Das Rosie-Projekt
loszulassen. Bei diesem Vorgang stach einer der beiden dem anderen ins Auge, und der Grad ihrer Verärgerung schwoll merklich an. Jackettmann fügte hinzu: »Er hat Jason angegriffen.«
»Ach«, erwiderte Rosie, »armer Jason. Immer das Opfer.« Jetzt erst konnte ich sie sehen. Sie trug ein schlichtes schwarzes Kleid, schwarze Stiefel mit dicken Sohlen und große Mengen Silberschmuck an den Armen. Ihr rotes Haar stand stachelig ab, wie eine neue Art von Kaktus. Für die Beschreibung von Frauen habe ich schon das Wort »atemberaubend« gehört, aber dies war das erste Mal, dass mir eine Frau tatsächlich den Atem raubte. Es lag nicht nur an ihrem Kleid oder dem Schmuck oder irgendeinem einzelnen Charakteristikum dieser Rosie: es war die Kombination, der Gesamteindruck. Ich war nicht sicher, ob ihr Aussehen im konventionellen Sinn als schön galt oder für das Restaurant akzeptabel war, das meine Jacke abgelehnt hatte. »Atemberaubend« war das richtige Wort. Und was sie tat, war ebenfalls verblüffend. Sie kramte ihr Handy hervor und hielt es in unsere Richtung. Es blitzte zweimal. Jackettmann machte Anstalten, es ihr wegzunehmen.
»Scheiße, denk nicht mal dran«, sagte Rosie. »Mit diesen Fotos kann ich so wunderbare Sachen anstellen, dass die Typen da nie wieder an einer Tür stehen werden.
Professor erteilt Rausschmeißern eine Lehre.
«
Während Rosie sprach, kam ein Mann mit Kochmütze dazu. Er sagte kurz etwas zu Jackettmann und Rosie, und unter der Bedingung, dass wir ohne weitere Belästigung gehen könnten, bat mich Rosie, meine Angreifer freizugeben. Wir standen alle auf, und um der Tradition zu entsprechen, verbeugte ich mich und streckte den beiden Männern meine Hand entgegen. Inzwischen war ich zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei ihnen um Sicherheitspersonal handelte. Sie hatten nur getan, wofür sie bezahlt wurden, und für die Ausübung ihrer Pflicht Verletzungen riskiert. Diese Form der Höflichkeit schienen sie nicht erwartet zu haben, aber dann lachte einer von ihnen und schüttelte mir die Hand, worauf der zweite seinem Beispiel folgte. Es war eine gute Lösung, doch essen wollte ich in diesem Restaurant nicht mehr.
Ich kettete mein Fahrrad los, und wir gingen hinaus auf die Straße. Ich rechnete damit, dass Rosie über diesen Zwischenfall böse wäre, doch sie schmunzelte nur. Ich erkundigte mich, woher sie Jackettmann kannte.
»Ich hab da mal gearbeitet.«
»Sie haben das Restaurant gewählt, weil Sie es kannten?«
»So könnte man es sagen. Ich wollte es ihnen heimzahlen.« Sie begann zu lachen. »Vielleicht nicht ganz so heftig, wie Sie es gerade geschafft haben.«
Ich sagte, ihre Lösung sei brillant gewesen.
»Ich arbeite in einer Bar«, erzählte sie nun. »Na ja, es ist nicht nur eine Bar … das
Marquess of Queensbury
. Ich werde dafür bezahlt, mit Idioten klarzukommen.«
Ich wies darauf hin, dass sie bei pünktlichem Erscheinen von ihren sozialen Fähigkeiten hätte Gebrauch machen und die Gewalt verhindern können.
»Dann bin ich froh, dass ich zu spät gekommen bin. Das war Judo, stimmt’s?«
»Aikido.« Während wir die Straße überquerten, wechselte ich das Fahrrad auf die andere Seite, zwischen Rosie und mich. »Ich beherrsche auch Karate, aber Aikido schien mir angemessener.«
»Ehrlich? Man braucht doch ewig, um so was zu lernen, oder?«
»Ich habe mit sieben angefangen.«
»Wie häufig trainieren Sie?«
»Dreimal pro Woche, mit Ausnahme von Krankheitszeiten, gesetzlichen Feiertagen und Auslandsreisen zu Fachkonferenzen.«
»Wie sind Sie darauf gekommen?«
Ich zeigte auf meine Brille.
»Rache der Nerds«, kommentierte sie.
»Dies ist das erste Mal seit meiner Schulzeit, dass ich es zur Selbstverteidigung einsetzen musste. Ich mache es vor allem wegen der Fitness.« Ich war nun ein wenig entspannter, und Rosie hatte mir Gelegenheit gegeben, eine Frage meines Ehefrauprojekt-Fragebogens einzuflechten. »Treiben Sie regelmäßig Sport?«
»Das hängt davon ab, was Sie regelmäßig nennen.« Sie lachte. »Ich bin der wohl unfitteste Mensch auf diesem Planeten.«
»Sport ist sehr wichtig für die Gesundheit.«
»Das sagt mein Vater auch immer. Er ist Fitnesstrainer und liegt mir damit ständig in den Ohren. Zum Geburtstag hat er mir eine Mitgliedschaft geschenkt, in seinem Studio. Er hat diese fixe Idee, dass wir irgendwann zusammen für den Triathlon trainieren.«
»Sie sollten seinen Rat befolgen.«
»Scheiße, ich bin fast dreißig. Ich muss mir von
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