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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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schweigsam, blass. Sie fragte Borghoff nicht einmal nach ihrem Jungen.
    Nach dem Essen ging Lina hinauf in ihr Zimmer, und auch Robert gab vor, in seine Wohnung gehen zu wollen. Stattdessen schlüpfte er in einem unbeobachteten Moment durch Linas Tür. Zuerst hielten sie einander in den Armen und küssten sich, aber dann machte Lina sich los. «Ich habe die Eisenbahnobligationen meines Vaters gefunden, und sie sind einundzwanzigtausend Thaler wert.» Lina erzählte Robert, was sie beim Bankier erfahren hatte, und auch, welchen Rat ihr von Sannberg gegeben hatte.
    «Du warst beim Baron?», fragte Robert. Und erst jetzt registrierte Lina die Eifersucht, der in der Frage mitschwang.
    «Ich habe dir schon einmal gesagt, er ist ein Freund, mehr nicht», sagte Lina und wusste, dass sie ihm nie erzählen würde, was sonst noch passiert war.
    Er nickte etwas unwirsch. «Und was wirst du tun?»
    «Ich habe nachgedacht. Es ist das Geld der Familie, Geld der Firma. Es zu behalten oder die wahre Höhe des Betrags zu verschweigen, wäre nicht recht.» Lina setzte sich auf ihr Sofa, und Robert nahm neben ihr Platz, nicht ohne seinen Arm um sie zu legen.
    «Aber ich will mein Erbe und alles, was mir sonst noch zusteht. Allerdings habe ich Angst, dies von Georg zu fordern. Er hätte das Recht, mir alles wegzunehmen, wie er es schon einmal getan hat.»
    «Wo sind die Obligationen jetzt?»
    «Goldstein verwahrt sie.»
    Robert dachte eine Weile nach. «Dein Bruder braucht das Geld dringend, damit sie das Gießerei-Geschäft nicht an von Müller verlieren, oder?»
    Sie nickte.
    «Dann gibt es ja schon genügend Druck. Mach ihm klar, dass er die Obligationen nur zu deinen Bedingungen bekommt oder gar nicht.»
    «Und wie?», fragte Lina erstaunt.
    «Du könntest damit drohen, die Papiere zu verbrennen. Dann hättest du zwar selber nichts davon, aber du bist ja auch bisher ohne das Geld ausgekommen. Sein Verlust wäre weitaus größer. Damit könntest du ihn zwingen, einen Vertrag zu unterschreiben.»
    «Einen Vertrag …» Lina seufzte. «Dann müsste ich zu einem Notar?»
    «Das könnte dein Bankier doch sicher für dich erledigen. Und wenn du damit zu deinem Bruder gehst, könnte ich zu deinem Schutz mitkommen. Oder vielleicht auch dein Baron.»
    «Er ist nicht ‹mein› Baron.» Lina runzelte die Stirn. Der Plan war gut, auch wenn es ihr davor graute, ihrem Bruder gegenübertreten zu müssen.
    «Du bist ein kluger Mann, Robert», sagte sie und küsste ihn.
    «Ich bin aber aus einem anderen Grund heute Mittag hergekommen», sagte er, ein wenig außer Atem.
    «Nicht meinetwegen?», fragte sie lächelnd.
    «Doch schon. Aber du musst mir einen Gefallen tun. Ich habe schon oft gehört, dass du den alten Herrn Haniel ‹Onkel Franz› nennst. Du kennst ihn gut?»
    «Ja. Mein Vater und er waren befreundet. Unser Haus an der Dammstraße lag ganz in der Nähe von seinem, wir mussten nur um die Ecke laufen …»
    Robert schilderte ihr seinen Plan, am 25. November in die Schmuggelkeller einzudringen, um Oskar zu retten. Auch von Dr.   Erblings Tod erzählte er und dass sich nun jede Hoffnung, legal das Haus der Wienholds durchsuchen zu können, zerschlagen hatte. «Wir werden Franz Haniel einen guten Grund nennen müssen, weshalb wir durch sein Lager hindurch in die Keller müssen.»
    Lina hob die Brauen. «Wie viel willst du ihm denn erzählen?»
    «Ich dachte daran, dass du es ihm erzählst – alles, was du da unten gesehen hast.» Robert klang etwas zögerlich.
    «Und wie soll ich ihm erklären, warum ich dort war?»
    Er lächelte. «Wenn er dich gut kennt, wird ihn das vielleicht nicht wundern.»

    Lina und Robert trafen Franz Haniel nicht in den Kontorräumen an, sondern in seiner Wohnung. Gemeinsam mit seiner Frau Friederike saßen sie in seiner kleinen guten Stube. Robert fragte sich, warum ein so reicher Mann sich nicht schon längst ein großzügigeres Wohnhaus gekauft hatte, wie es andere wohlhabende Familien getan hatten.
    Lina fing das Gespräch geschickt an. Sie fragte Haniel danach, wie er die geschäftlichen Entwicklungen in letzter Zeit in Ruhrort beurteilte. Sie musste dabei seine Aufmerksamkeit gar nicht auf die zugezogenen Familien lenken, denn natürlich hatte er deren scheinbar unaufhaltsamen geschäftlichen Aufstieg aufmerksam beobachtet. Als sein Misstrauen gegen diese Leute offenkundig wurde, war es an der Zeit, zum eigentlichen Thema zu kommen.
    «Onkel Franz, wissen Sie, dass alle der neu Zugezogenen einem alten

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