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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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schlief er oft ein, und wenn er erwachte, konnte er sich stets über neue Geschenke auf seinem Nachttisch freuen. Am Nachmittag ließ Joanna einen weiteren Tisch ins Zimmer stellen, auf dem man die Präsente alle unterbringen konnte. Die Soldaten hatten für ihn kleine Tierfiguren geschnitzt, und die Studentinnen hatten in einer Gemeinschaftsarbeit eine Decke genäht und bestickt. Hannah hatte einen riesigen Kuchen gebacken und es sich nicht nehmen lassen, ihn in Begleitung ihres Mannes Miles persönlich zu übergeben. Und Galad hatte einen Stapel Bücher vorbeigebracht – ‚leichte Lektüre‘, wie er versprochen hatte.
    Finley war es gelungen, in Joannas Abwesenheit ins Krankenzimmer zu schlüpfen. Jetzt stand er neben Ians Bett und hielt dessen Schwert im Arm.
    „Wo hast du es gefunden?“, wollte Ian wissen.
    „Der Earl hat es auf der Tribüne abgelegt, nachdem er deinen Kampf mit Lord Redcliff abgebrochen hatte. Ich habe es an mich genommen.“ Er reichte es Ian.
    „Oh, das funkelt wie neu!“, staunte Ian.
    Finley errötete. „Ich kann zwar nicht kämpfen, aber im Waffenreinigen habe ich viel Erfahrung. Mein alter Fechtmeister hat mich zur Strafe für meine Unfähigkeit immer alle Schwerter putzen lassen.“
    Ian lächelte. „Danke, Finley.“
    „Du kommst doch bald zurück, oder?“ Hoffnungsvoll sah der junge Student ihn an.
    „Ich gebe mir größte Mühe“, antwortete Ian. „Versprochen.“
     
    Am späten Nachmittag erwachte Ian und entdeckte ein merkwürdiges kleines Heft neben seinem Kopfkissen. Er nahm es in die Hand und stellte fest, dass es lose Blätter waren, die mit einer Schnur zusammengebunden waren. ‚WIR VERMISSEN DICH‘ stand in großen Lettern auf der Titelseite. Neugierig blätterte Ian das Heft auf und musste grinsen.
    Als Erstes sah er eine Zeichnung von Harper, wie er mit grimmiger Miene seine Waffe zog. Auf der nächsten Seite war Finley porträtiert, der verzweifelt einen Kampfgegner fixierte, gefolgt von Will, der gleich zwei Schwerter auf einmal schwang. Es folgten Skizzen von allen Studenten, die so lebensecht und auf den Punkt getroffen waren, dass Ian das Gefühl überkam, wirklich in der Waffenhalle zu sein. Von der vorletzten Seite zwinkerte ihm Eloïse zu, in der einen Hand ihren neuen Degen, in der anderen Hand einen Pinsel. Er blätterte um. Das Heft schloss mit dem Text ‚ERHOLE DICH RASCH UND ERLÖSE UNS VON …‘ Darunter war ein Bild von Samuel gezeichnet, der Haare raufend an Ians Schreibtisch saß und dessen Unterlagen studierte. Ian lachte laut.
    „Du hast aber gute Laune.“ Jake stand in der Tür. „Darf ich reinkommen?“
    „Natürlich“, erwiderte Ian, setzte sich aufrecht und ließ das Heft unter seinem Kopfkissen verschwinden.
    Jake durchschritt den Raum und warf einen anerkennenden Blick auf den Geschenketisch. „Eine ordentliche Sammlung“, bemerkte er.
    „Ja, in dieser Hinsicht hat sich das Fieber gelohnt. Ich kann mehr Dinge mein Eigen nennen als vorher.“
    Jake warf ihm einen abschätzenden Blick zu. Ian fiel ein, dass sie wegen Samuels Auftauchen das Thema um seine Entlohnung als Fechtmeister nie zum Abschluss gebracht hatten.
    „Ich habe deinem Gabentisch auch etwas hinzuzufügen“, sagte Jake, während er auf dem Stuhl neben Ians Bett Platz nahm.
    Erst jetzt bemerkte Ian, dass Jake einen flachen, schwarzweißen Kasten in der Hand hielt, der leise rasselte. Jake löste einen Riegel an der Seite und öffnete die Box. In ihrem Inneren befanden sich Schachfiguren. Jake nahm sie heraus und drehte den Kasten um. Die aufgeklappten Außenseiten ergaben nun das Spielfeld.
    „Jeder Edelmann sollte ein Schachspiel besitzen“, erklärte Jake.
    „Das ist eine außergewöhnliche Arbeit.“
    „Ich habe sie letztes Jahr gekauft, als ich mit Joanna auf Reisen war, kurz bevor wir nach Darkwood kamen.“ Jake lächelte. „Lust auf ein Spiel?“
    „Wenn ich nicht mittendrin einschlafe.“
    „Wir können die Partie jederzeit unterbrechen.“ Jake stellte die Figuren auf. „Wie sieht es aus“, fragte er beiläufig, „bist du schon einmal aufgestanden?“
    Ian schüttelte den Kopf. „Joanna meinte, es sei noch zu früh.“ Er hob die Hände. „Du weißt, wie sie in solchen Dingen ist.“
    Jake sah ihn verschwörerisch an. „Joanna nimmt gerade ein Bad. Wenn du willst …“
    Ian nickte. „Unbedingt.“ Er schlug die Decke zurück, schwang die Beine aus dem Bett – und verharrte im Sitzen.
    „Alles in Ordnung?“, fragte Jake und trat

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