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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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rüttelte an seiner Schulter, doch er hatte keine Lust, sie anzusehen und drehte seinen Kopf weg. Die Frau rief einen der Männer zu sich, und kurz darauf ergoss sich ein Schwall kaltes Wasser über seinen Kopf. Victorian fluchte, richtete sich auf und öffnete die Augen.
    Harper stand neben seinem Bett und lachte. „Das wollte ich schon immer machen, dir einen Eimer Wasser über den Kopf schütten, Victorian.“
    Nun erkannte er auch seine anderen beiden Besucher: Raine und Lady Joanna! Die Burgherrin hielt ihm einen Becher mit einer übel riechenden Flüssigkeit entgegen.
    „Trinkt das, Victorian, damit Euer Kopf wieder klar wird.“ Streng fügte sie hinzu: „Und solltet Ihr Euch weigern, bitte ich Raine und Harper, es Euch einzuflößen.“
    Stöhnend setzte Victorian den Becher an, trank ihn in einem Zug aus und schüttelte sich. Das Zeug schmeckte genauso scheußlich, wie es roch!
    Zufrieden nahm Lady Joanna ihm den Becher ab. „Harper, Raine, helft Victorian beim Waschen, Rasieren und Umziehen – frische Kleidung liegt auf dem Stuhl. Ich gehe derweil nach unten und hole Essen für ihn.“
    Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah Victorian sie an. „Warum tut Ihr das, Lady Joanna? Euer Bruder hat Euch sicher nicht geschickt.“
    „Nein, das hat er nicht.“ Ihr Blick wurde ernst. „Ich habe Euch auf dem Herbstmarkt in Chesmuir gesagt, dass ich in Eurer Schuld stehe, Victorian. Deshalb bin ich hier: Manus manum lavat. “
    „Eine Hand wäscht die andere“, murmelte er.
    Lady Joanna lächelte. „In diesem Fall wohl eher den Kopf. Beeilt Euch, ich bin gleich wieder da.“ Sie wandte sich zur Tür und ging hinaus.
    Missmutig blickte Victorian zu Raine und Harper. „Na los, sie ist fort, ihr könnt anfangen, mich zu verhöhnen!“
    „Nein.“ Raine trat zu ihm. „Harper und ich sind gekommen, um dir zu helfen. Nicht, weil Lady Joanna uns darum gebeten hat, sondern weil wir es wollten.“ Er reichte ihm seine Hand, die Victorian zögernd ergriff. „Ich kenne dich schon lange Jahre, Victorian“, fuhr Raine fort. „Du warst immer ein widerlicher Angeber, aber stets ehrenhaft. Das, was in letzter Zeit geschehen ist, passt einfach nicht zu dir.“
    „Was Raine sagen will“, Harper trat neben seinen Freund, „du fehlst uns.“ Er klopfte ihm auf die Schulter. „Und jetzt steh auf, sonst fülle ich den nächsten Eimer!“
     
    Als Lady Joanna das Zimmer mit einem Tablett voll Essen betrat, saß Victorian in sauberen Kleidern und mit glattem Gesicht auf dem Stuhl. Beim Anblick von Brot, Schinken und Käse lief ihm das Wasser im Mund zusammen, und er bemerkte, wie hungrig er war. „Euer Trank wirkt Wunder, Mylady“, stellte er zwischen zwei Bissen fest.
    „Ja, das höre ich öfter“, antwortete sie belustigt und setzte sich zu ihm an den Tisch. „Victorian, ich bin gekommen, um Euch nach Greystone zurückzuholen. Übermorgen beginnen die Abschlussprüfungen. Außerdem habe ich noch etwas mit Euch zu besprechen.“
    Victorian sah auf das Brot in seiner Hand. Eine Rückkehr in die Burg war unumgänglich. Selbst sein tagelanger Rausch hatte die Schuldgefühle Eloïse gegenüber nicht dämpfen können. Es kostete ihn einiges an Überwindung, aber er musste sie um Vergebung bitten, bevor er am Ende der Woche nach Walraven ritt und sie nie mehr sehen würde. Victorian zerpflückte die Brotscheibe in seinen Fingern in kleine Stücke. Sein Verhältnis zu Eloïse war von Anfang an eine Tragödie gewesen. Doch er durfte nicht darüber nachdenken, sonst würde der Schmerz in seinem Herzen noch schlimmer werden. Vielleicht hätte er ihr die Wahrheit sagen sollen, damals im Herbst. Doch er hatte geschwiegen, so wie er jetzt schweigen würde. Aus Feigheit, aus Angst, aus Stolz. Victorian fegte die Brotkrumen vom Tisch. Vielleicht war Amiras Weggang seine gerechte Strafe für sein Verhalten. Aber er konnte Vergangenes nicht ändern, genauso wenig, wie er auf Eloïses Verzeihen hoffen konnte. Er hatte sich durch Amira gedemütigt gefühlt, doch was hatte er Eloïse angetan? Vermutlich würde sie nicht mit ihm sprechen wollen, aber sie sollte wenigstens wissen, dass es ihm leidtat. Er räusperte sich. „Lady Joanna, ich muss zuallererst mit Eloïse reden.“
    „Eloïse ist nicht mehr in Greystone.“
    Sie war nicht da? Das konnte nicht sein, er musste mit ihr sprechen. „Wo ist sie?“, fragte er.
    Lady Joanna schien seine Bestürzung zu spüren. „An dem Tag, als Ihr von Greystone hierher ins Gasthaus gegangen

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