Das Rosie-Projekt
und sich aus eigenem Antrieb heraus ändert.«
Diese Aussage passte zu der Regel über Treue, die ich seit unserem Treffen im Kopf hatte. Nun musste ich das Thema nicht mehr ansprechen, denn ich hatte meine Antwort bekommen. Ganz sicher sprach Claudia von Gene.
Für den folgenden Morgen verabredete ich mich mit Gene zum Joggen. Ich musste unter vier Augen mit ihm sprechen, und das so, dass er nicht flüchten konnte. Sobald wir uns in Bewegung gesetzt hatten, begann ich mit meiner Privatvorlesung. Mein Hauptargument lautete, dass Untreue absolut inakzeptabel sei. Jegliche Vorteile würden durch das Risiko einer totalen Katastrophe zunichtegemacht. Gene war bereits einmal geschieden. Eugenie und Carl …
Gene unterbrach mich unter schwerem Keuchen. Aufgrund meines Bestrebens, die Botschaft klar und nachdrücklich zu vermitteln, war ich schneller gelaufen als sonst. Gene ist deutlich weniger trainiert als ich, und meine Niedrigpuls-Dauerläufe im Fettverbrennungsbereich sind für ihn ein anstrengendes Herz-Kreislauf-Training.
»Ich höre, was du sagen willst«, schnaufte er. »Was hast du gelesen?«
Ich erzählte ihm von den Filmen und ihrer idealisierten Darstellung von akzeptablem und inakzeptablem Verhalten. Hätten Gene und Claudia ein Kaninchen besessen, wäre es hochgradig gefährdet gewesen, von einer aufgebrachten Geliebten getötet zu werden. Gene widersprach, nicht zum Thema Kaninchen, sondern dazu, dass sein Verhalten seine Ehe beeinträchtige.
»Wir sind Psychologen«, sagte er. »Mit einer offenen Ehe können wir umgehen.«
Ich ignorierte die falsche Kategorisierung seiner Person als echter Psychologe und konzentrierte mich auf den wichtigsten Aspekt: Alle Experten und die allgemeine Moral halten Treue für wichtig. Selbst in der Evolutionspsychologie wird eingeräumt, dass eine Person, die ihren Partner als untreu identifiziert, starke Gründe hat, sich von ihm zu trennen.
»Das gilt nur für Männer«, winkte Gene ab. »Weil die sich nicht das Risiko leisten können, ein Kind aufzuziehen, das nicht ihre Gene besitzt. Und ich dachte immer, dir sei es wichtig, Instinkt zu überwinden.«
»Korrekt. Der männliche Instinkt treibt zur Untreue. Das musst du überwinden.«
»Frauen akzeptieren das, solange du sie nicht bloßstellst. Guck dir Frankreich an.«
Ich zitierte ein Gegenbeispiel aus einem bekannten Buch und Film.
»Bridget Jones?«, fragte Gene nach. »Seit wann wird erwartet, dass wir uns wie Filmfiguren verhalten?« Er blieb abrupt stehen, beugte sich vor und rang nach Luft. Das gab mir die Möglichkeit, meinen Vortrag ohne Unterbrechungen seinerseits abzuschließen. Am Ende wies ich darauf hin, dass er Claudia liebe und deshalb gewillt sein müsse, die notwendigen Opfer zu bringen.
»Ich werde dann darüber nachdenken, wenn ich sehe, dass du deine lebenslangen Gewohnheiten änderst«, entgegnete er.
Ich hatte angenommen, dass es relativ einfach wäre, meinen Terminplan abzuschaffen. In New York hatte ich gerade erst eine Woche ohne ihn gelebt, und trotz diverser Probleme hatte keines davon mit unstrukturierter oder nicht effizient genutzter Zeit zu tun gehabt. Allerdings hatte ich die Auswirkungen der immensen Turbulenzen in meinem Leben nicht berücksichtigt. Abgesehen von der Unsicherheit wegen Rosie, dem Projekt zur Verbesserung meines gesellschaftlichen Verhaltens und der Angst, meine besten Freunde könnten sich auf dem Weg zur Trennung befinden, stand ich kurz davor, meinen Job zu verlieren. Mein Terminplan schien in meinem Leben das einzig Stabile zu sein.
Am Ende schloss ich einen Kompromiss, der für Rosie sicher akzeptabel wäre. Jeder Mensch hat einen Kalender für regelmäßige Termine, in meinem Fall Vorlesungen, Konferenzen und Kampfsporttraining. Das würde ich mir weiterhin zugestehen.
Wie alle anderen Menschen auch
würde ich Termine in meinen Kalender eintragen, die Standardisierung jedoch reduzieren. Die Dinge könnten sich von Woche zu Woche ändern. Ich entschied, dass der Aspekt meines Terminplans, der die heftigsten Kommentare abbekommen hatte – das Standardmahlzeitenmodell –, das Einzige wäre, das ich umgehend ändern müsste.
Mein nächster Marktbesuch war erwartungsgemäß eigenartig. Ich kam an den Stand mit Fischen und Meeresfrüchten, und sofort drehte der Standbesitzer sich um und wollte einen Hummer aus dem Bassin angeln.
»Planänderung«, sagte ich. »Was können Sie heute empfehlen?«
»Hummer«, erwiderte er in seinem gebrochenen
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