Das Rosenhaus
jeden vom Platz fegte, der es
wagte, gegen uns anzutreten.«
»Na ja, er ist ja schon immer ein guter Spieler gewesen, aber im
Moment ist er wahrscheinlich wirklich unschlagbar.«
Peter bemerkte den Anflug von Verbitterung in Lilys Worten.
»Ein guter Spieler? Heute hat er so gut gespielt, dass mich
tatsächlich jemand gefragt hat, ob er Andre Agassi sei. Da habe ich laut
gelacht und gesagt, Liam hat ja wohl doppelt so viele Haare und eine bedeutend
schönere Frau.«
Es freute Peter, dass er Lily damit ein Lächeln entlockte.
»Das Finale fängt gleich an, Lily. Ich habe dir ganz vorne einen
Platz reserviert, musst nur nach meinem Glückspulli gucken. Im Sitzen
beobachtet sich die Schlacht sicher angenehmer.«
Peter zeigte zu den Klappstühlen hinüber. Lily sah zu Liam. Sie
wollte eigentlich nicht weggehen, ohne das in irgendeiner Form kommuniziert zu
haben, aber er war immer noch in sein Gespräch vertieft. Also ging sie zur
anderen Seite des Tennisplatzes und mischte sich unter die vielen unbekannten
Gesichter. Sie lächelte höflich zurück, wenn sie angelächelt wurde, erwiderte
freundliches Nicken von Leuten, die sie irgendwo vorher schon einmal kurz
gesehen hatte, und nahm ein Glas Sekt von jemandem an, der sie mit Namen
begrüßte. Sie hatte keine Ahnung, wer dieser Mensch war, also lächelte sie betreten
und log, wie sehr sie sich freute, ihn wiederzusehen.
Ihr Name machte im Flüsterton die Runde wie ein Lauffeuer, und eine
Frau nach der anderen beäugte sie mit unverhohlener Neugier.
Lily war sich ganz sicher, zu wissen, was sie alle dachten.
Das war also die Frau von diesem wunderbaren Liam.
Die Frau, die versteckt am Ende der Welt lebte.
Sie entdeckte Peters Pullover sofort, setzte sich und drückte ihn
fest an sich. Sie wünschte sich, dass er nicht einfach nur Glück bringen würde,
sondern magische Kräfte hätte und sie verschwinden ließe, weit weg von den
inquisitorischen Blicken und geflüsterten Kommentaren, die sich – da war sie
sich sicher – alle auf sie bezogen.
Dann knackte es in einem Lautsprecher, und es wurde verkündet, dass
nunmehr das Finale des Corday-Tennisturniers beginne.
Das Publikum wurde mucksmäuschenstill und beobachtete gebannt, wie
die vier Männer sich auf dem Spielfeld aufstellten.
Außer dem etwas übergewichtigen Peter waren alle ziemlich athletisch
gebaut. Seine Körperfülle störte ihn aber nicht weiter, Lily kannte ihn nicht
anders als gut gelaunt und immer zu Scherzen aufgelegt. Die beiden Gegner, der
blonde, gut aussehende Christian Corday und sein Partner, ein älterer Mann mit
zurückgegeltem grauem Haar, waren eine Augenweide – und doch hefteten sich die
meisten Blicke inklusive Lilys auf Liam.
Er war schon immer ein begehrenswerter Mann gewesen.
Auf dem Tennisplatz war er in seinem Element. Kontrolliert und
selbstsicher schmetterte er selbst die schwierigsten Bälle mit kraftvoller
Leichtigkeit zurück.
Der weibliche Teil des Publikums beobachtete ihn mit Begeisterung.
Die Bewunderung stand ihnen ins Gesicht geschrieben, als er einen akkuraten
Schlag nach dem anderen ausführte, und einige sannen sicher darüber nach, wie
sich diese gestählten Muskeln wohl abseits des Tennisplatzes bei einem weit
intimeren Spiel machen würden.
Im Gegensatz zu Liam hüpfte Peter an der Grundlinie herum wie ein
außer Kontrolle geratener Pingpongball. Sein rundes Gesicht war puterrot vor
Anstrengung, der Schweiß lief ihm herunter und tropfte schon bald auf seine
weiße Kleidung. Dennoch sah es ganz so aus, als würden Liams und Peters
grundverschiedene Spielweisen sich gut ergänzen, jedenfalls gewannen sie die
ersten beiden Sätze ohne größere Mühen. Im dritten allerdings ging der Vorteil
ganz schnell an ihre Gegner. Nach zwanzig Minuten stand es 2 : 2, und Lily
staunte, als Liam zum wiederholten Mal einen einfachen Ball, den er
normalerweise selbst angenommen hätte, Peter überließ, der ihn nicht erreichte.
Einen Ball, den er noch im ersten Satz mit einer solchen Wucht ins gegnerische
Feld zurückgeschmettert hätte, dass die Gegner ihm ausgewichen wären.
Lily hatte den Eindruck, dass da plötzlich ein ganz anderes Spiel
gespielt wurde.
Sie kam schnell dahinter, dass Liam nicht deshalb nachgelassen
hatte, weil er müde war – so wie sie zuerst vermutet hatte. Nein, er hielt sich
absichtlich zurück. Nicht besonders auffällig, aber doch so, dass, wer ihn gut
kannte, es bemerken konnte. Schritt für Schritt ließ er das gegnerische
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