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Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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Verspätung. Sie redete sich ein, dass es ihr egal war und Liam ihr
Fehlen sicher noch nicht einmal bemerkt hatte. Dass er wie immer viel zu
beschäftigt war.
    Sie fuhr zu schnell, weil sie spät dran war, aber sie mochte das
Gefühl von draufgängerischem Übermut, das ihr der kleine Sportwagen
vermittelte, wenn sie ihn über die schmalen und kurvenreichen Straßen Cornwalls
jagte.
    Liam hatte ihr damit in den Ohren gelegen, den alten Wagen gegen ein
praktischeres Auto einzutauschen, aber Lily hatte sich geweigert. Sie bestand
darauf, dass das allein ihre Entscheidung war – schließlich hatte sie in allen
anderen Dingen quasi vor Liam kapituliert.
    Früher war ihre Ehe mal eine echte Partnerschaft gewesen.
    Das war, bevor eine andere Partnerschaft ihm plötzlich wichtiger
geworden war. Die Partnerschaft in Peters Firma.
    »Verdammter Peter«, schimpfte Lily laut und lächelte sogleich
reumütig.
    Lily gab Peter nicht die Schuld an der Abtrünnigkeit ihres Mannes.
    Sie liebte Peter, sie kannte ihn schon fast so lange wie Liam, und
er war ihr immer ein guter Freund gewesen. Und erst recht, seit sie nach
Cornwall gezogen waren. Er war wie eine erfrischende Sommerbrise in dieser von
stürmischen, salzigen Winden dominierten Gegend. Viel häufiger als Liam war er
es, der anrief, um ihr zu sagen, dass sie wieder einmal Überstunden machten,
oder einfach nur, um zu hören, wie es ihr ging, oder um mit ihr zu plaudern
oder sie zum Lachen zu bringen.
    Nein, der Mensch, der sich Liams Leben bemächtigt hatte, war Duncan
Corday. Laut Peter war er von Liam regelrecht entzückt. Das konnte Lily gut
verstehen, Liam war ein äußerst liebenswerter Mensch. Er sah gut aus, war
charmant, klug und witzig. Und er war selbstbewusst, ohne arrogant zu wirken,
indem er genau die richtige Portion Verletzlichkeit an den Tag legte.
    Corday schätzte Liam nicht nur als Architekt, sondern auch als
liebsten Neuzugang in seinem Herrenclub, in den es für Damen keinen Zutritt
gab.
    Auch heute würde sich alles nur um die Männer drehen. Hier hatten
sie Gelegenheit, ihr athletisches Können zur Schau zu stellen und einander mit
ihren gestählten Körpern und ihrer Sportlichkeit zu beeindrucken. Wie Affen,
die sich auf die Brust hämmerten und ihre blanken Hintern zeigten.
    Und weil sich die Männer laut Liam bereits zu einem kleinen Warm-up
zusammengefunden hatten, musste sie nun auf dieser beknackten Party alleine
auftauchen.
    Duncan Cordays Einfluss war so gigantisch, dass sich jetzt sogar
noch die Sonne blicken ließ, dachte Lily bitter, während sie die zahlreichen
Bäche überquerte, die in den Helford River flossen. Zwar waren die dunklen
Wolken noch nicht alle abgezogen, aber es zeichnete sich ganz deutlich ein
Streifen blauen Himmels ab. Die Wiesen waren vom vielen Regen nass und
sattgrün, und tatsächlich legten sich jetzt lange Sonnenstrahlen auf das
durchtränkte Land.
    Etwa zehn Kilometer südlich von Truro nahm Lily – wie von Liam
angewiesen – die Straße in Richtung Küste. Vier Kilometer weiter markierten
zwei große Steinsäulen die Einfahrt zu Treskerrow Manor.
    Lily bog ab und fuhr dann langsam die sich knapp zwei Kilometer
durch grünes Weideland schlängelnde, von uralten Linden gesäumte Straße
entlang. Lily konnte nicht anders, sie war beeindruckt. Treskerrow war
atemberaubend schön. Die Gärten waren picobello, das Haus imposant. Wandte man
den Blick nach links, sah man in weniger als zwei Kilometern Entfernung das
Meer – heute ausnahmsweise mal ruhig, jadegrün und nur dort mit weißen Krönchen
versehen, wo es gegen Felsen brandete.
    Auf dem Kieswendeplatz vor dem Haus standen die Autos bereits
Stoßstange an Stoßstange. Ganz hinten rechts, im zarten Schatten einer alten
Linde, entdeckte Lily Liams dunkelblauen Range Rover, den er zur Feier des
Tages offenbar endlich mal vom Schlamm befreit hatte.
    Sie konnte die Gästeschar hören, bevor sie irgendjemanden zu Gesicht
bekam.
    Die Stimmen wurden von der feuchten Luft zu ihr herübergetragen.
    Sie verließ den Kiesweg und folgte den Stimmen zögerlich über den
noch nassen Rasen durch einen Torbogen in der Hecke. Die Sonne hatte noch nicht
genügend Kraft, um das Gras zu trocknen, aber sie hatte die Luft schon so weit
erwärmt, dass es Lily in ihrem dicken Mantel und dem Wollkleid fast ein
bisschen zu warm wurde. Oder lag es gar nicht an der Sonne, dass sie plötzlich
so ins Schwitzen geriet?
    Hinter dem Torbogen lag ein Kräutergarten, und jenseits

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