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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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dem grauen Bart und den freundlichen Augen. – Guste hätte es schlechter treffen können – dachte sie nicht zum ersten Mal. «Ich muss jetzt nach Vater sehen.»
    «Der Vater hat nach Ihnen gefragt», ahmte Guste Aaltjes Stimme und ihren starken holländischen Akzent nach. Alle drei mussten lachen.

    Ein starker Husten schüttelte den alten Kaufmeister. Er saß in seinen warmen Schlafrock gehüllt im Sessel am Fenster. Lina würde mit ihm schimpfen, weil er sich geweigert hatte, sich von Guste und seiner Schwiegertochter ins Bett bringen zu lassen. Er blickte auf seine zitternden Hände und spürte, wie ihm wieder der Speichel aus dem Mund rann. Als er versuchte, ihn mit einer Hand wegzuwischen, wurde aus dem Zittern ein Schlagen gegen die Sessellehne. Ein sabbernder Greis , dachte er. Ein sabbernder Greis mit zweiundsechzig Jahren. Wenn es nur bald vorbei wäre mit mir.
    Draußen auf dem Flur konnte er den unregelmäßigen Gang von Linas festen Schuhen hören. Endlich kümmerte sich jemand um ihn. Jede Predigt seiner scharfzüngigen Jüngsten war ihm lieber als das besorgte hilflose Gesäusel von Guste oder der angewiderte Blick von Aaltje, die ihm voller Ekel die Speichelfäden vom Kinn wischte. Lina war nicht sentimental. Sie wusste, was es hieß, krank zu sein. Er hustete wieder, aber diesmal war es der angesammelte Speichel, an dem er sich verschluckt hatte.
    Lina hatte den Hustenanfall schon von draußen gehört und eilte ins Zimmer. Sie klopfte ihrem Vater auf den Rücken, und langsam beruhigte er sich und konnte wieder atmen. Sie wischte ihm das Gesicht ab.
    «Du hättest mich ersticken lassen sollen», nuschelte er. Er sprach inzwischen immer leiser und undeutlicher, aber Lina verstand ihn.
    «Den Gefallen tue ich Georg nicht», sagte sie mit spöttischem Lächeln. Sie wollte nicht, dass der Vater bemerkte, wie besorgt sie war. Diese Erstickungsanfälle, die von seinen Schluckbeschwerden ausgelöst wurden, häuften sich in der letzten Zeit. Er durfte eigentlich nicht mehr allein gelassen werden. Vielleicht würde sie ihre freien Donnerstagnachmittage nun streichen.
    «Warum sind Sie nicht ins Bett gegangen?», fragte sie ihn.
    «Konnte nicht. Nicht bewegen.» Er versuchte wieder eine Bewegung, aber die Schüttellähmung verursachte ein weiteres unkontrolliertes Schlagen. Lina wich etwas zurück, bis es sich ein wenig beruhigt hatte.
    «Kommen Sie, versuchen Sie aufzustehen, Vater.»
    Sie stützte ihn. Er hatte durchaus noch die Kraft, selbständig aufzustehen, war dann aber immer in Gefahr, hinzufallen. Mit Lina an seiner Seite schaffte er es. Er ließ es geschehen, dass Lina ihm seinen Schlafrock auszog. Das Nachthemd darunter hatte er befleckt, als Guste versucht hatte, ihn zu füttern. Lina legte eine seiner Hände auf die Sessellehne, damit er sich festhalten konnte.
    Sie nahm ein frisches Nachthemd aus der Wäschekommode und zog ihm das schmutzige Hemd aus. Als sie ihm das andere über den Kopf gezogen hatte, sah sie, dass er begonnen hatte zu weinen. Immer noch schämte er sich vor seiner Tochter.
    Für einen kurzen Moment versuchte sie, sich an früher zu erinnern, an sein Lachen, seinen Zorn, seine laute Stimme. Etwas drängte sie, ihn zu trösten, zu streicheln, aber dann wischte sie ihm entschlossen das Gesicht ab und verlor kein Wort über seine Tränen.
    Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis es ihrem Vater endlich gelang, sich überhaupt in Bewegung zu setzen, um dann in kleinsten Trippelschritten, ängstlich auf sie gestützt, bis zur anderen Seite des Zimmers zu gehen und sich auf das Bett zu setzen. Wenigstens die Kissen hatten Schwester und Schwägerin aufgeschüttelt. Vorsichtig ließ er sich auf dem Bett nieder. Das Zittern war nach der Anstrengung zunächst stärker, Lina wartete ab, bis es wieder etwas ruhiger wurde.
    «Ich muss etwas mit Ihnen besprechen, Vater.» Nur an seinen Augen konnte Lina erkennen, dass er aufmerksam zuhörte.
    Sie erzählte ihm von Mina und ihren Problemen.
    Seine Hände zitterten wieder stärker. Seinem kleinen Mädchen ging es schlecht, und er konnte ihm helfen. «Natürlich nehmen wir sie und die Jungen auf. Und wenn du es willst, werde ich es Georg persönlich sagen.»
    Lina nickte zufrieden. Sie wusste, dass Georg Gespräche mit dem Vater hasste, weil er ihn kaum verstand. Der Verfall seines Vaters war für Georg eher peinlich, als dass er ihn bedrückte. Die beiden hatten zuwenig gemein, um einander zu lieben.
    Der Vater hustete wieder. Lina beobachtete

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