß der Treppe sie wieder zur Besinnung brachte.
Sie versuchte, sich von ihm wegzudrücken, doch er umschloss sie nur
noch fester mit beiden Armen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als den Kopf
abzuwenden.
»Nein …«
Er trat einen winzigen Schritt zurück, ohne sie loszulassen.
»Ich weiß, dass du das nicht so meinst, Lily … Es hat doch von
Anfang an zwischen uns geknistert …«
Zu ihrer beider Erstaunen fing Lily laut an zu lachen.
»Zwischen uns hat es geknistert? Zwischen uns hat es höchstens
gedampft, und zwar aus der Teekanne!«
Doch es waren nicht so sehr ihre Worte, sondern ihr Gelächter, das
seinen Liebeseifer ersterben ließ. Er ließ sie los und machte ein ziemlich
beleidigtes Gesicht. Er selbst war sich offenbar keines Vergehens bewusst.
»Verstehe. Wenn das so ist … Na ja … dann habe ich da wohl was
falsch interpretiert …«
Lily schnaubte höhnisch.
»Und ich möchte Sie bitten, dass dieses kleine … Missverständnis …
unter uns bleibt«, schob er steif hinterher.
»Dieses Missverständnis …«, wiederholte sie ungläubig und hörte
genauso unvermittelt auf zu lachen, wie sie damit angefangen hatte. »Ach, da
machen Sie sich mal keine Gedanken. Sie sind wirklich meine geringste Sorge.
Ihnen kann ich ja jederzeit aus dem Weg gehen.« Was sie, wie um ihre Worte zu
unterstreichen, gleich mit zwei Rückwärtsschritten demonstrierte. »Ihnen und
Ihrer unerträglichen Arroganz. Nein, mein Problem sind die Dinge, denen ich
nicht aus dem Weg gehen kann, denen ich mich stellen muss …«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und verschwand.
Doch ihr erster Impuls war nicht, Liam mit dem zu
konfrontieren, was sie gesehen und erfahren hatte.
Ihr erster Impuls war, sich in die sicheren, freundschaftlichen Arme
von Peter zu begeben.
Als sie den Garten erreichte, war das Feuerwerk an seinem
spektakulären Höhepunkt angelangt.
Im flackernden Licht der zahllosen Raketen entdeckte sie ihren
Freund.
Er hatte die Arme um Wendy gelegt und küsste sie immer wieder so
unendlich zärtlich. Zwischen den Küssen raunte er ihr etwas zu, und Wendy
lachte und sah ihn liebevoll an. Ab und zu rissen sie
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