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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graeme Simsion
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seiner Arzttasche ankam. Belinda schloss daraus, dass ein medizinisches Problem vorlag, aber Eamonn erzählte ihr von dem Genographie-Projekt. Belinda war Krankenschwester und entnahm sein Blut mit professionellem Geschick.
    Als ich Rosie das gefüllte Röhrchen gab, damit sie es in ihre Handtasche steckte, merkte ich, dass ihre Hände zitterten. Ich vermutete, dass sie wegen der unmittelbar bevorstehenden Bestätigung einer möglichen Vaterschaft nervös war. Es überraschte mich nicht, als sie darum bat, die DNA -Analyse umgehend durchzuführen. Dazu müsste ich das Labor zwar an einem Samstagabend aufschließen, aber immerhin wäre das Projekt erledigt.
     
    Das Labor war leer: Auf dem gesamten Universitätsgelände führt die archaische Ansicht, nur montags bis freitags arbeiten zu können, zu einer unfassbaren Unterbenutzung der teuren Ausstattung. Die Universität testete gerade Analysegeräte, die überaus schnell klären können, ob eine verwandtschaftliche Eltern-Kind-Beziehung besteht. Und wir hatten eine ideale DNA -Probe. DNA kann aus vielen Quellen gewonnen werden, und für eine Analyse werden nur wenige Zellen benötigt, doch die Vorbereitungszeit kann sehr zeitaufwendig und komplex sein. Blut war einfach.
    Das neue Gerät stand in einem kleinen Raum, der einmal eine Teestube gewesen war, mit Waschbecken und Kühlschrank. Einen Moment lang wünschte ich, er wäre eindrucksvoller gewesen – ein ungewöhnliches Eindringen von Ego in meine Gedankenwelt. Ich schloss den Kühlschrank auf und holte ein Bier heraus. Rosie hustete vernehmlich. Ich erkannte die Botschaft und holte für sie ebenfalls ein Bier.
    Ich versuchte, Rosie während der Durchführung den Vorgang zu erklären, doch sie konnte nicht aufhören zu reden, auch nicht, als sie mit dem Wattestäbchen bei sich selbst einen Wangenabstrich nahm, um mir ihre DNA -Probe zu geben.
    »Ich kann nicht glauben, dass das so einfach geht. So schnell. Ich glaube, irgendwie habe ich es immer gewusst. Als ich klein war, hat er mir häufig etwas mitgebracht.«
    »Dieses Gerät ist für eine so einfache Aufgabe eigentlich viel zu spezialisiert.«
    »Einmal kam er mit einem Schachspiel bei uns an. Phil hat mir immer so Mädchensachen geschenkt – Schmuckkästchen und solchen Mist. Ganz schön komisch für einen Fitnesstrainer, wenn man darüber nachdenkt.«
    »Sie spielen Schach?«
    »Eigentlich nicht. Aber darum geht es nicht. Eamonn hat anerkannt, dass ich Verstand habe. Er und Belinda haben nie eigene Kinder gehabt. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er immer da war. Vielleicht war er sogar der beste Freund meiner Mutter. Aber ich habe nie darüber nachgedacht, dass er mein Vater sein könnte.«
    »Er ist es nicht.«
    Das Ergebnis war auf dem Computerbildschirm erschienen. Aufgabe erledigt. Ich packte die Sachen wieder zusammen.
    »Wow«, sagte Rosie. »Haben Sie je daran gedacht, Trauerbegleiter zu werden?«
    »Nein. Ich habe eine Reihe von Berufen in Erwägung gezogen, aber alle auf wissenschaftlichem Gebiet. Meine Fähigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich sind nicht so stark ausgeprägt.«
    Rosie brach in Gelächter aus. »Dann kriegen Sie jetzt einen Crash-Kurs in fortgeschrittener Trauerbegleitung.«
    Wie sich herausstellte, hatte Rosie nur einen Witz gemacht, da ihr Ansatz zur Trauerbewältigung ausschließlich in der Zufuhr von Alkohol bestand. Wir gingen ins
Jimmy Watson’s
an der Lygon Street, nur einen kurzen Spaziergang entfernt, und wie an Wochenenden üblich, war es voller Akademiker. Wir setzten uns an die Bar, und ich war überrascht zu erfahren, dass Rosie als professionelle Getränkeserviererin nur wenig Kenntnis über Weine besaß. Vor ein paar Jahren hatte Gene vorgeschlagen, dass Wein das perfekte Thema für unverfängliche Gespräche sei, woraufhin ich gründlich darüber recherchierte. Ich besaß sämtliche Hintergrundinformationen zu allen Weinen, die regelmäßig in dieser Bar angeboten wurden. Wir tranken recht viel.
    Wegen ihrer Nikotinsucht musste Rosie dann für einige Minuten nach draußen gehen. Das Timing war günstig, denn in diesem Moment kam ein Pärchen aus dem Innenhof herein und verließ das Lokal. Der Mann war Gene! Die Frau war nicht Claudia, aber ich erkannte sie wieder: Es war Olivia, die indische Vegetarierin von
Tisch für acht
. Keiner von beiden bemerkte mich, und sie gingen zu schnell an mir vorbei, als dass ich etwas hätte sagen können.
    Meine Verwirrung darüber, dass ich die beiden zusammen gesehen

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