Das rote Flugzeug
Nach solchen Dingen fragt man hier draußen nicht.«
»Ja, das weiß ich. Und von selbst hat er nie etwas gesagt. Ein guter Mann?«
»Ausgezeichnet in jeder Hinsicht. Wir – äh – wir haben ihn alle gern hier.«
»Versteht er etwas von der Schafzucht?«
Nettlefold schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.«
»Und Sie selbst?«
»O ja. In meiner Jugend habe ich fünf Jahre auf einer Farm gelernt, auf der nur Schafzucht betrieben wurde. Das war unten in Neusüdwales.«
»Ach was!« Bony richtete sich in seinem Sessel auf und sah Nettlefold aufmerksam an. »Ich brauche Ihre Hilfe«, fuhr er bedächtig fort. »Aber dazu muß ich Sie ins Vertrauen ziehen. Normalerweise arbeite ich ganz für mich, und in diesem Fall muß ich besonders vorsichtig sein, weil ich überzeugt bin, daß gewisse Leute über einen hervorragenden Informationsdienst verfügen.«
»Alles, was Sie mir sagen, werde ich natürlich für mich behalten.«
»Danke. Ich habe festgestellt, daß Captain Loveacres Flugzeug von einem Mann vernichtet wurde, der von der Hauptstraße zwischen Golden Dawn und St. Albans aus durch den Busch dorthin marschiert ist und nach vollbrachter Tat zu Fuß wieder zur Hauptstraße zurückgekehrt ist. Diese Tatsache läßt gewisse Rückschlüsse zu. Meiner Meinung nach ist mehr als eine Person in den Fall mit dem gestohlenen Flugzeug verwickelt. Wir haben einmal den Mann, der das Flugzeug geflogen, und zweitens den Mann, der den Kognak verpanscht hat. Die Zeitspanne zwischen der Brandstiftung und dem Besuch des Unbekannten im Krankenzimmer ist zu kurz, als daß beides von ein und derselben Person hätte bewerkstelligt werden können.
Der Mann, der durch den Busch kam und die Maschine vernichtete – wahrscheinlich, um seine Fingerabdrücke zu beseitigen –, hatte Schaffellschuhe an den Füßen, bei denen er die Innenseite mit der Wolle nach außen gekehrt hatte. Wir fanden da draußen zwar keine Fußabdrücke von ihm, aber wir fanden immerhin Wollfasern von seinen Schuhen. Soviel ich weiß, haben auf der Emu Lake–Koppel niemals Schafe geweidet.«
»Wir haben auf Coolibah überhaupt nie Schafe gehabt.«
»Aber auf Tintanoo gibt es Schafe.«
»Ja. Kane hat immer ein paar Tiere zum Schlachten da.«
»Wissen Sie, was für Schafe das sind?«
»O ja, Border Leicesters mit Merinos gekreuzt.«
»Züchtet er sie selbst, oder kauft er sie irgendwo?«
»Ich weiß nicht genau, aber ich glaube, er kauft sie in Olarie Downs. Die Greysons halten diese Kreuzung. Aber Kane ist nicht der einzige, der Schlachtschafe von ihnen kauft. Die Olivers von Windy Creek kaufen auch bei den Greysons, und ebenso der Fleischer von Golden Dawn.«
»Hm. Das vergrößert den Kreis.« Bony zog seine Brieftasche heraus und entnahm ihr einen Umschlag, in dem die in Zigarettenpapierchen eingewickelten Wollfasern enthalten waren. »Stammt diese Wolle von einem Leicester–Merino–Schaf?«
Nettlefold sah sich die Fasern genau an. »Ja, die Fasern stammen alle vom selben Zuchttyp, wenn nicht gar vom selben Tier. – Bony, wenn dieser Mann von der Hauptstraße aus durch den Busch zum Emu Lake gegangen ist und dann wieder zurück, muß er sich hier so gut auskennen wie ich.«
»Genau das glaube ich auch. Er kennt sich hier so gut aus, daß er es wagte, nachts zu fliegen und mit dem Fallschirm abzuspringen. Er muß genau gewußt haben, wo er sich befand. Was ich nicht verstehe, ist, wie ihm das ohne irgendwelche Orientierungspunkt gelungen ist. Er kann in der Dunkelheit weder die Straße noch sonst etwas gesehen haben.«
»Doch, ich glaube schon«, widersprach Nettlefold nachdenklich. »Auf halbem Weg zwischen unserer Farm und Tintanoo ist in einem der Flußarme eine lange Wasserfläche. Wenn er die unten im dunklen Gelände gesichtet hatte, konnte er Kurs auf Brunnen Vierzehn nehmen, der sich nördlich der Emu Lake–Koppel auf dem Gelände von Tintanoo befindet. Diese beiden Gewässer sind an ihrer Form leicht zu erkennen: der Flußarm ein langes Band, Brunnen Vierzehn ein schmaler Kanal, der in einen kleinen See mündet.«
»Ach, so ist das! Hm. Das erklärt einiges. Aber wer außer Ihnen kennt sich hier in der Gegend noch so gut aus?«
Nettlefold überlegte. »Da gibt es einige. Kane, der junge Oliver, Ted Sharp, Ned Hamlin – ach, und ein Dutzend andere.«
»Wir machen Fortschritte, Mr. Nettlefold«, sagte Bony mit Befriedigung. »Wenn ich eindeutige Beweise dafür finden könnte, daß sich der Flugzeugdieb auf seinem Nachtflug an dem
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