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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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unterhielten sich.
    Lina freute sich auf Luise. Zur Feier des Tages hatte sie leichtsinnig viel Geld ausgegeben und Kuchen beim Bäcker gekauft und den besten Kaffee, den sie bekommen konnte. Doch Luise war entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit unpünktlich. Lina wärmte die Kanne auf dem Ofen in der Hoffnung, dass der Kaffeegeschmack keinen Schaden nahm.
    Als es endlich klopfte, lief sie freudig an die Tür, doch es war nur Antonie, die einen Brief in der Hand hielt. «Den hat der Schuldiener gebracht», sagte sie.
    Lina bedankte sich und riss den Brief auf, sie hoffte, dass Luise gesund war und aus anderen Gründen verhindert. Sie begann zu lesen, stockte, und dann setzte sie sich.
    « Liebe Lina», schrieb Luise. «Wir beide sind einen langen Weg gemeinsam gegangen. Ich dachte immer, wir hätten dieselben Ansichten, was Anstand und Sitte betrifft. Ich habe Deinen Entschluss, das Haus Deiner Familie zu verlassen, bisher hingenommen, obwohl ich es nicht gebilligt habe. Ich habe sogar den Tadel der Schuldirektorin ertragen. Denn ich habe immer damit gerechnet, dass Du endlich zur Vernunft kommst und zurückkehrst in das Haus Deines Bruders, der für Dich sorgt und besser als eine Frau weiß, was für sie gut ist. Ich glaube an diese Ordnung der Dinge und dies lehre ich auch meinen Schülerinnen. Aber mit der heutigen Anzeige in der Zeitung hast Du Dein in jeder Hinsicht unschickliches Leben öffentlich gemacht und gezeigt, dass Du keine Absicht hegst, an den Dir von Gott zugeteilten Platz zurückzukehren. Es tut mir leid, aber ab heute sind wir geschiedene Leute. Ich kann nicht mit einer Frau verkehren, die alle Werte mit Füßen tritt. Lebe wohl! Luise Brand»
    Lina merkte erst, als die Tränen auf den Brief fielen und die Tinte verwischten, dass sie weinte.

    Als Robert Borghoff am Abend vom Dienst kam, trug er statt des üblichen Bierkruges eine Flasche Rheinwein unter dem Arm. Er klopfte an Linas Tür und wunderte sich, sie mit roten Augen vorzufinden.
    «Was ist denn mit Ihnen, Lina? Ich dachte, es wäre ein Tag, um die offizielle Geschäftseröffnung zu feiern. Ihr Bruder hat doch nicht …?»
    Lina schüttelte den Kopf. «Er ist in Rotterdam. Vor ihm habe ich noch eine Weile Ruhe.»
    Sie bat ihn herein und willigte auch ein, dass er die Flasche Wein öffnete. Dann gab sie ihm den Brief. «Ich … ich verstehe das nicht. Wir kennen uns so lange, und sie ist doch auch eine arbeitende Frau. Wenn man mich gelassen hätte, wäre ich heute Lehrerin wie sie.»
    «Es ist sicher schwierig, sich gegen ihre Schulleiterin zu stellen, Lina. Ich muss ja auch immer tun, was der Bürgermeister sagt.»
    «Ich weiß das ja.» Lina spielte mit dem Korken der Weinflasche. «Aber das hat nichts mit der Direktorin zu tun. Bisher hat sie trotz deren Tadels an unserer Freundschaft festgehalten. Es ist Luises eigene Meinung. Ich kenne sie.»
    Sie stand auf und holte zwei Weingläser.
    Robert goss ein. «Wohl doch nicht gut genug … Ich denke, es wird immer Leute geben, denen diese Dinge wichtig sind, und welche, die es nicht wichtig nehmen.»
    Er hob das Glas. «Auf Ihr Geschäft, Lina, ein gutes Gelingen.»
    Sie stieß an. «Auf mein Geschäft.»
    Eine Weile sprachen sie über Belangloses. Aber wie immer, wenn sie einen Abend miteinander verbrachten, bei Bier oder Tee, fragte Lina Robert nach seinem Tag, mit dem bangen Gedanken, wieder etwas zu hören, das mit dem Orden zusammenhing. Lange war es ruhig geblieben.
    «Die kleine Tochter der Erblings ist tot. Ich wollte Ihnen heute gar nicht davon erzählen, um Ihre Stimmung nicht zu trüben … Aber das hat sich ja dank Ihrer Freundin erübrigt.»
    Lina dachte an die Kleine, die sie sowohl im Haus der Erblings als auch an den Donnerstagen bei den Wienholds oft gesehen hatte. Sie war vielleicht vier Jahre alt gewesen und hatte immer einen gesunden Eindruck gemacht. «Woran ist sie gestorben?»
    «Ehrlich gesagt, weiß man das nicht so genau. Das Kind hat ein paar blaue Flecken, von denen Frau Erbling sagte, dass sie sie sich bei einem Sturz zugezogen hat. Der Doktor möchte sie obduzieren lassen, aber seine Frau wehrt sich dagegen. Sie sind derart in Streit geraten, dass die Nachbarn die Polizei geholt haben. Der Doktor hat sich aber durchgesetzt. Die Kleine liegt jetzt im Rathauskeller, und Dr.   Feldkamp wird sie morgen aufschneiden.»
    Lina schwieg. Es ging ihr einiges durch den Kopf. «Frau Erbling ist eine von ihnen», sagte sie leise. «Und die Kleine hat sie immer zum

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