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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graeme Simsion
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hatte, trug sicher zu meiner nächsten Entscheidung bei. Ein Kellner kam und sagte: »Im Innenhof ist gerade ein Tisch für zwei frei geworden. Möchten Sie bei uns essen?«
    Ich nickte. Ich würde die heutigen Einkäufe bis zum nächsten Samstag einfrieren und den daraus resultierenden Nährstoffverlust in Kauf nehmen müssen. Wiederum hatte mein Instinkt meine Logik außer Kraft gesetzt.
    Rosies Reaktion auf unsere Tischzuweisung schien positiv. Zweifellos hatte sie Hunger, aber es war beruhigend zu wissen, dass ich keinen Fehler begangen hatte, was meistens dann passiert, wenn das andere Geschlecht involviert ist.
    Das Essen war ausgezeichnet. Wir aßen frische Austern (nachhaltig produziert), Thunfisch-Sashimi (von Rosie ausgewählt und vermutlich nicht aus nachhaltiger Produktion), Auberginen-Mozzarella-Türmchen (Rosie), Kalbshirn (ich), Käse (gemeinsam) und eine Portion Passionsfrucht-Mousse (gemeinsam, auf zwei Schüsseln verteilt). Ich bestellte eine Flasche Marsanne, der hervorragend zu allem passte.
    Rosie verbrachte einen Großteil des Essens damit, mir zu erklären, warum sie ihren biologischen Vater finden wolle. Ich sah kaum einen Grund dafür. In der Vergangenheit wäre die Kenntnis vielleicht sinnvoll gewesen, um das Risiko genetisch bedingter Krankheiten zu bestimmen, aber heutzutage konnte Rosie ihre DNA direkt analysieren lassen. In der Praxis schien ihr Stiefvater Phil die Vaterrolle ausgefüllt zu haben, auch wenn Rosie diesbezüglich zahlreiche Beschwerden anführte. Er sei ein Egoist, er verhalte sich ihr gegenüber inkonsequent, er leide unter Stimmungsschwankungen. Auch sei er streng gegen Alkohol eingestellt. Ich fand diese Haltung in jeder Hinsicht vertretbar, aber zwischen den beiden löste sie offenbar ständig Streit aus.
    Rosies Motivation mutete rein emotional an, was ich psychologisch zwar nicht nachvollziehen konnte, doch für ihr persönliches Glück schien es von großer Bedeutung.
    Nachdem Rosie ihren Teil der Mousse gegessen hatte, stand sie auf, »um Hände waschen zu gehen«. Das ließ mir Zeit zum Nachdenken, und ich stellte fest, dass ich kurz davor war, ein pannenfreies und in der Tat höchst unterhaltsames Abendessen mit einer Frau zu beschließen. Ich betrachtete dies als beachtliche Leistung und freute mich schon darauf, Gene und Claudia davon zu erzählen.
    Ich schlussfolgerte, dass der heutige Mangel an Problemen auf drei Faktoren zurückzuführen war.
    Ich befand mich in einem mir vertrauten Lokal. Mir war nie eingefallen, mit einer Frau – oder überhaupt jemandem – im
Jimmy Watson’s
essen zu gehen, wo ich vorher bislang nur Wein getrunken hatte.
Wir hatten keine Verabredung im klassischen Sinn. Rosie kam – verständlicherweise – als potentielle Partnerin nicht in Frage, uns verband nur ein gemeinsames Projekt. Es war wie ein geschäftliches Treffen.
Ich war ziemlich alkoholisiert – und daher entspannt. Folglich konnte es auch sein, dass mir irgendwelche gesellschaftlichen Fehler nicht aufgefallen waren.
    Zum Abschluss des Essens bestellte ich zwei Gläser Sambuca und fragte: »Wen testen wir als Nächstes?«

11
    Neben Eamonn Hughes kannte Rosie nur zwei weitere »Freunde der Familie«, die mit Rosies Mutter den Abschluss des Medizinstudiums gefeiert hatten. Es erschien mir zwar unlogisch, dass jemand, der unerlaubt heimlich Sex mit der Mutter gehabt hatte, in Anbetracht von Phils Anwesenheit weiter Kontakt pflegte, aber man konnte das evolutionsbiologische Argument anführen, dass er die Trägerin seiner Gene gut versorgt wissen wollte. Im Prinzip war dies auch Rosies Argument.
    Der erste Kandidat war Dr. Peter Enticott, der vor Ort lebte. Der andere, Alan McPhee, war an Prostatakrebs gestorben – für Rosie eine gute Sache, da sie die Veranlagung dazu mangels Prostata nicht geerbt haben konnte. Obwohl er Onkologe gewesen war, hatte er die Krankheit bei sich selbst nicht entdeckt, was nicht ungewöhnlich ist. Menschen versagen oft darin zu sehen, was sie unmittelbar selbst betrifft, während es für andere offensichtlich ist.
    Zum Glück hatte er eine Tochter, mit der Rosie sich in jungen Jahren angefreundet hatte. Mit dieser Natalie vereinbarte Rosie ein Treffen in drei Tagen unter dem Vorwand, ihr neugeborenes Baby anzusehen.
    Ich kehrte zu meinem normalen Tagesablauf zurück, doch das Vaterprojekt ging mir nicht aus dem Kopf. Ich plante die DNA -Entnahme genau – ich wollte keine Wiederholung des Tassenproblems riskieren. Außerdem hatte ich ein

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