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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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ihren Willen konnte er den jungen Männern nichts beibringen. Doch Fortschritte waren dringend notwendig, denn nicht nur Jake schien darauf zu warten, dass er aufgab – auch viele der Studenten wären sicherlich nicht enttäuscht, wenn er die Akademie verließe. Galad, den er um Rat gefragt hatte, hatte ihn zur Geduld ermahnt. Aber durch den Druck, der auf ihm lastete, fiel Ian das Abwarten schwer. Als am Abend zuvor Victorian in der Waffenhalle erschienen war, hatte er einen Plan gefasst, um endlich das Vertrauen der Studenten zu gewinnen. Allerdings bedeutete die Umsetzung dieses Plans, dass er erst einmal weiter in ihrem Ansehen sank.
    „Heute Morgen wird uns Victorian eine sehr effektive Angriffskombination zeigen“, erklärte Ian. Er hob die Hand, und Victorian trat zu ihm nach vorne. Der Student stellte sich ihm gegenüber auf, zog wortlos seine Waffe und griff an. Nach wenigen Schlägen lag die Schneide seines Schwertes an Ians Kehle.
    Die Studenten auf der Tribüne raunten. „Diese Angriffsfolge ist unglaublich!“, rief Brendan und betrachtete den jungen Lord of Walraven bewundernd.
    „Victorian kämpft viel besser als der Fechtmeister“, befand Prosper.
    Ian seufzte unhörbar. Mit diesen Bemerkungen hatte er gerechnet. „Wir teilen die Gruppe“, ordnete er laut an. „Raine, Harper, Alan, William, Morton und Nathaniel trainieren die Angriffskombination mit Victorian, alle anderen kommen zu mir.“
    „Ich würde auch lieber mit Victorian trainieren“, sagte Olric zu Alan, wobei er sich nicht die Mühe machte, leise zu sprechen. „Der ist zwar eingebildet, aber er versteht wenigstens etwas vom Fechten.“
    „Stellt Euch in einer Reihe auf“, wies Ian die acht Studenten an, die vor ihm standen. „Legt die Schwerter zu Boden, wir üben zuerst die Beinarbeit.“
    Missmutig legten alle ihre Waffen ab und folgten seinen Anweisungen. Nach einiger Zeit ließ Ian die Studenten ihre Schwerter wieder aufnehmen. Er stellte sich vor sie hin und begann, die Abfolge der Armbewegungen zu erklären.
    „Halt!“, rief Olric plötzlich. „Die Schläge, die du uns zeigst, sind ganz anders als die, die Victorian mit seiner Gruppe übt. Warum zeigst du uns nicht Victorians Kombination?“
    Ian hielt inne. Auf diese Frage hatte er gewartet. „Weil Ihr noch nicht in der Lage seid, seine Kombination auszuführen.“
    „Du meinst, wir sind zu schlecht?“, fragte Olric empört.
    „Im Moment seid Ihr noch nicht bereit“, erklärte Ian, „deshalb üben wir eine vereinfachte Version.“
    „So einen Blödsinn höre ich zum ersten Mal!“, erwiderte Olric. „In meiner alten Schule haben immer alle das Gleiche gemacht: Das war besser und hat viel mehr gebracht.“
    „Wenn das so ist, Olric“, fragte Ian ruhig, „warum kämpft Ihr dann nicht so gut wie beispielsweise Harper?“
    Olric knurrte und sah Ian mit zusammengezogenen Brauen an. „Du gibst mir keine Chance!“, rief er schließlich.
    „Ich gebe Euch die Chance, auf Eurem Niveau gut zu sein“, stellte Ian klar.
    Olrics Gesicht rötete sich vor Wut über Ians Antwort. „Aber ich will lernen, was die Guten lernen!“, forderte er.
    Ian trat einen Schritt auf ihn zu. „Olric, Victorians Kombination wird Euch nichts nutzen, wenn Ihr sie schlecht ausführt. Ihr könnt nicht besser sein, als Euer Körper und Euer Talent es zulassen!“, versuchte er, den Studenten zu überzeugen.
    Olric warf sein Schwert auf den Boden. „Dann kann ich es gleich sein lassen!“
    „Nein“, widersprach Ian, „ich bringe Euch bei, aus Euren Möglichkeiten das Beste zu machen.“
    „Du bringst mir gar nichts bei!“, rief Olric und sah Ian verächtlich an. „Du hast keine Ausbildung, keine Erfahrung und keinen Namen. Dein Unterricht ist ebenso eine Zumutung wie deine Gegenwart!“ Olric stürmte aus der Waffenhalle und schlug die Tür hinter sich zu.
    „Bitte stellt euch nun alle in einer Reihe auf“, sagte Ian in die aufgekommene Stille, „und führt mir den Angriffsschlag nacheinander vor.“ Er nickte Crispin zu, und nur seine zu Fäusten geballten Hände verrieten, dass seine Ruhe nur äußerlich war. So eine heftige Reaktion hatte er nicht erwartet! Statt über seine Argumente nachzudenken, hatte Olric sie sofort als Schikane verstanden. Galad hatte wohl leider recht: Die jungen Männer brauchten viel Zeit, um sich an ihn zu gewöhnen.
    Nachdem Harper als Letzter die Übung beendet hatte, trat Ian wieder vor die Studenten. „Jetzt kommt das Wichtigste“, erklärte

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