Das rote Flugzeug
um seine Fallen zu inspizieren, auf einer niedrigen Sanddüne sehr sonderbare Spuren, die er nicht verstehen konnte. Sie bedeckten ein Gebiet von mehreren Metern. Auf meine Bitte zeichnete er mir die Spuren auf sandigem Boden etwa maßstabsgetreu nach.
Er hat mich dann zu der Stelle gebracht. Die Sandwolke hatte natürlich alle Fährten verwischt, aber nach langer Suche entdeckte ich zwei weitere Wollfasern. Ich bin überzeugt, die Spuren wurden von einem Mann hinterlassen, der Schaffellschuhe trug und dort mit einem Fallschirm landete. Nachdem er den Schirm gefaltet hatte, ging er in nördlicher Richtung zur Hauptstraße, wo er von einem Komplizen mit dem Wagen erwartet wurde. In der folgenden Nacht setzte einer von ihnen das Flugzeug in Brand, und der andere vergiftete den Kognak der Patientin.«
»Und er ist mit der Frau zum Emu Lake geflogen, sprang ab und hoffte, daß die Maschine auf dem Boden zerschellen würde?« fragte Cox.
»Genau, Sergeant. Wir haben es mit einem eiskalten, nervenstarken Individuum zu tun. Er muß zwingende Gründe haben, die junge Frau beseitigen zu wollen. Die Maschine ist irgendwo außerhalb von Golden Dawn gelandet, und dort kam die Frau an Bord. So jedenfalls sieht es nach den Indizien aus, die wir haben. Haben Sie festgestellt, welchen Weg dieser Tippelbruder gegangen ist?«
»Ja. Er marschierte am Ostufer des Flusses nach Süden. Er hat oben in Monkira eine Zeitlang gearbeitet und hatte Geld bei sich. Folglich setzte er sich nach seiner Ankunft in Golden Dawn gleich in die Kneipe. Er benahm sich sehr ordentlich, und ich konnte keinen Vorwand finden, ihn in seinem eigenen Interesse einzusperren, ehe er sein ganzes Geld auf den Kopf gehauen hatte und aus der Wirtschaft hinausgeworfen wurde. Da stand es ziemlich schlimm um ihn, und die Information kam ganz durch Zufall raus, nachdem meine Frau und ich ihm wieder auf die Beine geholfen hatten.«
»Ach, Sie kümmern sich also um die Wermutbrüder?«
»Soweit es geht«, antwortete Cox. »Man kann niemanden daran hindern, seinen Lohn zu vertrinken, wenn er sich dabei ruhig und friedlich verhält. Aber viele von ihnen trinken den ganzen Tag und die halbe Nacht, ohne einen Bissen zu essen, und wenn das Geld futsch ist, gehen sie volltrunken auf die Straße und wissen nicht, wohin. Seit so ein armer Teufel auf der Gemeindewiese gestorben ist, sperre ich die Burschen ein, wenn sie betrunken sind, und meine Frau bringt sie mit Suppe und kräftigem Essen wieder auf die Beine. Wenn sie dann so weit sind, daß sie wieder losziehen können, gehe ich ins Pub und frage, was sie ausgegeben haben. Ich lasse mir dann von Allard, dem Wirt, zehn Prozent von dem, was der Mann vertrunken hat, wiedergeben und kauf ihm was Anständiges zu essen damit und vielleicht noch ein Paar Stiefel.«
»Und dieser Landstreicher? Sitzt der noch bei Ihnen in der Zelle?«
»Nein. Er ist vorgestern wieder abgezogen. Nach Yaraka. Ich hab’ mir natürlich seinen Namen geben lassen, und aus Dankbarkeit, daß wir ihm geholfen haben, hat er mir versprochen, sich unterwegs auf jeder Polizeidienststelle zu melden, an der er vorüberkommt, für den Fall, daß wir ihn brauchen sollten. Ich habe ihm ausdrücklich gesagt, daß er den Mund halten soll.«
Die Menschlichkeit dieses Polizeibeamten rührte Bony, der von Anfang an den Verdacht gehabt hatte, daß sich hinter der strengen Fassade ein weiches Herz verbarg.
»Versuchen Sie, diesen Mann nach Golden Dawn zurückzuholen, und wenn er da ist, sperren Sie ihn wieder ein«, sagte er.
»Aber wir haben doch nichts gegen ihn in der Hand«, protestierte Cox.
»Trotzdem! Holen Sie ihn zurück. Sagen Sie ihm, daß er in Gefahr ist – das ist nicht gelogen. Es kann gut sein, daß unser Flugzeugdieb und sein Komplize ihn als eine Bedrohung betrachten, falls sie erfahren, daß er die Maschine in jener Nacht gehört hat. Ich möchte mit ihm sprechen. Geben Sie ihm ruhig ab und zu eine Flasche Bier, wenn es nicht anders geht. Auf meine Kosten. Ich kann das als Spesen verbuchen. Weiter jetzt – wer in Ihrem Bezirk könnte Nitroglyzerin in Besitz haben?«
»Ich weiß niemanden. Das ist doch unheimlich gefährliches Zeug.«
»Das kann man wohl sagen, ja. Gut, darüber können wir später noch einmal sprechen. Jetzt möchte ich Sie bitten, nach Golden Dawn zu telefonieren und ein Telegramm an den Commissioner durchzugeben. Ich diktiere Ihnen den Text, und dann gehen wir ins Haus zurück, damit Sie die Sache gleich erledigen
Weitere Kostenlose Bücher
Die vierte Zeugin Online Lesen
von
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg