Das Rosie-Projekt
sexuellen Attraktivität ausgewählt und seine eigenen Vorlieben dabei auf mich übertragen.
Rosie kam wieder in die Wohnung und sah mich an, als erwarte sie eine Antwort. »Fisch und Meeresfrüchte sind in Ordnung«, sagte sie, »solange sie nachhaltig produziert wurden.«
Ich hatte gemischte Gefühle. Es ist immer befriedigend, die Lösung zu einem Problem zu finden, aber nun würde Rosie zum Essen bleiben. Ich ging ins Badezimmer, Rosie folgte. In der Badewanne krabbelte der Hummer, den ich nun herausnahm.
»Ach, du Scheiße«, sagte Rosie.
»Mögen Sie keinen Hummer?« Ich trug das Tier in die Küche.
»Ich liebe Hummer, aber …«
Das Problem lag auf der Hand, und ich konnte es verstehen.
»Sie finden das Töten unangenehm. Ich stimme zu.«
Ich legte den Hummer in den Gefrierschrank und erklärte Rosie, ich hätte diverse Hummer-Exekutions-Methoden recherchiert und die Gefrierschrank-Methode gelte als die humanste. Ich zitierte die entsprechende Webseite als Beleg.
Während der Hummer starb, setzte Rosie ihre Schnüffelei fort. Sie öffnete die Speisekammer und schien beeindruckt von meiner systematischen Ordnung: ein Regal pro Wochentag plus jeweils Lagerraum für Grundnahrungsmittel, Alkohol, Frühstück etc. einschließlich einer Liste mit Lagerbestandsdaten an der Türinnenseite.
»Wollen Sie mal zu mir kommen und alles ordnen?«
»Möchten Sie denn das Standardmahlzeitenmodell übernehmen?« Trotz seiner beachtlichen Vorteile finden es die meisten Menschen seltsam.
»Ach, den Kühlschrank saubermachen würde schon reichen«, erwiderte sie. »Ich schätze mal, Sie wollen die Zutaten für Dienstag.«
Ich informierte sie, dass – da heute Dienstag war – kein Schätzen vonnöten sei.
Sie reichte mir die Nori-Algenblätter und Bonitoflocken. Ich verlangte außerdem Macadamiaöl, Meersalz und die Pfeffermühle aus dem Bereich der Grundnahrungsmittel.
»Chinesischer Reiswein«, fügte ich hinzu. »Abgestellt unter Alkohol.«
»Natürlich«, sagte Rosie.
Sie gab mir den Wein und studierte die Alkoholabteilung. Ich kaufe meinen Wein in Halbliterflaschen.
»Dann kochen Sie also jeden Dienstag dasselbe, richtig?«
»Korrekt.« Ich zählte die acht wichtigsten Vorteile des Standardmahlzeitenmodells auf.
Keine Anhäufung von Kochbüchern
Standardisierte Einkaufsliste – daher sehr effizientes Einkaufen
Fast keine Reste – es befindet sich nichts in Kühlschrank oder Speisekammer, das nicht für eines der Rezepte benötigt wird
Die Ernährungsweise ist durchstrukturiert und nährwerttechnisch ausgewogen
Keine Zeitverschwendung durch Herumrätseln, was man kochen soll
Keine Fehler, keine unangenehmen Überraschungen
Ausgezeichnetes Essen, das zu einem günstigeren Preis (siehe Punkt 3 ) besser ist als das der meisten Restaurants
Minimale kognitive Leistung erforderlich
»Kognitive Leistung?«
»Der gesamte Kochvorgang ist in meinem Kleinhirn abgespeichert – daher ist keine bewusste Anstrengung nötig.«
»Wie beim Fahrradfahren.«
»Korrekt.«
»Sie können Hummer mit … was auch immer kochen, ohne nachzudenken?«
»Hummer-Mango-Avocado-Salat mit Fliegenfischkaviar in Wasabi, kross geröstetem Seegras und frittierter Lauchgarnierung. Korrekt. Mein derzeit neues Projekt ist das Ausbeinen von Wachteln. Dazu benötige ich noch bewusste Anstrengung.«
Rosie lachte. Das brachte Erinnerungen an meine Schulzeit zurück. Gute.
Während ich weitere Zutaten für das Dressing aus dem Kühlschrank nahm, schob sich Rosie mit zwei Flaschen Chablis an mir vorbei und legte sie zum Hummer ins Gefrierfach.
»Unser Abendessen bewegt sich nicht mehr.«
»Um sicherzugehen, dass der Tod tatsächlich eingetreten ist, sollten wir noch etwas warten«, erwiderte ich. »Leider hat der Jackett-Zwischenfall den Zeitplan für die Zubereitung durcheinandergebracht. Alle Zeiten müssen neu berechnet werden.« In diesem Moment ging mir auf, dass ich den Hummer sofort bei unserer Ankunft ins Gefrierfach hätte legen müssen, aber mein Gehirn war durch die Probleme überlastet gewesen, die Rosies Anwesenheit mit sich brachte. Ich ging zum Whiteboard und fing an, die korrigierten Zubereitungszeiten aufzuschreiben. Rosie begutachtete die Zutaten.
»Sie wollten das alles ganz allein aufessen?«
Seit Daphnes Auszug hatte ich das Standardmahlzeitmodell nicht mehr überarbeitet und aß den Hummersalat dienstags nun allein. Um die zusätzliche Kalorienzufuhr auszugleichen, ließ ich den Wein weg.
»Die Menge reicht
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