Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
Vom Netzwerk:
wir wenige Eingeweihte sind, die um die wahre Macht wissen, und noch weniger, die um deine Macht wissen. Die Zeit, uns zu öffnen, ist noch lange nicht gekommen, und sie wird vielleicht nie kommen.»
    «Ich spreche nicht davon, den neuen Mitgliedern unsere Mysterien zu enthüllen. Sie sollen ruhig mein Erscheinen vor ihnen als einen guten Theatertrick ansehen. Aber wir stehen jetzt vor einem neuen Zeitalter. Die alten Bindungen brechen, das einstmals fromme Landvolk wird von der Armut in die Städte getrieben, und die Kirche der Christusanbeter schafft es nicht, diesen Ansturm zu bewältigen. Wenn wir ihnen eine Heimat geben, dann werden sie uns sehr nützlich sein.»
    «Es tut mir leid, aber ich werde im Rat gegen dich stimmen», sagte Werner Wienhold. «Du magst der geistige Mittelpunkt der Loge sein, aber meine Familie führt sie seit Generationen an. Mein Wort hat im Rat Gewicht und …» Er vollendete den Satz nicht mehr, weil er plötzlich einen Hustenanfall bekam, der fast nicht enden wollte.
    Plötzlich öffnete sich die Tür, und Lina sprang geistesgegenwärtig in die Wäschekammer. Doch Wienhold hatte sie gar nicht bemerkt, denn er hustete immer noch und schien kaum Luft zu bekommen. Er schleppte sich die Treppe zum oberen Stockwerk hinauf, wo die Familie ihre Schlafzimmer hatte.
    Lina wartete noch eine Weile, bis sie sicher war, dass sie sich unbemerkt in ihr Zimmer schleichen konnte. War dies ein gewöhnlicher Husten gewesen, oder was hatte die Priesterin getan, um dieses unliebsame Gespräch zu beenden?
    Lina wünschte sich, mit jemandem darüber reden zu können, aber Pater Johannes’ Warnung hielt sie immer noch davon ab. Der Einzige, mit dem sie darüber reden konnte, war der Pater selbst. Sie schlief nicht gut in dieser Nacht.

    Um vierzig Thaler reicher verließ Lina am nächsten Nachmittag das Haus der Wienholds. Sie entschied, das Geld gleich zu Samuel Goldstein zu bringen, der die Einzahlung höchstpersönlich quittierte.
    Es war ein schöner, sonniger Tag, und so beschloss sie, dem Baron einen Besuch abzustatten, so wie sie es Guste versprochen hatte. Nach dem, was sie erfahren hatte, besonders nach dem gestrigen Gespräch, das sie belauscht hatte, schien es ihr dringender denn je, zu erfahren, was den Baron so plötzlich umgestimmt hatte.
    Auf ihr Klopfen hin bemerkte sie zunächst das Hausmädchen hinter dem Fenster der Tür, das aber rasch wieder verschwand. Stattdessen öffnete ihr der Kutscher, der anscheinend auch den Hausdiener spielte.
    «Ja, bitte?»
    «Ich bin Lina Kaufmeister …», begann sie, aber der Mann unterbrach sie grob.
    «Ich weiß, wer Sie sind, Fräulein.»
    «Ich würde gern den Baron sprechen.»
    «Der Herr Baron ist unpässlich.»
    «Das tut mir aber leid.» Lina spürte, dass sie an dem Kutscher nicht vorbeikommen würde. «Wären Sie so nett und würden ihm von mir Genesungswünsche ausrichten?»
    «Das werde ich selbstverständlich tun.» Der Mann verbeugte sich knapp und schloss dann die Tür.
    Wie seltsam , dachte Lina. Bei all ihren Besuchen hatte Cornelius von Sannberg nie einen kränklichen Eindruck gemacht. Aber er war ja auch nicht mehr jung. Vielleicht machte sie sich umsonst Sorgen. Eines aber wunderte sie: dass er immer noch hier in Ruhrort blieb und nicht auf sein Gut zurückgekehrt war, das in dieser Jahreszeit doch sicher seiner Aufsicht bedurfte. Sie entschloss sich, es in den nächsten Tagen wieder zu versuchen.

6. Kapitel
    Daheim im Dahlmann’schen Haus gingen die Dinge ihren Gang. Lina hatte erste Aufträge von Damen aus alteingesessenen Ruhrorter Familien bekommen, sodass zwei Nachmittagskleider nach Art des Entwurfs für Frau Erbling und mehrere kleine Änderungen in ihrem Zimmer lagen.
    Borghoff konnte zu Finchen nicht viel berichten. Von Lotte hatte er inzwischen erfahren, dass sie versucht hatte, bei den Diakonissen in Kaiserswerth unterzukommen, die ein Asyl für ehemalige weibliche Gefängnisinsassen führten. Aber dort hatte man sie abgelehnt, das Asyl war voll, und schließlich hatte sie nicht im Gefängnis gesessen. So war sie nach Ruhrort zurückgekehrt, hatte wenige Tage bei einem Schankwirt gearbeitet, bis sich herumgesprochen hatte, dass sie bei den Kaufmeisters gearbeitet und weshalb man sie entlassen hatte.
    «Von da verliert sich jede Spur. Tut mir leid.»
    «Trotzdem danke, Sie haben ja Ihr Bestes gegeben.»
    Er lächelte sein leicht schiefes Lächeln. «Wenn ich noch etwas höre, werde ich dem nachgehen.»
    Auch mit dem Brief

Weitere Kostenlose Bücher