Das Rosenhaus
des
Kräutergartens, nachdem sie einen weiteren Torbogen durchschritten hatte,
befand sie sich auf einem Kiesweg, der an einem weitläufigen Rasen mit Zedern
vorbeiführte. Hier entdeckte sie zwei Hartplätze. Der eine war für das Spiel
vorbereitet, auf dem anderen waren die Netze entfernt und reihenweise
Metallklappstühle aufgebaut worden, auf denen schon jede Menge Gäste Platz
genommen hatten. Andere standen noch in kleinen Gruppen herum und unterhielten
sich.
Junge Frauen in sorgfältig gestärkten und gebügelten weißen Blusen,
schwarzen Westen und kurzen Röcken bewegten sich frierend zwischen den
plaudernden und lachenden Menschen umher und balancierten Tabletts voller
Sektkelche.
Jenseits der Stühle, am anderen Ende des Platzes, war ein langer
Tisch aufgebaut, auf dem unzählige dieser Sektgläser säuberlich aufgereiht
standen. Die weiße Leinentischdecke flatterte im Wind. Um diesen Tisch herum
standen noch mehr Leute.
Männer in durchgeschwitztem Tennisdress hatten sich den Zuschauern
gegenüber hingesetzt und packten nun ihre Schläger in verdächtig neue
Lederhüllen, trockneten sich mit Handtüchern das Gesicht ab und tranken – von
der körperlichen Aktivität durstig geworden – viel zu schnell viel zu viel
Sekt. Einige von ihnen lachten, andere rangen sich das gequälte Lächeln eines
schlechten Verlierers ab.
Liam und Peter standen am Rand des Platzes. Liam lehnte sich gegen
den Maschendrahtzaun und fuhr sich mit der Hand durch das kurze braune Haar,
das in letzter Zeit immer mehr silberne Strähnen aufwies. Peter redete lebhaft
gestikulierend auf ihn ein – er deutete Aufschläge und Volleys an, runzelte die
Stirn und lachte, sodass Lily klar war, dass er über eine bereits gespielte
Partie redete.
Sie winkte so unauffällig wie möglich, um bloß keine Aufmerksamkeit
auf sich und ihr spätes Erscheinen zu lenken. Ganz offensichtlich hatte sie ja
bereits den Großteil des Turniers verpasst. Peter lächelte breit und winkte
zurück, wogegen Liam zunächst einen Blick auf die Uhr warf, bevor er ihr
zaghaftes Lächeln mit einem Stirnrunzeln und einem knappen Heranwinken
quittierte.
Trotz seiner offenkundigen Verärgerung freute Lily sich plötzlich
unbändig, ihn zu sehen.
Er sah einfach umwerfend aus in seinem Tennisoutfit, das seinen
muskulösen Körper zur Geltung brachte, und auch seinen Oliventeint, den er von
seiner italienischen Großmutter geerbt hatte.
Als Lily die beiden erreichte, gab sie Liam einen Kuss, den er zwar
entgegennahm, aber nicht erwiderte. Stattdessen warf er einen weiteren Blick
auf die Uhr.
»Wieso kommst du so spät?«, wollte er wissen, doch Lily hatte kaum
Luft geholt, um eine Entschuldigung vorzubringen, da wandte er sich auch schon
ab, weil ein junger, blonder Mann in Weiß, der aus dem Haus kam und auf den
Tennisplatz zusteuerte, seine Aufmerksamkeit erregte. Binnen
Sekundenbruchteilen war Liams Stirnrunzeln einem Lächeln gewichen.
»Christian, wie geht es dir …?«
Liam schritt mit ausgestreckter Hand auf den Mann zu.
Lily sah ihm sprachlos nach und biss sich so fest auf die
Unterlippe, dass es wehtat.
Peter, der intensiv damit beschäftigt gewesen war, seine
augenscheinlich nagelneuen Tennisschuhe neu zu binden, richtete sich auf,
lächelte sie herzlich an, legte die Hände auf ihre Schultern und küsste sie auf
den Mund.
»Hallo, schöne Frau.« Er grinste. »Kümmere dich nicht um Liam. Er
verbündet sich gerade mit dem Feind.«
Er lachte und nickte in Richtung der beiden Männer. »Das ist
Christian Corday, Duncans ältester Sohn und die Hälfte des Teams, gegen das wir
im Finale spielen. Liam will schon seit Tagen mit ihm über den Zeitplan des
Bauprojekts sprechen, aber der Junge taucht irgendwie nie bei der Arbeit auf …
wohl einer der Vorteile, wenn man der Sohn des Chefs ist …«
»Ihr steht im Finale?« Lily beobachtete Liam, der mit äußerst
konzentrierter Miene mit dem jungen Mann sprach, und fragte sich, wann er sie
zum letzten Mal mit dieser Intensität angesehen hatte.
»Natürlich. Haben wir allerdings ausschließlich deiner besseren
Hälfte zu verdanken. Ich bin nur Statist im hinteren Spielfeld und fange die
Bälle, die ins Aus gehen, mit meinen breiten Schultern ab, während er unsere
Gegner mit seinen gnadenlosen Volleys in die Knie zwingt …«
Peter schwang zur Illustration den Arm durch die Luft.
»Es war sehr vernünftig von dir, erst so spät zu kommen, Lily. Es
war wirklich kein schöner Anblick, wie Liam
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