Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Damenkränzchen begleitet.»
«Sie meinen, sie könnte zu den Kindern gehören, die Anno Sie bat zu retten?»
«Ja. Manchmal sind die Kinder vom Spielen dort so erschöpft, dass sie nach Hause getragen werden.» Sie sah ihm ins Gesicht. «Wer weiß, was dort mit ihnen geschieht. Vielleicht tun sie etwas, das sie … zerbrechen lässt. So wie Annette.»
Beide schwiegen. Robert war es unangenehm, dass er Linas kleinen Feiertag nicht hatte aufhellen können. Er hatte festgestellt, dass er sich immer sehr darauf freute, einen Abend mit ihr zu verbringen. Gewöhnlich klopfte er ein- bis zweimal in der Woche an ihre Tür, immer darauf bedacht, ihr nicht doch irgendwann lästig zu werden. Sie war eine Dame, die sicher angenehmere Gesellschaft als ihn gewöhnt war.
«Ich fahre übermorgen nach Duisburg, ich habe bei der Staatsanwaltschaft zu tun. Drömmer wird am 6. Dezember in Wesel hingerichtet, und ich muss noch ein paar Dokumente unterschreiben.»
Für das Schwurgericht in Wesel hatte außer Zweifel gestanden, dass Drömmer die Morde begangen hatte, und auch der Versuch seines Anwalts, den geringen Verstand des Schiffers zu dessen Gunsten anzuführen, war vergeblich. Drömmer war in der Lage, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, mehr war für die Verurteilung nicht nötig.
«Finchens Kind müsste doch jetzt bald zur Welt kommen, hätten Sie nicht Lust, sie in dem Heim zu besuchen?»
«Das würde ich sehr gern», sagte Lina, und Robert freute sich, dass er von dem düsteren Thema hatte ablenken können.
«Dann hole ich Sie um zehn mit dem Wagen des Bürgermeisters ab. Hoffen wir, dass sich das Wetter bis dahin bessert.»
Ein Bote brachte Lina am nächsten Tag die Nachricht, dass – so wörtlich – Herr Baron von Sannberg seinen Hofstaat wieder in die Stadt Ruhrort verlegt hatte. Lina musste schmunzeln und machte sich gleich auf den Weg, ihren Freund zu begrüßen. Inzwischen ging sie in so vielen Häusern ein und aus, dass sie es nicht mehr so genau nahm, ob sie mit einem Herrn allein war.
Aber sie war ja auch nicht allein mit dem Baron, denn sein Hofstaat, sprich seine Töchter, belegten sie als Erstes mit Beschlag. Im Herbst und Winter standen einige Bälle an, für die sie neue Kleider brauchten.
Lina war noch mit den jungen Damen beschäftigt, als plötzlich der Kutscher Hans Brecht in der Tür stand, um etwas mit seinem Herrn zu besprechen. Bildete Lina es sich nur ein, oder war sein Blick wirklich etwas feindselig?
Seit Lina im Sommer dafür gesorgt hatte, dass der Baron sein Krankenlager in Ruhrort verließ, wo er ganz in der Hand des Kutschers gewesen war, hatte sie Brecht zweimal kurz gesehen, sie vermutete, dass er das Haus versorgen sollte. Allerdings war immer Vollmond an diesen Tagen gewesen, und sie ahnte, weshalb er wirklich in Ruhrort war.
Lina wusste auch, dass der Baron inzwischen mit Georg und Bertram wieder im Gespräch war, auch wenn die beiden nichts davon wissen wollten, ihrem neuen Geschäftspartner von Müller den Vorschlag zu machen, den Baron als vierten Partner in das Geschäft zu nehmen.
«Die Gießerei wird gebaut, hörte ich?», fragte von Sannberg, als die Mädchen endlich Ruhe gaben und sich zurückzogen.
«Ja, Anfang Juli begannen die Arbeiten. Der Bürgermeister hat sich etwas gegrämt, als er hörte, dass das Grundstück in Hochfeld liegt und daher Ruhrort nicht davon profitieren wird.»
«Er hatte doch alle Möglichkeiten, auf die Grundstückseigner in Ruhrort einzuwirken, aber es wollte ja niemand verkaufen.» Von Sannberg ging zu dem Schrank, in dem er seine Spirituosen aufbewahrte.
«Wie wäre es mit einem Cognac, meine Liebe?»
«Ja, gern.» Lina hatte einmal von dem fünfundzwanzig Jahre alten Cognac kosten dürfen und wollte sich das trotz der frühen Tageszeit nicht entgehen lassen.
«Die Baukosten und auch die Maschinenkosten werden in der nächsten Zeit kräftig anziehen», erzählte der Baron. «Das sagen alle meine Gewährsleute.»
Lina nahm das Glas und wärmte den Cognac mit der Hand. Er duftete köstlich. «Dann könnte es für das Konsortium also schwierig werden.»
«Nicht für von Müller. Aber für Ihren Bruder und Schwager schon.» Er setzte sich in den Sessel ihr gegenüber. «Es wäre nicht das erste Mal, dass von Müller auf diese Art ein gutes Geschäft tätigt.»
«Sie meinen, er würde Bertram und Georg aus dem Geschäft drängen? Ist das eine Warnung?»
«Haben Sie einen Grund, Ihren Bruder zu warnen?», fragte von Sannberg
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