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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Eindruck, dass es ihn mehr interessierte, warum sie den Baron getroffen hatte. «Cornelius ist ein guter Freund. Ich mag ihn», sagte sie.
    Den Rest der Fahrt war Borghoff eher einsilbig, aber Lina machte sich keine große Gedanken darüber. Es gab Tage, da war Borghoff schweigsam, und an anderen konnte man sich wunderbar mit ihm unterhalten. Dies musste einer der schweigsamen Tage sein.
    Borghoff brachte sie hinaus zum Frauenheim und half ihr beim Aussteigen. «In ein bis zwei Stunden bin ich wieder hier», sagte er.
    «Vielen Dank!», sagte Lina und klopfte an die Tür. Der alte Mann, der damals auch Borghoff und den Staatsanwalt begrüßt hatte, öffnete. Als er Borghoff erkannte, winkte er kurz.
    «Ich bin Carolina Kaufmeister. Ich möchte eines der Mädchen hier besuchen, Josephine Wangenmüller.»
    «Ah, Finchen!», rief er aus. «Kommen Sie ins Büro des Leiters.»
    Lina folgte ihm langsam auf der Treppe in den ersten Stock. Kaspar Heinen empfing sie freundlich, schien aber trotzdem nicht sehr erbaut über den unangemeldeten Besuch. «Es wäre besser gewesen, Sie hätten sich angekündigt», sagte er. «Die Mädchen sind bei der Arbeit.»
    «Aber ich darf sie doch sehen?», fragte Lina erschrocken. «Ich habe nicht viel Zeit, Commissar Borghoff holt mich nachher wieder ab.»
    «Natürlich dürfen Sie sie sehen. Das ist schließlich kein Gefängnis hier.» Heinen brachte sie in einen anderen kargen Raum. Wenig später öffnete sich die Tür, und Finchen kam herein.
    «Fräulein Lina!», rief Finchen aus, und es schien, als wolle sie zu Lina stürzen und sie umarmen, aber dann hielt sie inne und knickste artig. «Sie hatten mir nur gesagt, es wäre Besuch da, ich wusste ja nicht, dass Sie das sind.»
    «Und – nicht enttäuscht?»
    Ein Lächeln zog über Finchens Gesicht. «Nein, ganz sicher nicht.»
    Finchen hatte einen sehr dicken Bauch und keuchte ein wenig.
    Wahrscheinlich ist sie trotz der Schwangerschaft die Treppen hinaufgerannt , dachte Lina und lächelte.
    Hinter dem Mädchen betrat eine ältere Frau das Zimmer, sie trug Nähzeug in der Hand und setzte sich auf einen Stuhl direkt neben der Tür. Lina sah sie fragend an. «Ich bin Frau Hartung. Die Mädchen hier lassen sich oft etwas Verbotenes hereinschmuggeln.» Sie sah Linas empörten Blick. «Finchen gehört sicher nicht zu der Sorte, auch wenn ein junger Mann da draußen manchmal nach ihr ruft. Wir müssen aufpassen, dass es hier gesittet zugeht. Die Regeln besagen, dass die Mädchen mit niemandem von außerhalb des Heimes allein sprechen dürfen.»
    Lina zeigte auf die Bank am anderen Ende des Raumes, und sie und Finchen setzten sich.
    «Geht es dir gut?», fragte Lina.
    «Ja, sicher.»
    «Mit dem Kind ist alles in Ordnung?»
    Jetzt lächelte Finchen. «Ja, es ist kräftig und gesund und tritt mich dauernd.» Das Lächeln verschwand wieder. «Man hat mir schon gesagt, dass ein kräftiges Kind eher ein Unterkommen findet als ein schwächliches.»
    «Das ist doch gut», sagte Lina, aber Finchens Augen füllten sich mit Tränen.
    «Und, wie lebt es sich hier? Ist die Arbeit nicht zu hart?», fragte Lina.
    Finchen blickte in die Ecke zu Frau Hartung, bevor sie antwortete. «Sie ist schon hart, aber zu schaffen. Man nimmt Rücksicht auf uns. Seit ein paar Wochen arbeite ich jetzt in der Näherei, das ist leichtere Arbeit als an den Webstühlen. Besser als in der Kolonie auf dem Mühlenfeld ist es allemal.»
    Das Gespräch verlief ein wenig schleppend, immer wieder bemerkte Lina, dass Frau Hartung ihre Näharbeit sinken ließ, als wolle sie sich genau auf das Gesagte konzentrieren. Sie begriff, dass Finchen nicht offen reden konnte.
    Schließlich griff Lina nach ihrer großen Tasche und holte einen Rock und eine Bluse aus schwarzer Baumwolle heraus, die sie genäht hatte. Beide waren einfach und ohne Verzierungen, doch dann zauberte sie noch einen kleinen weißen Spitzenkragen hervor. «Das ist für dich, für die Zeit nach dem Heim.»
    «Oh, Fräulein Lina, wie schön!» Finchen senkte den Kopf.
    «Aber das kann ich nicht annehmen. Es ist viel zu gut für mich.»
    «Finchen, ich habe das extra für dich genäht …»
    «Bitte, Fräulein Lina, Sie haben schon genug für mich getan.» Finchen nahm die Kleidungsstücke ganz vorsichtig und schob sie mit einem sehnsüchtigen Blick wieder in die Tasche.
    «Aber Finchen, du kannst das doch ruhig annehmen», mischte Frau Hartung sich ein, doch in diesem Moment rief jemand draußen auf dem Flur laut nach ihr.

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