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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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Reaktion.
    „Ich verstehe.“ Ian ging zurück in die Waffenkammer und kam mit zwei gefütterten Tuniken zurück, von denen er eine William gab. „Anziehen.“
    Der junge Mann zog das hüftlange Hemd über und folgte Ian auf die Kampffläche.
    Ian zog sein Schwert. „Keine Regeln.“
    „Keine Regeln“, wiederholte William grinsend und zog ebenfalls seine Waffe.
    Eloïse flüchtete auf die Tribüne und beobachtete gebannt das Spektakel, das sich ihr bot. William hatte nicht übertrieben: Er war wirklich gut! Lange sah es so aus, als wären beide Männer gleichstark, doch dann zeigte sich, dass Ian über die größere Erfahrung und Kraft verfügte. Am Ende brachte er William zu Fall und setzte ihm sein Schwert auf die Brust. Dann reichte Ian dem Studenten lachend die Hand und zog ihn nach oben. „Du hast wirklich einen Trainingsrückstand und eine riesige Begabung! Ich wette, am Ende des Ausbildungsjahres liege ich vor dir am Boden, William.“
    „Meine Freunde nennen mich Will.“
    Ian lächelte. „Wenn du so ein schönes geschwungenes Schwert wie Kaylan besitzen solltest, Will, bring es zum nächsten Training mit.“
    Eloïse lief zu ihnen und applaudierte. „Ich wünschte, irgendjemand würde mal vor mir auf dem Boden liegen, weil ich so gut bin und nicht, weil er sich über meine Schwertkünste totgelacht hat.“
    „Nur Geduld, Kleiner, das kommt noch.“ Tröstend klopfte ihr Ian auf die Schulter. „Und jetzt geht vor, das Abendessen wartet auf euch.“ Er brachte die Tuniken zurück in die Waffenkammer und verließ gedankenverloren die Halle. Es war ein überraschender Nachmittag gewesen. So sehr er sich über Jakes Besuch geärgert hatte, so sehr freute er sich über seine Studenten. Sie hatten ihn endlich als ihren Fechtmeister angenommen, ihr heutiges Verhalten hatte das deutlich bewiesen. Es wäre ein Leichtes für die jungen Männer gewesen, ihn in Jakes Anwesenheit zu demütigen, doch das Gegenteil war der Fall gewesen: Sie hatten sich sehr angestrengt. Und auch das Miteinander der Studenten verbesserte sich sichtlich. Bereits vor zwei Tagen am See hatten sie begonnen, sich gegenseitig zu unterstützen und Verantwortung füreinander zu entwickeln. Eine Haltung, die in einer Schlacht überlebensnotwendig war.
     
    Als Eloïse am Abend die Waffenhalle zum freien Training betrat, blieb sie verwundert stehen. Sie hatte nur mit dem Erscheinen von Prosper, Leroy und Finley gerechnet, doch tatsächlich standen zehn Studenten auf der Trainingsfläche. Hinter ihr öffnete sich die Tür, und Crispin hastete an ihr vorbei auf Ian zu, der gerade von Will stolz dessen Krummschwert präsentiert bekam.
    „Entschuldige mein Zuspätkommen, Ian, aber ich habe noch mit Alan und Morton gesprochen“, keuchte Crispin. „Die beiden wollten auch kommen, aber sie müssen bei Maître Duvalière nachsitzen.“ Die Stimme des jungen Mannes nahm den nasalen Tonfall des Fremdsprachenlehrers an. „ Weil sie ‘aben schrecklische Lücken in sein‘ Muttersprach‘ – meint der Maître.“
    Ian grinste. „Dann zieht eure Schwerter und lasst uns anfangen, bevor ihr euch noch schrecklisch langweilt.“
    Kaum hatten sie mit dem Trainieren begonnen, öffnete sich die Tür der Waffenhalle erneut. Kichernd traten mehrere Studentinnen in Begleitung von Lord Lionsbridge ein. Sie nahmen auf der Tribüne Platz und begannen sofort, aufgeregt zu tuscheln.
    Eloïse beobachtete, wie die jungen Männer um sie herum die Schultern strafften und Haltung annahmen. Unwillkürlich musste sie lachen, bis sie ein weiches, feuchtes und unangenehm riechendes Kleidungsstück am Kopf traf. Sie sah sich um und blickte in Harpers entschuldigendes Gesicht.
    „Tut mir leid, Korin, ich wollte mein Hemd auf die Tribüne werfen, aber du standest im Weg.“ Er hob die Hände. „Es ist sehr heiß heute in der Waffenhalle.“
    Dieser Meinung waren wohl alle anderen auch, denn binnen kurzer Zeit war Eloïse von lauter halb nackten Männern umgeben. Die Einzigen, die noch ein Hemd trugen, waren Ian und sie. Selbst Leroy und Finley hatten sich ihrer Oberbekleidung entledigt! Eloïse verdrehte die Augen, doch die jungen Damen auf der Tribüne waren entzückt und warfen den Kämpfern bewundernde Blicke zu.
    Onora seufzte. „Ich würde zu gerne den Fechtmeister mit freiem Oberkörper sehen.“
    „Und ich Victorian“, erwiderte Rose. „Schade, dass er nicht da ist.“
    „Wir könnten Korin bitten, sein Hemd auszuziehen“, sagte Zelda. „Dann hätten wir

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