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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graeme Simsion
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für zwei Personen«, antwortete ich. »Das Rezept kann nicht auf eine Person heruntergerechnet werden. Es ist nicht möglich, einen halben lebenden Hummer zu kaufen.« Der letzte Teil war als kleiner Scherz gedacht, und Rosie reagierte darauf und lachte. Erneut überkam mich ein unerwartetes Glücksgefühl, während ich mit der Zeitneuberechnung fortfuhr.
    Rosie unterbrach mich nochmals. »Mit Ihrem normalen Zeitplan – wie spät wäre es da jetzt?«
    » 18 : 38  Uhr.«
    Die Uhr am Herd zeigte 21 : 09 . Rosie fand die entsprechenden Knöpfe und fing an, die Zeit neu einzustellen. Ich erkannte, was sie vorhatte. Eine perfekte Lösung. Als sie fertig war, stand die Uhr auf 18 : 38 . Eine Neuberechnung war nicht mehr nötig. Ich gratulierte ihr zu ihrem Scharfsinn. »Sie haben eine neue Zeitzone erschaffen. Das Essen wird um 19 : 55  Uhr serviert – nach Rosie-Zeit.«
    »Besser, als alles neu auszurechnen«, meinte sie.
    Diese Bemerkung gab mir Gelegenheit zu einer weiteren Ehefrau-Frage. »Haben Sie Schwierigkeiten mit Mathematik?«
    Sie lachte. »Das ist das einzig Schlimme an meiner Arbeit. Kopfrechnen macht mich wahnsinnig.«
    Wenn die einfache Arithmetik von Bar- und Restaurantrechnungen zu hoch für sie war, konnte ich mir schwer vorstellen, wie wir sinnvolle Unterhaltungen führen sollten.
    »Wo haben Sie den Korkenzieher versteckt?«, wollte sie wissen.
    »Wein ist für Dienstage nicht vorgesehen.«
    »Scheiß drauf«, sagte Rosie.
    Ihre Antwort entbehrte nicht einer gewissen Logik, denn ich würde heute wieder nur eine Portion des Abendessens zu mir nehmen. Dies war der letzte Schritt, um den Zeitplan des Abends ganz und gar über den Haufen zu werfen.
    Ich verkündete die Änderung. »Die Zeit wurde neu definiert. Vorherige Regeln sind außer Kraft gesetzt. Für die Rosie-Zeitzone erkläre ich Alkohol hiermit als verpflichtend.«

8
    Während ich das Essen zubereitete, deckte Rosie den Tisch – nicht den normalen Esstisch im Wohnzimmer, sondern einen provisorischen Tisch auf dem Balkon, bestehend aus dem Whiteboard von der Küchenwand und den zwei großen Blumentöpfen, aus denen sie die toten Pflanzen entfernt hatte. Als Tischtuch nahm sie ein weißes Laken aus dem Wäscheschrank und platzierte darauf die dekorativen Weingläser sowie Teile des Silberbestecks – ein Wohnungseinweihungsgeschenk meiner Eltern, das ich noch nie benutzt hatte. Sie zerstörte mein gesamtes Apartment!
    Es war mir nie eingefallen, auf dem Balkon zu essen. Als ich mit den Sachen nach draußen kam, hatten sich die Regenwolken verzogen, und ich schätzte die Temperatur auf zweiundzwanzig Grad.
    »Müssen wir sofort essen?«, fragte Rosie, was eine seltsame Frage war, da sie vor einigen Stunden behauptet hatte, am Verhungern zu sein.
    »Nein, es wird ja nicht kalt. Es ist schon kalt.« Mir war klar, dass das komisch klang. »Gibt es einen Grund für die Verzögerung?«
    »Die Lichter der Stadt. Der Ausblick ist phantastisch.«
    »Leider verändert er sich nicht. Wenn man ihn einmal registriert hat, gibt es keinen Grund, ihn wieder anzusehen. Wie bei Bildern.«
    »Aber er verändert sich ständig! Wie ist das am frühen Morgen? Oder wenn es regnet? Was, wenn man sich hier draußen einfach nur mal hinsetzen will?«
    Ich hatte keine Antwort parat, die ihr gefallen könnte. Den Ausblick hatte ich beim Kauf der Wohnung einmal begutachtet. Unter den verschiedenen Bedingungen veränderte er sich nicht großartig. Und die einzigen Gelegenheiten, zu denen ich mich »einfach nur mal hinsetzte«, ergaben sich, wenn ich bei einem Arzt auf einen Termin wartete oder über ein Problem nachdachte, wobei die Umgebung dann nur eine Ablenkung bedeuten würde.
    Ich stellte mich neben Rosie und füllte ihr Weinglas. Sie lächelte. Ich war fast sicher, dass sie Lippenstift trug.
    Ich versuche, standardisierte, wiederholbare Mahlzeiten zuzubereiten, aber natürlich variiert die Qualität der Zutaten von Woche zu Woche. Heute schienen sie von ungewöhnlich hoher Qualität zu sein. Noch nie hatte der Hummersalat so gut geschmeckt.
    Mir fiel die Grundregel ein, eine Frau zu bitten, von sich zu erzählen. Rosie hatte bereits angegeben, dass sie in der Bar mit schwierigen Gästen zurechtkommen müsse, also bat ich sie, dies näher zu erläutern. Das war ein exzellenter Schachzug. Sie hatte eine ganze Reihe lustiger Geschichten auf Lager, und ich merkte mir einige zwischenmenschliche Verhaltenstechniken für den möglichen späteren Gebrauch.
    Wir aßen den

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