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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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er. „Wie reagiere ich, wenn ich mit dieser Schlagkombination angegriffen werde? Es gibt drei Möglichkeiten.“
    Überrascht sahen ihn die jungen Männer an. „Ich pariere ihn erfolgreich?“, schlug Finley schließlich zögernd vor.
    „Das ist unmöglich!“, erwiderte Victorian sofort. „Es gibt keine erfolgreiche Verteidigung gegen diesen Angriff.“
    „Doch“, sagte Ian. „Eine Schwachstelle gibt es.“
    Victorian sah ihn durchdringend an. „Das glaube ich nicht.“
    Ian zog sein Schwert aus dem Waffengürtel, und Victorian verstand die Aufforderung. Mit erhobener Waffe trat er auf Ian zu und führte die ersten Schläge aus. Ian wehrte Victorians Hiebe ab, griff jedoch nicht an. Erst als der junge Mann zum finalen Schlag ausholte, sprang Ian plötzlich vor, vollführte eine halbe Drehung und nutzte den Schwung, um Victorian das Schwert von unten aus der Hand zu schlagen.
    Die Studenten warfen Ian bewundernde Blicke zu, doch Victorian schüttelte verächtlich den Kopf. „So kämpfen nur Söldner und Strauchdiebe.“
    „Aber es funktioniert, und das ist das Entscheidende“, entgegnete Ian. „Allerdings erfordert dieser Verteidigungsschlag viel Kraft, Schnelligkeit und Körperbeherrschung. Außer Raine, Harper und Victorian wird es vermutlich niemand gelingen.“ Er lächelte. „Aber es gibt ja noch zwei andere Möglichkeiten.“
    „Wegrennen!“, rief Eloïse und grinste.
    „Richtig, das ist die zweite Variante“, antwortete Ian. „Das habe ich auch oft gemacht.“
    „Du?“ , fragte Eloïse, und auch die anderen Studenten sahen ihn nach dem eben Gesehenen ungläubig an.
    „Ich zog Hohngelächter meinem frühen Ableben vor“, erwiderte Ian ehrlich. „Man sollte seine Grenzen kennen.“
    „Und was ist die dritte Möglichkeit?“, fragte Leroy ungeduldig.
    „Den Angriff unterlaufen“, antwortete Ian. „Das Unerwartete tun.“
    „Wie geht das? Zeig es uns!“, forderte William und strich sich die dunklen Locken zurück. Er trat vor und begann, die Angriffskombination gegen Ian durchzuführen. Als er sein Schwert zum dritten Schlag hob, schien Ian den Hieb parieren zu wollen, doch im letzten Moment duckte er sich und zog sein Schwert weg.
    Während William sich verdutzt umsah, wo sein Gegner geblieben war, drehte sich Ian um die eigene Achse und kam schräg neben ihm zum Stehen. Bevor William reagieren konnte, hielt Ian ihm die Schwertspitze an den Hals.
    Das Lachen der Studenten erfüllte die Waffenhalle, und William selbst lachte am lautesten. „Das ist äußerst gewitzt, Ian!“
    „Und spart im Ernstfall eine Menge Zeit und Kraft!“, erwiderte Ian und nahm erfreut die Reaktion der Studenten wahr. Vielleicht war das ein Anfang …
    „Können wir das wirklich lernen?“, fragte Leroy ungläubig. „Auch ich?“
    „Ja“, antwortete Ian. „Nicht heute und nicht morgen, aber bis zur Zwischenprüfung werdet Ihr es alle beherrschen.“ Er zwinkerte Eloïse zu. „Mit viel zusätzlichem Training.“
     
    Nach dem Fechttraining verließ Eloïse gemeinsam mit Ian die Waffenhalle. „Es war unfair, was Olric vorhin zu dir gesagt hat“, erklärte sie aufgebracht. „Ob ihm dein Unterricht gefällt oder nicht, ist seine Sache, aber er muss dich deshalb nicht beleidigen.“
    „Ich bin Beleidigungen gewöhnt“, erwiderte Ian leichtfertig.
    „Das heißt aber nicht, dass sie einem nicht trotzdem zusetzen.“ Eloïse blieb stehen und sah ihn ernst an.
    Ian nickte. Das war leider richtig. Laut bemerkte er: „Es scheint, Ihr besitzt einige Erfahrungen auf diesem Gebiet.“
    „So ist es“, gab Eloïse zu.
    „Ich kann mir vorstellen, um was es dabei ging“, sagte Ian und tippte auf den Knauf von Eloïses Schwert. „Ich verspreche Euch“, erklärte er feierlich, „ich werde alles tun, was ich kann, damit Ihr die Prüfungen besteht und dann wird Euch niemand mehr wegen Eurer Schwertkünste verlachen.“
    Bei seinen Worten senkte Eloïse den Kopf und schwieg.
    Ian wunderte sich. Der junge Mann wirkte auf einmal sehr unglücklich, ja fast schuldbewusst. Gerade so, als schäme er sich, ihm ins Gesicht zu sehen.
     
    Als Eloïse am Nachmittag mit Raine und Harper zusammen zum ersten Tanzunterricht vor dem Festsaal der Burg ankam, staunte sie nicht schlecht. Vor der Tür drängten sich die Studentinnen, herausgeputzt, als erwarteten sie das Erscheinen des Königs. Seide raschelte, Edelsteine glitzerten, und das aufgeregte Kichern der jungen Damen erfüllte das ganze Obergeschoss.
    „Habe ich

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