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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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Studenten etwas über Ackerbau beizubringen, oder? Mit Feldarbeit kennst du dich schließlich aus.“
    „Ja“, erwiderte Ian knapp. Er hatte nichts dagegen, Lord Tennison am nächsten Tag zu vertreten, doch es hätte ihn gefreut, wenn Jake ihm früher Bescheid gegeben hätte. Denn jetzt musste er sein Treffen mit Malcolm, dem Schmied, das er für den nächsten Morgen vereinbart hatte, absagen.
    Jake verließ die Waffenhalle und ging nachdenklich zur Burg. Er hatte erwartet, dass Ian größte Disziplinprobleme mit den Studenten hatte, nachdem er vor ein paar Tagen gesehen hatte, wie Olric wutentbrannt aus der Waffenhalle gestürmt war. Doch die Stunde eben hatte seine Befürchtungen nicht erfüllt – oder seine Hoffnungen. Jake blieb stehen und sah zur Waffenhalle zurück. Wie konnte es sein, dass er so widersprüchliche Gefühle Ian gegenüber empfand? Er schätzte ihn als Menschen, Kämpfer und Joannas zukünftigen Mann, und hasste ihn aus genau den gleichen Gründen abgrundtief! Das konnte nicht normal sein! Er hatte schon von Leuten gehört, die äußerlich vollkommen unauffällig wirkten und innerlich dem Wahnsinn verfallen waren. Drohte auch er, den Verstand zu verlieren? Die Kopfschmerzen, die ihn seit einigen Wochen plagten, konnten ein Anzeichen dafür sein. Jake rieb sich über die Schläfen, hinter denen schon wieder ein leises Pochen zu spüren war. Als Erstes würde er mit Joanna sprechen, ob sie nicht ein stärkeres Heilmittel besaß. Und dann musste er mit Galad reden. Vielleicht wusste sein Freund, wie er dem Durcheinander, das in ihm tobte, Herr werden konnte!
     
    Eloïse wollte zusammen mit den anderen Studenten aus der Waffenhalle gehen, als jemand sie am Arm zurückhielt – William.
    „Korin“, flüsterte er. „Vertraust du Ian?“
    „Ja, wieso?“, erwiderte sie.
    Der junge Mann mit der bronzefarbenen Haut sah sie verlegen an. „Ich habe ein Problem. Es hängt mit dem Kämpfen zusammen.“
    Eloïse betrachtete William verwundert. Seine Fechtkünste waren guter Durchschnitt und in ihren Augen absolut nicht problematisch, doch William wirkte, als würde ihn das sehr belasten. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. „Sprich mit Ian. Er wird dich nicht auslachen, da bin ich mir sicher.“ Sanft schob Eloïse ihn in Richtung der Waffenkammer, wo Ian gerade die Schwerter wegräumte.
    Überrascht sah Ian sie beide an, als er aus dem kleinen Raum trat.
    William zögerte einen Moment, dann straffte er den Rücken. „Ian, ich muss mit dir reden. Ich habe gelogen, was meine kämpferischen Fähigkeiten angeht.“
    Ian nickte zum Zeichen, dass er weitersprechen sollte.
    „Meine Mutter ist eine Cousine des Königs des Südlands. Bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr wurde ich am Hof von Sarona erzogen und habe dort auch kämpfen gelernt.“
    Ians Augenbrauen gingen in die Höhe. „Die Südländer sind hervorragende Fechter mit einem sehr eigenen Kampfstil.“
    „Woher weißt du das?“, fragte William.
    „In diesem Frühjahr war Kaylan de Sarona in Greystone zu Besuch. Ich habe mehrmals mit ihm gefochten und viel von ihm gelernt.“
    Ein Strahlen erschien auf Williams Gesicht. „Du kennst den Kronprinz? Kaylan hat mich ausgebildet! Er ist ein grandioser Schwertkämpfer und ein wundervoller Mensch!“
    „In der Tat ein sehr sympathischer Mann“, bestätigte Ian. Solange er nicht versucht, Joanna zur Frau zu nehmen. „Und du hast vermutlich Schwierigkeiten, dich von der südländischen Technik auf den klassischen Stil umzustellen, der in Telamen gelehrt wird?“
    „Wenn es nur so wäre!“ William stöhnte. „Mit siebzehn kehrte ich zurück zu meiner Familie nach Telamen und besuchte fortan die Adelsschule Seaside. Ich konnte mich sehr gut umgewöhnen, leider.“ Er knetete seine Hände. „Kaylan hat mir gesagt, ich sei ein hoch talentierter Kämpfer. Ich will nicht angeben, aber gleich am ersten Tag in Seaside besiegte ich meinen neuen Fechtmeister in einem Duell, und damit war es für mich vorbei. Er behauptete, ich sei ein Hochstapler, besäße keine Technik, wolle mich wichtigmachen …“ William seufzte. „Es gab in den zwei Jahren in Seaside kaum einen Tag, an dem ich nicht die Waffenhalle fegen musste als Strafe für meine vermeintlichen Anmaßungen. Irgendwann habe ich aufgegeben und nur mehr schlecht als recht gekämpft. Spaß hat es mir keinen gemacht, und gelernt habe ich seitdem auch nichts, außer mich anzupassen.“ Unsicher sah er zu Ian und wartete auf dessen

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