Das Rosie-Projekt
der Mutter nicht berücksichtigt. Immer, wenn ich einen Grund fand, den Raum zu verlassen, folgte mir Natalie. Es war äußerst unangenehm.
Schließlich entschuldigte sich Rosie, um zur Toilette zu gehen. Selbst wenn sie gewusst hätte, was zu tun gewesen wäre, hätte sie nicht zum Baby gehen können, da Natalie sich so platziert hatte, dass sie die Kinderzimmertür überwachen konnte. »Haben Sie von dem Genographie-Projekt gehört?«, fragte ich Natalie.
Sie hatte nicht und war auch nicht interessiert. Sie wechselte das Thema.
»Sie scheinen sich sehr für Babys zu interessieren.«
Hier hätte sich gewiss eine Möglichkeit ergeben, wenn ich sie nur zu nutzen gewusst hätte. »Ich interessiere mich für ihr Verhalten. Ohne den Einfluss eines anwesenden Elternteils.«
Sie sah mich komisch an. »Haben Sie irgendetwas mit Kindern zu tun? Ich meine Pfadfinder, Jugendgruppen …«
»Nein«, erwiderte ich. »Es ist unwahrscheinlich, dass ich für solch eine Aufgabe geeignet wäre.«
Rosie kehrte zurück, und das Baby begann zu schreien.
»Zeit zu stillen«, sagte Natalie.
»Wir sollten dann auch gehen«, meinte Rosie.
Fehlschlag! Wieder einmal war meine soziale Unfähigkeit das Manko gewesen. Mit höherer sozialer Kompetenz hätte ich sicher allein zum Baby vorstoßen können.
»Es tut mir leid«, sagte ich, während wir zu Phils untauglichem Auto zurückkehrten.
»Das muss es nicht.« Rosie griff in ihre Handtasche und zog ein Büschel Haare hervor. »Ich habe ihre Haarbürste geplündert.«
»Wir brauchen Haarwurzeln«, sagte ich. Aber es waren viele Haare, so dass mit großer Wahrscheinlichkeit auch ein paar Wurzeln daran hingen.
Rosie griff erneut in die Handtasche und zog eine Zahnbürste heraus. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, was das bedeutete.
»Sie haben ihre Zahnbürste gestohlen?«
»Da war noch eine im Schrank. Es war sowieso Zeit, sie auszuwechseln.«
Ich war schockiert über den Diebstahl, aber nun würden wir fast mit Gewissheit eine brauchbare DNA -Probe zur Verfügung haben. Es war schwer, von Rosies Einfallsreichtum nicht beeindruckt zu sein. Und wenn Natalie ihre Zahnbürste nicht regelmäßig austauschte, hatte Rosie ihr sogar einen Gefallen getan.
Rosie wollte das Haar oder die Zahnbürste nicht sofort untersuchen. Erst wollte sie die DNA des letzten Kandidaten sammeln und dann beide Proben zusammen testen. Das war unlogisch. Falls Natalies Probe passte, würden wir keine weitere DNA -Probe brauchen. Aber Rosie schien das Konzept der Reihenfolgeplanung zur Minimierung von Kosten und Risiko nicht zu durchschauen.
Nach dem Problem mit dem Baby beschlossen wir, uns für Dr. Peter Enticott einen möglichst erfolgversprechenden Plan zurechtzulegen.
»Ich werde ihm sagen, dass ich über ein Medizinstudium nachdenke«, schlug Rosie vor. Dr. Enticott arbeitete an der medizinischen Fakultät der Deakin University.
Sie wollte sich mit ihm zum Kaffee verabreden, was die Möglichkeit eines Tassenabstrichs bot, der momentan eine Fehlerquote von hundert Prozent aufwies. Ich fand es unwahrscheinlich, dass eine Barbedienung einen Professor überzeugen könne, sie habe die nötigen Voraussetzungen, um Medizin zu studieren. Rosie schien darüber beleidigt zu sein, und argumentierte, dass es ohnehin egal sei. Wir müssten ihn nur überreden, mit uns Kaffee zu trinken.
Ein größeres Problem war, welche Rolle ich dabei spielen sollte, denn Rosie glaubte nicht, dass sie die Sache allein durchziehen könne. »Sie sind mein Freund«, sagte sie. »Sie werden mein Studium finanzieren, also haben Sie natürlich ein Interesse an der Sache.« Sie sah mich scharf an. »Sie müssen es nicht übertreiben.«
An einem Mittwochnachmittag, an dem Gene mich als Revanche für den Asperger-Vortrag bei einer Vorlesung vertrat, fuhren wir in Phils Spielzeugauto zur Deakin University. Ich war schon mehrere Male zu Gastvorlesungen und gemeinsamen Forschungsprojekten dort gewesen. Ich kannte sogar ein paar Wissenschaftler der medizinischen Fakultät, jedoch nicht Peter Enticott.
Wir trafen uns in einer Freiluftcafeteria voller Medizinstudenten, die früh aus den Sommerferien zurückgekehrt waren. Rosie war erstaunlich! Sie sprach verständig über Medizin und sogar Psychiatrie, worin sie hoffte, sich zu spezialisieren, wie sie sagte. Sie behauptete, einen Hochschulabschluss in Verhaltenswissenschaften mit anschließender Forschungserfahrung zu besitzen.
Peter schien ganz fasziniert von der
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